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Wann tut Bautzen etwas gegen Graffitis?

Wann tut Bautzen etwas gegen Graffitis?

Mike Hauschild verpasste kurz vor Ostern der beschmierten Wand seines Hauses einen neuen Anstrich. Durch Graffitis entstehen in Bautzen pro Jahr Schäden in Höhe von mehreren 10.000 Euro.

Bautzen ist bunt. Das beweisen die vielen farbigen Hausfassaden im Stadtgebiet. Ärgerlich wird es, wenn auf ihnen Schmierfinken ihre meist sinnfreien und mitunter auch recht schrillen Botschaften hinterlassen. Kommunen wie Markkleeberg haben ein probates Mittel gefunden, Hauseigentümern bei der Beseitigung unter die Arme zu greifen. Im schuldenfreien Bautzen bedarf es dagegen noch einiger Überzeugungsarbeit.

Bautzen. Facebook, Twitter und WhatsApp gebührt an dieser Stelle endlich einmal ein großes Dankeschön. Sie sind es, die uns heutzutage fast in Echtzeit Botschaften versenden und Kommentare zu allen möglichen Dingen abgeben lassen. Mit ihnen kann man über politische Rivalen genauso herziehen wie seine Gefühle via Liebeserklärungen offenbaren, eine Beziehung beenden oder sein schönstes Katzenbild posten. Allerdings scheint diese Form der Kommunikation einigen Zeitgenossen nach wie vor nicht auszureichen. Weshalb sie des Nachts bewaffnet mit der Farbspraydose durch die Straßen schleichen und ihren so genannten Tag, oder was auch immer sie der Umwelt mitzuteilen haben, an Häuserwänden verewigen.

Das muss endlich ein Ende finden, sagte sich schon Ende vergangenen Jahres Stadtrat Mike Hauschild. Kurz vor Ostern griff er dann selbst zur Farbrolle, um die beschmierten Wände eines Wohn- und Geschäftshauses, in dem sich auch das Büro des Fliesenlegers befindet, mit einem neuen Anstrich zu versehen. Stets in der Hoffnung, dass andere betroffene Immobilieneigentümer sich ihm anschließen und gleiches tun.

Immerhin: Im Fall von Mike Hauschild waren gerade einmal rund 200 Euro in die Hand zu nehmen und etwas Zeit zu investieren. Danach zeigte sich die Fassade wieder im neuen Glanz. Bis heute.

Ruf nach kommunaler Finanzspritze wird lauter

„Auf diese Weise präsentieren wir unseren Besuchern ein herzliches Erscheinungsbild“, ist der Unternehmer überzeugt. Ans Bautzener Rathaus gerichtet, hat er vorgeschlagen, dem Beispiel Markkleeberg zu folgen.
Die Stadt im Leipziger Süden zahlt Hauseigentümern einen Betrag von bis zu 300 Euro, wenn diese illegale Graffitis beseitigen und vorbeugende Maßnahmen treffen, um Schmierern künftig keine Angriffsfläche mehr zu bieten. Gemeint ist damit eine entsprechende Schutzbeschichtung.

Ermöglicht wird die Finanzspritze auf Grundlage einer kommunalen Förderrichtlinie. Diese trat bereits vor einem Jahrzehnt in Kraft. Im Haushalt steht jeweils eine vierstellige Summe zur Verfügung. Diese Form der Unterstützung wird seitdem rege in Anspruch genommen, wie es aus der Stadtverwaltung Markkleeberg heißt. Alternativ dazu schickt das Rathaus hin und wieder einen Graffitikünstler in die Spur, der markanten Orten seine Handschrift verpasst. „In der Vergangenheit waren das unter anderem Stromkästen oder Bushaltestellen“, weiß Stadtsprecher Daniel Kreusch. „Wir sind in der glücklichen Lage, dass diese Werke anders als im benachbarten Leipzig niemand überschmiert. Hier liegt die Hemmschwelle scheinbar doch noch etwas höher.“

Zurück nach Bautzen: In der Spreestadt verfolgte die Verwaltung in der Vergangenheit einen ähnlichen Ansatz, erinnert sich Rathausmitarbeiter André Wucht. „Damit werden wir das Problem aber nicht lösen können.“ Er verweist unter anderem auf den Fußgängertunnel am Kornmarkt. Sprayer hatten den Durchgang aufwendig gestaltet. Inzwischen lässt sich beim Betrachten der Wände nur noch mit dem Kopfschütteln. Die Kunstwerke von einst sind allesamt verunstaltet worden. André Wucht: „Der Codex, Graffitis nicht zu übersprühen, scheint in der hiesigen Szene keine Gültigkeit mehr zu haben. Darüber hinaus sind die Wertevorstellungen bei einigen Mitbürgern aus den Fugen geraten. Eigentum anderer verliert immer mehr an Wertschätzung.“

Alarmierende Zahlen

Das zeigt auch ein Blick in die Polizeistatistik. Wurden 2015 allein in Bautzen noch rund 90 Sachbeschädigungen durch Graffitis zur Anzeige gebracht, waren es nur ein Jahr später bereits 50 Prozent mehr. 2017 rechnen die Ermittler mit einer nochmaligen Steigerung. „Inwiefern tatsächlich mehr dieser Straftaten dahinter stecken oder ob sich das Anzeigeverhalten der Bürger eventuell verändert hat, das kann aus unserer Sicht nicht beantwortet werden“, meint Polizeisprecher Thomas Knaup. Fakt ist und das kann auch André Wucht vom Presseamt der Stadt Bautzen bestätigen: Der Trend zu politischen Botschaften hat stark zugenommen. Jüngst mussten sogar Mitarbeiter des Bundestag-Infomobils diese Erfahrung machen. Dieses tourt momentan durch die Republik, um die Aufmerksamkeit auf die bevorstehende Bundestagswahl zu lenken. Ermittlungen zu den möglichen Tätern laufen. Dabei stehen die Chancen gar nicht so schlecht, ihnen auch habhaft zu werden. In Bautzen werde jede fünfte Graffitistraftat aufgeklärt, heißt es vonseiten der Polizei. Bei einer Verurteilung drohen Schmierfinken bis zu zwei Jahre Haft beziehungsweise eine saftige Geldstrafe.

Wirksamere Sanktionen müssen her

Stadtrat Mike Hauschild sieht hier eine andere Verfahrensweise angebracht.
Er plädiert dafür, dass ermittelte Täter künftig verstärkt dazu verdonnert werden, bekritzelte Wände zu reinigen. Darüber hinaus wird sich der Kommunalpolitiker weiterhin für eine finanzielle Unterstützung durch die Stadt stark machen.

Seiner Ansicht nach müssen betroffene Hauseigentümer einen Anreiz bekommen, um nicht nur die Schmierereien an ihren Fassaden beseitigen zu lassen, sondern auch, um das nächste Polizeirevier anzusteuern.
Denn die Fahnder werden in punkto illegale Graffitis nicht von sich aus aktiv.
Bautzens Finanzbürgermeister Robert Böhmer indes rät, eine entsprechende Wohngebäudeversicherung abzuschließen. Die komme bei Graffitischäden auf, betont er und fügt hinzu: „Die Allgemeinheit, in dem Fall die Kommune, kann aus meiner Sicht nicht in der Pflicht stehen, das Eigentum einzelner direkt zu unterstützen und instand zu halten.“

Wie denkt Bautzen darüber?

Inzwischen belaufen sich die Schäden durch illegale Graffitis in der Spreestadt auf mehrere 10.000 Euro jährlich. Davon gehen erfahrene Kripo-Beamte aus. Die Frage vor diesem Hintergrund ist: Kann es sich Bautzen leisten, weiterhin tatenlos zuzusehen? Diskutieren Sie mit. Ihre Meinung ist uns wichtig. Schreiben Sie uns – und zwar per Mail an redaktion@LN-Verlag.de oder per Post an „Oberlausitzer Kurier“, Karl-Marx-Straße 4 in 02625 Bautzen.   

Roland Kaiser / 20.06.2017

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Kommentare zum Artikel "Wann tut Bautzen etwas gegen Graffitis?"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Sibylle May schrieb am

    Ich finde die Schmierereien an den Hausfassaden und Mauern in Bautzen schrecklich. Sie verunstalteten die schön gestalteten Fassaden. Die das tun, haben wahrscheinlich nicht gelernt, das Eigentum und die Arbeit anderer Menschen wert zu schätzen. Ihnen ist egal, wie viel dem Hauseigentümer die Beseitigung kostet. Ich fände es angemessen, wenn die Stadtverwaltung einen Zuschuss an die Eigentümer zahlen würde. Sie können schließlich nichts für die Grafittis und warum sollen sie allein die Kosten tragen?

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