Weihnachtsaktion: Der Freistaat nervt Kosel

So schön leuchtet es in Kosel am 23. Dezember. Foto: Sunita Schulz
Kosel/Stannewisch. Die Lichtertraktorenfahrt in Kosel wirke wie ein unscheinbarer Anlass, der dennoch viel über das Verhältnis zwischen Dorfleben und staatlicher Regulierung erzählt, meint Nieskys Oberbürgermeisterin Kathrin Uhlemann. Was im Ortsteil Kosel einst aus einer spontanen Idee zu Zeiten strenger Coronapolitik entstand, hat sich in der Vorweihnachtszeit fest etabliert. In Kosel fahren am 23. Dezember geschmückte Fahrzeuge durch die Siedlungen und vermitteln den Wunsch Kontakte aufrechtzuerhalten. Der Weg dahin sei aber immer steiniger geworden, so Uhlemann.
Die zuständigen Stellen des Freistaates erklären, man wolle mit Merkblatt und Anlagen lediglich Klarheit schaffen. Die Zahl der Anforderungen bleibe unverändert, so die offizielle Begründung. Im Detail sehe das dann allerdings ganz anders aus. Jede Fahrt wird als Veranstaltung mit Verkehrsbeeinträchtigung eingeordnet, ähnlich Festumzügen oder Oldtimerfahrten und benötigt deshalb eine Erlaubnis. Hinzu kommt eine Ausnahmegenehmigung nach §70 der Straßenverkehrszulassungsordnung für zusätzliche Beleuchtung – mit Kosten, die je nach Einstufung in dreistellige Höhen reichen können. „Der Verweis auf mögliche Behinderungen des Rettungsdienstes oder des öffentlichen Nahverkehrs begleitet die Argumentation, wirkt aber in einem Dorf wie Kosel oft wie ein pauschales Misstrauen gegenüber den Organisatoren“, so die Oberbürgermeisterin. Die Stadt Niesky versuche nun, den Spielraum zu nutzen, der ihr bleibe. Gebühren für die Inanspruchnahme des Straßenraums könnten erhoben werden, doch die Verwaltung verzichte darauf. Die Forderung nach einer Veranstalterhaftpflicht werde ebenfalls nicht gestellt, da die üblichen Kraftfahrzeugversicherungen ausreichend seien.
Für die Ausnahmegenehmigung des Landesamtes für Straßen und Verkehr lasse sich zumindest eine Sammelliste einreichen. Der Gedanke, die Fahrt als Versammlung anzumelden, wurde von übergeordneten Stellen verworfen. Die Einordnung als Brauchtum, wie sie in Brandenburg möglich ist, bleibt im Freistaat aus. So entstehe der Eindruck, dass Verwaltungspraxis nicht zwischen risikoreichen Großereignissen und überschaubaren Dorfaktivitäten unterscheide.
Dabei ließe sich vieles vereinfachen. Wenn Behörden am Ende nicht mehr prüfen als die Zulassung der Fahrzeuge, dränge sich die Frage auf, weshalb hierfür überhaupt ein Genehmigungsverfahren notwendig sei. Eine formlose Anzeige könnte reichen, ohne Zeitdruck, ohne zusätzliche Gebühren. Ebenso ließe sich darüber nachdenken, ob Fahrten in Schrittgeschwindigkeit mit wenigen Traktoren tatsächlich den üblichen Widmungsinhalt einer Straße überschreiten. Der Vergleich mit Großereignissen wie der Love Parade erscheine ihr jedenfalls schwer nachvollziehbar, bekundet Kathrin Uhlemann.
Ob sich an dieser Praxis in absehbarer Zeit etwas ändert, hänge von Entscheidungen jenseits der kommunalen Ebene ab. Uhlemann versichert, für eine pragmatische Lösung einzutreten. Man solle in Vernunft von Menschen vor Ort setzen.
Kosel, Zedlig und Stannewisch bereiten sich derweil weiter auf den 23. Dezember vor. Die Mühen der Organisatoren sprechen für sich. Dass die Fahrt überhaupt stattfindet, zeigt jedenfalls, wie hartnäckig Dorfleben sein kann – selbst dort, wo amtliche Vorgaben das Gegenteil erwarten lassen.