Vereine machen mobil für Kinder
Dass er für seine Interessen öffentlichkeitswirksam eintreten kann, hat der OSSV bereits bewiesen, als es um die Zukunft der Kamenzer Schwimmhalle ging. Foto: Archiv
Der gegenwärtige Lockdown zwingt viele Jungen und Mädchen, auf lieb gewonnene und nützliche Aktivitäten zu verzichten. Mit fatalen Konsequenzen – Zeit zum Gegensteuern.
Kamenz. „Wir können nicht auf dem Trockenen schwimmen.“ Für Diana Karbe ist klar, dass es für ihre Vereinsmitglieder beim Training keine Alternative zum nassen Element gibt. Schließlich ist sie Vorsitzende des Ostsächsischen Schwimmvereins. Und – ehrlich gesagt – klingt alles andere auch absurd. Und doch gehen manche Schwimmvereine mittlerweile dazu über, ihren Kindern „Trockentraining“ anzubieten. Ein Weg, den die Kamenzer Vereinschefin nicht mitgehen will: „Wir sind Schwimmer, wir gehören ins Wasser!“
Ideen und Konzepte bleiben unbeachtet
Doch das ist gegenwärtig und auf absehbare Zeit nicht möglich, denn im Zuge der Pandemiebekämpfung müssen auch die Schwimmhallen geschlossen bleiben. Ob ab dem Frühsommer eine Öffnung der Freibäder möglich ist, steht derzeit noch in den Sternen. Dabei könnte das Wasser in den Hallenbädern sogar eher Teil der Lösung als des Problems sein, gibt es doch laut Diana Karbe Studien, die zeigen, dass das darin enthaltene Chlor Viren abtötet. Und Bilder von Sportlern, die sich während des Trainings oder der Wettkämpfe gegenseitig um den Hals fallen und abküssen, haben sich, anders als in anderen Sportarten, in Bezug auf das Schwimmen auch nicht ins Gedächtnis gebrannt. Viel mehr handelt es sich doch eher um einen kontaktarmen Individualsport, bei dem die Teilnehmer, jeder für sich, ihre Bahnen ziehen – die Eine etwas schneller, der Andere ein bisschen langsamer. „Leider findet all das bei den Entscheidungsträgern kein Gehör“, beklagt Diana Karbe. Alle Hygienekonzepte und klugen Ideen, das Training so sicher wie möglich zu machen, verstauben in den Schubladen. Ähnlich geht es auch den Karateka des Tomogara Ryu e.V., den Judoka des Polizeisportvereins, den Tänzern von Kamenz can dance und den Gesundheitssportlern bei Mygym. Und selbst dem Kinderschutzbund ist es derzeit nicht möglich, etwas für seine Klientel auf die Beine zu stellen. Ein Zustand, den die Verantwortlichen all dieser Vereine unhaltbar finden und deshalb etwas dagegen tun wollen. „Unsere Aktion kurz vor Ostern, als sich Angehörige aller sechs Vereine separat zum Sport Treiben zusammenfanden (der Oberlausitzer Kurier berichtete, d.Red.), kann nur der Anfang gewesen sein“, versichern neben Diana Karbe auch Jan Geppert vom Tomogara Ryu e.V. und Maik Weise vom Kinderschutzbund.
Noch gibt es keine genauen Pläne für die nächste diesbezügliche Aktivität; fakt ist jedoch, dass diese auch mit dem Bautzener Kreissportbund abgestimmt sein wird. „Dieser hat ein detailliertes Konzept ausgearbeitet, unter welchen Bedingungen Sport mit wie vielen Beteiligten möglich sein sollte; doch es findet einfach keine Beachtung“, bedauert Jan Geppert.
Der Vorsitzende des Tomogara Ryu e.V. betont, dass Kinder während des Lockdowns im Schnitt drei Kilogramm zugenommen haben – „bei einem Körpergewicht von vielleicht 25, 30 Kilogramm.“ Die gesundheitlichen Folgen seien derzeit noch nicht abzusehen; hinzu kämen seelische Probleme aufgrund der monatelangen Abgeschiedenheit von Freunden und Trainingskameraden: „Unsere Aktivitäten richten sich nicht gegen die Bekämpfung der Pandemie; es geht uns darum, dass die Kinder nicht, wie derzeit, so extrem darunter leiden müssen.“
Mitglieder halten bislang zur Stange
Der Kamenzer Oberbürgermeister Roland Dantz sympathisiert mit dem Anliegen und stellt auch städtische Medien und Verbreitungskanäle dafür zur Verfügung. „Ich finde es gut Flagge zu zeigen, Probleme zur Sprache zu bringen und die Betroffenheit der Kinder und Jugendlichen zu thematisieren“, betont er. Vorwürfe, diese würden instrumentalisiert, um Stimmung gegen die Corona-Maßnahmen zu machen, hält der OB für „perfide und infam.“ Diana Karbe bringt noch einen weiteren Aspekt ins Spiel: „Wir haben in unserem Verein eine Abteilung für den Behindertensport, die derzeit ebenfalls nicht trainieren kann. Für diese Menschen, die ohnehin am Rand der Gesellschaft stehen, ist die Situation besonders hart.“ Was die Zukunft ihres Vereins betrifft, hat die OSSV-Vorsitzende trotz allem keine Bedenken: „Unsere Mitglieder halten super zur Stange, bisher gibt es kaum Absprünge. Wir haben uns im Vorstand intensiv über die strategische Arbeit unter den Bedingungen der Pandemie ausgetauscht und bereiten uns auf unser traditionelles Sprintmeeting am 21. Juli vor.“ Und das – da ist sie sicher – wird nicht auf dem Trockenen stattfinden …