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Turów: Vernichtet die EU 18.000 Arbeitsplätze?

Turów: Vernichtet die EU 18.000 Arbeitsplätze?

Demonstration unter dem Motto „Hände weg von Turów“ in Ost-Görlitz (Zgorzelec) am 23. Mai. Foto: Matthias Wehnert

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Das Kraftwerk – hier von der polnischen Staatsstraße 352 aus – hängt vom Tagebau Turów gänzlich ab. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Reichenau (Bogatynia). Damit gab der Gerichtshof Tschechien Recht, das eine Klage in Luxemburg einreichte. Diesbezüglich ist Wojciech Dabrowski, Vorsitzender des Energiekonzerns PGE mit Sitz in Warschau, ganz anderer Meinung. Er sagte gegenüber dem Portal Money.pl: „Der Tagebau Turów verfügt über eine legale Konzession aufgrund der Braunkohle gefördert wurde und wird. Die Entscheidung des Gerichtshofs führt zu einer wilden Transformation“, so Dabrowski.
Seit Jahren protestieren Einwohner der tschechischen Nachbargemeinden von Türchau zusammen mit deutschen Umwelt-Protestgruppen aus der Region um Zittau gegen einen Ausbau der Braunkohleförderung. Die Braunkohle speist das angrenzende Kraftwerk Turów, das wiederum etwa fünf Prozent der Energie Polens produziert. Ein weiterer Ausbau des Tagebaus würde das Sinken des Grundwasserspiegels noch verstärken und es drohe eine Verschmutzung des Grundwassers mit Schwermetallen, Metalloiden und Radionuklide, so die Argumente aus Tschechien und Sachsen. 

Und wie sehen die polnischen Nachbarn die Situation? PGE-Chef Dabrowski weist darauf hin, dass sowohl die Tschechen, als auch die Deutschen in der Nähe Tagebau betreiben. Flapsig betonte er: „Quasi nur wenige Schritte von der polnischen Grenze entfernt, sind neun Gruben in Betrieb, fünf in Tschechien und vier in Deutschland. Diesen erlaubt die EU ihren Betrieb, auch wenn sie wesentlich mehr zur Umweltverschmutzung beitragen“, so Dabrowski. In Deutschland und Tschechien will man bereits 2038 von der Braunkohle wegkommen, in Türchau soll bis 2044 gefördert werden. 

In einer Presseerklärung schrieb er, dass die Entscheidung des EU-Gerichtshofs, den Tagebau in Türchau zu schließen, automatisch den Stopp des Kraftwerks bedeuten würde, was zur Folge hätte, dass 3,7 Millionen Haushalte in Polen keinen Strom hätten. 

Unmittelbar nach Bekanntgabe der Entscheidung aus Luxemburg gingen Türchauer auf die Straßen. Autofahrer blockierten die Straße zum Grenzübergang Kleinschönau (Sieniawka). Artur Oliasz, Vorsitzender des Stadtrats von Reichenau, sagte in TV24, den Einwohnern droht eine soziale Katastrophe. „Man kann Arbeitsstellen nicht aufgrund von Meinungen schließen“, so Oliasz.

„Polen wäre gut beraten, auf die Forderungen der Kläger einzugehen und etwa 33 Millionen Euro für Umweltschutz zu investieren“, sagt Bartlomiej Derski, Energieexperte von Businessinsider.com.pl. Stattdessen hätte man vor kurzem einen neuen Block im Kraftwerk Turów für 950 Millionen Euro in Betrieb genommen. Die gesamtwirtschaftlichen Folgen einer sofortigen Schließung des Türchauer Tagebaus wurde vom Ministerium polnischer Vermögenswerte auf drei Milliarden Euro geschätzt, da im Tagebau und im Kraftwerk Turów 18.000 Menschen beschäftigt sind. Resultat wäre die Entlassung der Belegschaft, die Nichteinhaltung von Lieferverträgen und Pleiten bei Zulieferfirmen.

Arkadiusz Koper von der Rechtsabteilung der Kapitalgruppe PGE meint, dass sich der Gerichtshof an den polnischen Staat gewandt hat, der Besitzer der Turów-Grube aber nicht Polen ist, sondern eine Gesellschaft privaten Rechts, die an der Börse notiert sei. 

„Polen als Staat kann keiner Gesellschaft privaten Rechts ihre legale Wirtschaftstätigkeit verbieten – in diesem Fall die Braunkohleförderung aufgrund einer legalen Konzession“, so Koper.

Redaktion / 02.06.2021

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Kommentare zum Artikel "Turów: Vernichtet die EU 18.000 Arbeitsplätze?"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Fritz schrieb am

    Dann sollen aber die Tschechen auch Ihre Gruben auch zumachen... in Nordböhmen die Grube Bilina mit 44 km2 die größte Grube soll noch bis 2055 in Betrieb sein?

    Dort gibt es jetzt schon massive Umweltschäden?

    Die Tschechen wollen wollen natürlich Ihre Braunkohle verkaufen, da kann man schön gegen Turow klagen?

    18-tausend Arbeitsplätze sollen in Polen wegfallen? Unfassbar...

    Deutschland sollte sich raushalten... die Polen mögen das nicht wenn die deutschen wieder mal über Polen bestimmen wollen.

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