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Update: Wird das einmal Bautzens neues Tor zur historischen Altstadt?

Update: Wird das einmal Bautzens neues Tor zur historischen Altstadt?

Exklusiver Blick auf eine mögliche Alternative der angedachten Spreequerung: Unter anderem so stellt sich ein Bautzener Planungsbüro ein zweites Tor zur Altstadt vor. Foto: RK

Bautzen. Unter dem Slogan „Ankommen – Verbinden – Erleben“ hat jetzt ein Bautzener Bauunternehmen aus der Spreestadt in Kooperation mit einem Architektenbüro drei alternative Brückenvarianten für eine mögliche Spreequerung in der Altstadt erarbeitet. Neben der bereits bekannten und stark umstrittenen Spannbandbrücke handelt es sich dabei um eine Hängebrücke, eine Bogenbrücke und einen Fachwerksteg. Nach Auskunft der Stadtratsfraktion des Bautzener Bürgerbündnisses (BBBz), das sich von Beginn an für das Projekt stark macht, wird mittlerweile der letztere Brückentyp favorisiert. Dieser zeichne sich in erster Linie dadurch aus, dass er verglast und überdacht ist. Das ermögliche eine Begehbarkeit auch in den Wintermonaten. Außerdem würde diese Variante – eine etwa 110 Meter lange Stahlkonstruktion – nicht mehr über bebautes Gelände führen. Dem Entwurf zufolge endet sie direkt im Burgwasserturm. Somit wäre auch die Diskussion um einen möglichen baulichen Eingriff in die historische Burgmauer ein für alle Mal vom Tisch.

Viele Vorzüge, aber auch Herausforderungen

BBBz-Sprecher Christian Haase kennt die weiteren Vorzüge dieser Ausführung: „Dabei ist eine echte Belebung von Burgwasserturm und Langhaus vorgesehen – und zwar durch eine Nutzung der oberen Ebene als gastronomischer Bereich mit Panoramablick zum Spreetal einerseits und zur Altstadt andererseits. Wie attraktiv dieser Blick sein kann, wissen wir schon heute mit dem Blick aus dem Burgtheater. Gleichzeitig ist vorgesehen, durch einen Aufzug die unmittelbare Anbindung des Stadtteiles Seidau beziehungsweise des Spreetalbereiches auf kurzem Wege hoch zum Burghof herzustellen. Es kreuzen sich dann also verschiedene Verkehrswege und damit steigt die Attraktivität des Projektes erheblich.“ Doch auch im Burgwasserturm selbst könnte ein Fahrstuhl Realität werden. Er soll die Menschen vom Fuße des historischen Bauwerks in die höheren Etagen und somit direkt ins Langhaus befördern.

Hingegen betrachten die Architekten mit Blick auf eine mögliche Errichtung des Fachwerksteges hoch über dem Spreetal dessen große Konstruktionshöhe, die stärkere vertikale Belastung und die großen Windangriffsflächen als nachteilig. Bezogen auf die ursprünglich angedachte Spannbandbrücke kommen sie in einer fachlichen Gegenüberstellung zu dem Schluss, dass diese ein hohes Baugrundrisiko auf der Altstadtseite aufweist. Darüber hinaus sei eine Entwässerung in Brückenlängsrichtung nicht möglich. Ihr Vorteil wiederum liege in der schlanken Konstruktion.

Landrat Harig: „Stadt muss zunächst ihre Hausaufgaben machen“

Inzwischen sind der Rathausspitze, den Bürgervertretern und Landrat Michael Harig die Projektideen präsentiert worden. Offenbar nicht nur Christian Haase will danach unter anderem vonseiten des Landkreises Signale vernommen haben, die durchaus auf eine Unterstützung hoffen lassen. Die Kreisverwaltung teilte am Donnerstagnachmittag, nachdem die Zeitung vom 16. Mai bereits gedruckt war, auf Anfrage mit, dass „wir bei aller Euphorie und anderseits auch Skepsis ganz am Anfang stehen“. Zudem sagte Landrat Michael Harig: „Weder Verwaltung noch Kreistag konnten sich mit dem Thema befassen, weil bis dato keine belastbaren Unterlagen vorliegen. Mir persönlich gefällt die Variante einer Fachwerkbrücke am besten. Diese ist teilweise überdacht und damit auch für ältere und behinderte Menschen besser nutzbar. Sie reduziert zudem den Konflikt mit dem privaten Grundstückseigentümer, dessen Wohngrundstück bei den anderen Varianten überbaut wurde. Auch eine weitere Nutzung des Burgwasserturms als attraktives Turmlokal ist im Sinne der Attraktivität der gesamten Altstadt als positiv zu bewerten.“ Jedoch stellte er in dem Zusammenhang auch fest: „Zunächst ist es Aufgabe der Stadt, sich auf eine Durchführung und eine Vorzugsvariante zu verständigen. Danach müssen zunächst die baurechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden.“ Unterdessen rechnet der BBBz-Sprecher damit, dass sich im Juni die Entwürfe öffentlich zur Diskussion stellen lassen.

Corona-Krise könnte Ambitionen durchkreuzen

Seit etwa 20 Jahren gibt es die Idee, den Protschenberg auf direktem Wege mit der Ortenburg zu verbinden. Während der Amtszeit von Oberbürgermeister Alexander Ahrens nahm das Vorhaben an Fahrt auf. Erste Voruntersuchungen zeigten jedoch, dass es sich auch in Bezug auf den Baugrund keinesfalls um ein leichtes Unterfangen handelt. Dennoch plädieren fraktionsübergreifend nicht wenige Stadträte für eine Umsetzung. Sie sehen darin die Chance, der Bautzener Altstadt ein neues Tor zu verleihen und diese vom Individualverkehr zu entlasten. Denn gleichzeitig soll der Touristenparkplatz an der Schliebenstraße um zahlreiche kostenfreie Stellflächen erweitert werden. Christian Haase: „Der alleinige Erweiterungsbau des Parkplatzes Schliebenstraße wäre voll zu finanzieren durch die Stadt Bautzen. Bei einer Konzeptlösung samt Fußgängerbrücke greifen jedoch Förderungen des Landes. Die Investitionen im Burgwasserturm und im Langhaus wären hingegen voll in der Finanzierung des Landes und nicht der Kommune. Es gibt also kein Argument hinsichtlich der finanziellen Belastung für den Haushalt der Stadt Bautzen.“

Wann das Bauvorhaben allerdings in Angriff genommen wird, scheint in Zeiten der Corona-Krise recht fraglich. Die Verwaltung rechnet bereits jetzt mit fehlenden Einnahmen in Größenordnungen. Finanzbürgermeister Robert Böhmer erklärte dazu: „Über 43 Prozent ihrer Aufwendungen deckt die Stadt Bautzen über Steuereinnahmen. Mögliche Rückgänge der Steuereinnahmen werden besonders 2021 zu Buche schlagen und die Haushaltsdeckung verkomplizieren.“ Der Freistaat hatte zwar jüngst den Kommunen eine Bereitstellung von Mitteln zur Bewältigung der Auswirkungen der Corona-Politik in Aussicht gestellt. „Inwieweit die zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und der Staatsregierung vereinbarten Maßnahmen insgesamt ausreichen, um die einzelnen Kommunen von den Folgen der Corona-Politik – dazu zählen Mehrausgaben, aber insbesondere auch Mindereinnahmen – ausreichend zu entlasten, kann erst in den kommenden Monaten beurteilt werden.“

Rückendeckung erhielt der Stadtbedienstete von Mischa Woitscheck, Geschäftsführer des Sächsischen Städte- und Gemeindetages: „Wir werden erst in den kommenden Wochen und Monaten sehen, in welchem Umfang insbesondere bei der Gewerbesteuer und der Einkommensteuer die Einnahmen tatsächlich wegbrechen. Die Steuerschätzer gehen von einer raschen Erholung der Wirtschaft und der Steuereinnahmen aus. Sie unterstellen einen ‚V’-ähnlichen Verlauf der Konjunktur. Wir sind da nicht ganz so optimistisch, hätten aber nichts dagegen, wenn wir uns irren.“ Woitscheck begrüßte es daher, dass die Steuerschätzer bereits im September eine weitere, außerplanmäßige Schätzung vorstellen wollen. Aktuell wird davon ausgegangen, dass die Steuereinnahmen der Städte und Gemeinden im Freistaat in einem bislang nie da gewesenen Umfang wegbrechen. Die Steuerschätzer rechnen in dem Zusammenhang bis zum Jahr 2024 mit einem Minus von über einer Milliarde Euro.

Unterm Strich entscheiden die Bürger

Landrat Michael Harig fände es hingegen bedauerlich, „wenn ein solches Zukunftsprojekt nur aufgrund der gegenwärtigen Situation zurückgestellt würde“. Er misst dem Vorhaben eine besondere Bedeutung bei: „Die gesamte Altstadt könnte entlastet werden. Das betrifft das Parken ebenso wie den Durchgangsverkehr. Zudem würde die Attraktivität der gesamten Stadt außerordentlich erhöht. Alle Anlieger der Ortenburg, insbesondere das Theater aber auch das Sorbische Museum, das Oberverwaltungsgericht und der Burghof, bekämen nicht nur einen besseren Zugang, sondern einen gesteigerten Stellenwert.“ Deshalb, so betonte er, müsse gerade in Krisenzeiten vorgeplant werden, „damit man im Falle anschließender Konjunkturprogramme baureife Projekte in der Schublade hat“.

Bekanntlich sollen die Einwohner von Bautzen entscheiden, ob für sie der Bau einer Spreequerung in Frage kommt oder nicht. Zwar gibt es dafür bislang keinen Termin. Jedoch wären das Rathaus und der Stadtrat drei Jahre lang an das Ergebnis dieses Bürgerentscheides gebunden.

Roland Kaiser / 16.05.2020

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Kommentare zum Artikel "Update: Wird das einmal Bautzens neues Tor zur historischen Altstadt?"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Erhard Jakob schrieb am

    Heiner, ich sehe das genauso wie du. Allerdings gibt es sehr viele Gegner, welche sich gegen die Brücke aussprechen. Genauso wie bei der Waldschlösschen-Brücke in Dresden.

  2. Heiner schrieb am

    Die neue Brücke ist das Beste was der Stadt Bautzen passieren kann!! Zum einen entschärft sie etwas das Parkproblem für die Besucher von Bautzen und zum anderen wird sie ein absoluter Besuchermagnet werden. Davon werden vor allem die kleinen Geschäfte und Gaststätten der Innenstadt profitieren.

  3. Erhard Jakob schrieb am

    Ich bin für diese Brücke. Sie kann auch das Stadtbild zum Positiven verändern. Es kommt immer darauf an aus welchem Blickwinkel man die Sache betrachtet. Sie kann zum Besucher-magnet werden. Genauso, wie der Eifelturm und der Berliner Fernsehturm zum Besuchermagnet der jeweiligen Städte geworden ist! Der Eifelturm wurde anfangs auch von den Parisern verflucht. Jetzt möchte ihn keiner mehr missen!

    Ich staune, dass der Berliner Fernsehturm überhaupt noch steht. Schließlich gilt er als Wahrzeichen der DDR und alle Wahrzeichen der DDR, wie z.B. der Palast der Republik wurden nach der Wende weggerissen. Naja, was nicht ist kann ja noch werden!

    Der Dresdner Fernsehturm wurde in den 30 Jahren Nicht-Nutzung so dem Verfall preisgegeben, dass eine Sanierung mehr kostet als ein Neubau!

  4. Frank Sbieschne schrieb am

    Ich bin gegen diese Brücke. Sie verändert das Stadtbild in negativem Sinn. Die historische Stadtbefestigung solle doch bitteschön so erhalten bleiben wie sie jetzt ist. Durch Krieg und 40 Jahre Verfall im Sozialismus ist schon genug in unserer Stadt zerstört worden.

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