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Hunde bekämpfen die Schweinepest

Hunde bekämpfen die Schweinepest

Nach getaner Arbeit hat sich Qesra den Zuspruch von Herrchen Laurent Heimen redlich verdient.

Das für Schwarzkittel tödliche Virus verbreitet sich weiter in Sachsen. Die bisherigen Schutzmaßnahmen genügen offenbar nicht, jetzt sollen es andere Vierbeiner richten.

Region. Von Ruhe kann an diesem Nachmittag keine Rede sein in dem ausgedehnten Waldgebiet zwischen Laußnitz und Ottendorf-Okrilla. Stattdessen erfüllt vielstimmiges Hundegebell die Luft zwischen Kiefern und Birken. Entlang eines Wirtschaftsweges haben sie sich aufgereiht – Vertreter von Rassen mit so klangvollen Namen wie Deutsches Drahthaar oder Kleiner Münsterländer. Insgesamt acht Jagdhunde sollen heute zeigen, was sie in den letzten Tagen gelernt haben.

Ein Viertel der Wildschweine infiziert

Zu den Beobachtern gehört auch Sebastian Vogel. Erst vor einem Monat wurde der SPD-Politiker zum Staatssekretär im Sächsischen Sozialministerium ernannt, mit einem Aufgabengebiet, das nicht sehr vergnüglich klingt: Er soll sich um die Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest bemühen. Ende Oktober 2020 erstmals in Sachsen nachgewiesen, hat sich das für den Menschen ungefährliche, für Wild- ebenso wie für Hausschweine jedoch tödliche Virus mit hoher Geschwindigkeit ausgebreitet. Mit Stand vom 9. August wurden im Freistaat 400 Fälle gezählt, im benachbarten Brandenburg sogar knapp 1.500. Dort waren im Juli auch erstmals Hausschweine betroffen, ein Szenario, das Sachsen unbedingt vermeiden will – denn es hätte unabsehbare Folgen für die Schweine züchtende Landwirtschaft.

Die Dunkelziffer freilich dürfte noch wesentlich höher liegen. „Wir haben im ostsächsischen Raum zwischen 15.000 und 20.000 Wildschweine, wovon etwa ein Viertel infiziert sein dürfte“, erklärt Sebastian Vogel. „Und aus Polen drängen ständig neue Tiere nach.“ Bislang offenbar noch nicht wirklich wirksam behindert durch die entlang der Neiße aufgestellten Sperrzäune. Diese nennt Vogel als ein Mittel zur Eindämmung der Seuche, die „Entnahme“ – sprich den Abschuss möglichst vieler Wildschweine – als ein weiteres. Ein drittes und „ergänzendes“ Mittel soll ab sofort die Suche nach verendeten Wildschweinen sein. Und genau dies ist auch die künftige Aufgabe der im Laußnitzer Forst versammelten Hunde. Doch bevor es so weit ist, müssen die Vierbeiner und ihre Herrchen oder Frauchen – allesamt erfahrene Jäger – eine Menge lernen. „Das typische Verhalten eines Jagdhundes nützt uns hier nicht viel“, weiß Andreas Kiefer. Der bullige Mann in T-Shirt und Khakiweste trägt normalerweise Uniform, denn im Hauptberuf arbeitet er als Lehrwart für Diensthunde bei der Bundeswehr. Klare Kommandos muss er auch in Laußnitz geben, insbesondere dieses: „Such Kadaver!“ 

Apportieren ist unerwünscht

Und schon macht sich Qesra, eine Kleine Münsterländerin, auf den Weg, quer durch das ihr zugeteilte Waldgebiet. Über Heidepolster springt sie ebenso behände wie über unwegsame Totholzhecken. Ihr immer dicht auf den Fersen bleibt Herrchen Laurent Heimen. „Ich sehe es als Verpflichtung, hier als Waidmann zu helfen“, erklärt der passionierte Jäger aus Tharandt später. Außerdem ist er „unwahrscheinlich gern an der frischen Luft“. Dazu hat er in diesen Tagen viel Gelegenheit, denn der Lehrgang erstreckt sich über drei Wochen. Und später wird er von Zeit zu Zeit dem Ruf des Sozialministeriums folgen und Qesra gegen eine Aufwandsentschädigung mutmaßlich befallene Waldgebiete absuchen lassen.

Jetzt aber folgt er seiner Hündin, die sich vor dem Wurzelteller einer umgestürzten Kiefer hingesetzt hat. Hoch aufgerichtet und kerzengerade sitzt sie da, fast völlig bewegungslos. „Genau dieses Verhalten erwarten wir von ihr. Normalerweise würde ein Jagdhund seinen Fund zum Jäger apportieren, doch genau das wollen wir hier nicht“, erläutert Andreas Kiefer näher, was er zuvor andeutete. Denn im Ernstfall handelt es sich um den Kadaver eines mit ASP infizierten Wildschweins, mit dem der Hund nicht in Berührung kommen soll – nicht weil ihn das Virus gefährden könnte, sondern um es nicht breit zu tragen. In diesem Fall ist es „nur“ ein Stück unbefallene Schwarte.

Laurent Heimen kniet sich neben Qesra nieder, lobt sie und gibt ihr eine intensive Streicheleinheit. „Das hat sie sich auch verdient“, meint Andreas Kiefer, „denn was Hunde und Hundeführer hier im Gelände leisten müssen, ist Schwerarbeit.“ Bevor Qesra tatsächlich in den Einsatz geht, muss sie noch die Prüfung ablegen. Doch niemand zweifelt daran, dass sie das schafft. „Sie ist der beste Hund der Welt“, sagt ihr Herrchen, und beider Augen leuchten.

Uwe Menschner / 25.08.2021

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