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Nach Busunglück: Polizei schildert Details

Nach Busunglück: Polizei schildert Details

Überlebenskampf im Reisebus: 30 von ursprünglich 48 Insassen überlebten das verheerende Unglück auf der A 9 bei Münchberg. Sie alle waren auf dem Weg zum Gardasee. Foto: PD Oberfranken

Münchberg/Löbau. Nach dem tragischen Busunglück auf der A 9 mit 18 Toten und
30 Verletzten Anfang Juli haben die Verkehrspolizei und die
Staatsanwaltschaft Hof jetzt erste Ermittlungsergebnisse vorgelegt. Demnach
krachte der aus der Lausitz stammende Reisebus aufgrund einer Unachtsamkeit
des Fahrers auf den vor ihm fahrenden Lkw. „Beide Fahrzeuge befanden sich
bereits seit längerem auf der rechten der drei Fahrspuren“, erklärte ein
Sprecher. „Der Fahrer des Lastwagens reduzierte seine Geschwindigkeit
schrittweise von um die 80 Kilometer je Stunde auf 28 km/h. Die Analyse der
Diagrammscheibe erbrachte, dass es sich um einen normalen Bremsvorgang
gehandelt hat. Daraufhin fuhr der Bus von hinten in Folge einer
Unaufmerksamkeit des Fahrers mit einer Anstoßgeschwindigkeit von etwa 60 bis
70 km/h auf den Anhänger auf, wobei der Fahrer noch versuchte, nach rechts
Richtung Standstreifen auszuweichen und wohl im letzten Moment noch
abbremste. Was die Ursache für diese Unaufmerksamkeit war, lässt sich nicht
mehr klären.“ 

Die Unfallstelle befand sich den Angaben zufolge rund zweieinhalb Kilometer
nach dem Beginn der baustellenbedingten Geschwindigkeitsbegrenzung für Pkw
auf 120 km/h und etwa 900 Meter vor dem Baustellentrichter. In diesem seien
die drei Fahrspuren auf zwei zusammengeführt worden. Zum Unfallzeitpunkt
kurz nach 7.00 Uhr habe der Verkehr auf der rechten Spur bereits gestockt.  
„Die Fahrzeuge kollidierten mit einer geringen Überdeckung von nur rund 60
Zentimetern“, führten die Ermittler weiter aus. „Diese relativ geringe
Anstoßfläche führte dazu, dass der eigentliche Frontabschluss des Busses im
Bereich des Fahrersitzes etwa 1,50 bis 2,00 Meter nach hinten verschoben
wurde. In diesem Bereich sind die Drucklufttanks, die Batterie samt Elektrik
und der Zusatztank verbaut. Dies löste einerseits elektrische Kurzschlüsse
und die Bildung extrem heißer Lichtbögen im Bereich der Elektrik aus.
Andererseits kam es zu einer Aufstauchung des Zusatztanks, welche diesen zum
Zerplatzen brachte. Der herausspritzende und zerstäubte Kraftstoff
entzündete sich unmittelbar beim Austreten durch die Lichtbogenbildungen,
noch angefacht durch die entweichende Druckluft. Zudem war der Bus wegen der
massiven Kollision im vorderen linken Bereich aufgerissen, wodurch sich
Rauch und Feuer im Innenraum des Busses schlagartig ausbreiten konnten.“
Dadurch sei es in kürzester Zeit zum Vollbrand des Busses gekommen. 
Während der 55-jährige Busfahrer auf dem Fahrersitz mit schweren
Verletzungen eingeklemmt war, gelang es dem 43-jährigen Beifahrer zunächst
die vordere Tür aufzudrücken. Im Zusammenwirken mit weiteren Fahrgästen
konnte auch die hintere Tür geöffnet und nach dem Aufprall dort liegende
Hindernisse beseitigt werden. „Ein Verlassen des Busses über die vordere Tür
war nur schwer möglich, weil der Mittelgang im vorderen Bereich wegen der
Deformierungen blockiert war. Weitere Insassen retteten sich über
eingeschlagene Seitenscheiben mit einem Sprung nach draußen.“ 
Die aus dem Bus entkommenen 30 Insassen waren zum Teil schwer verletzt. Für
17 Insassen und den Fahrer kam allerdings jede Hilfe zu spät. Die Männer und
Frauen im Alter von 55 bis 81 Jahren dürften bereits nach kurzer Zeit auf
Grund der starken Rauchentwicklung das Bewusstsein verloren haben. Nach der
Bergung der sterblichen Überreste erfolgten im Institut für Rechtsmedizin in
Erlangen die Obduktion und Identifizierung. 

Ermittlungsergebnisse und Gutachten übereinstimmend 

Zwischenzeitlich wurden die wesentlichen Ermittlungen durchgeführt. Die
allermeisten überlebenden Businsassen – soweit bereits vernehmungsfähig –
sowie die unbeteiligten Zeugen wurden vernommen. Die beauftragten
Sachverständigen haben eine erste Stellungnahme abgegeben. Diese beruht auch
auf der Begutachtung eines baugleichen Vergleichsbusses. Zudem wurden zu
sämtlichen Beteiligten und den Fahrzeugen alle verfügbaren Informationen
zusammengetragen und ausgewertet. „Die Ergebnisse lassen derzeit keine
vernünftigen Zweifel am dargestellten Ablauf des schrecklichen Busunglücks
zu“, betonten Polizei und Staatsanwaltschaft. „Es stehen noch die
abschließenden schriftlichen Gutachten der Sachverständigen aus. Aus
momentaner Sicht ist nicht zu erwarten, dass sich noch wesentliche neue
Erkenntnisse ergeben.“

(RED mit Unterstützung PD Oberfranken)

Redaktion / 02.08.2017

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Kommentare zum Artikel "Nach Busunglück: Polizei schildert Details"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Exbusfahrer schrieb am

    Da ich aus der Busfahrerbranche komme, will ich ein mal schildern wie so der Tagesablauf eines Busfahrers abläuft.

    Zu nächst kann man sagen, dass Busfahrer nicht nur mit der Arbeit, des Führens eines Busses beschäftigt sind. Viel mehr sind es "Nebenherarbeiten" wie Werkstattdienst, Hausmeisterarbeiten, Wartung und Pflege des Fuhrparks, Transfers mit Sprinter 3,5t usw., welche den Tag lang machen. Diese Arbeiten sind während der Schichtzeit von 15 Stunden an der Tagesordnung. Der Fahrtenschreiber der Kollegen steht somit auf Bett oder es wird die darin befindliche Fahrerkarte heraus genommen.

    Somit ist für die Staatsanwaltschaft alles im grünen Bereich. Niemand weiß, dass die Angestellten der vielen privaten Busunternehmen geknüppelt werden bis der Arzt kommt.

    Generell stelle ich den Sinn der Lenk- und Ruhezeiten in Frage. Keine Branche der Welt hat solche abartigen Arbeitszeiten, wie die Kraftfahrer generell. Man darf 15 Stunden maluchen und dann 9 Stunden Ruhe haben. In der Ruhe soll dann der Kraftfahrer, Einkaufen, nach Hause fahren, sich Waschen, Essen, sonstige Bedürfnisse befriedigen, und letztendlich Schlafen. Das ganze 2 mal in der Doppel-Woche. Wie lang da der Schlaf ist, kann sich jeder der Rechnen kann, ausmachen. Nämlich kaum 4-5 Stunden. Die Unterkünfte für Kraftfahrer müssen so billig wie möglich sein, da wird schon mal auf Komfort verzichtet. Zimmer neben der Autobahn, Zimmer mit hygienischen Mängeln, Betten wo ein erholender Schlaf möglich ist, ist Fehlanzeige. Hauptsache billig. Damit der arme Unternehmer nicht so doll bluten muss. Dies hat zur Folge, dass Kraftfahrer stete übermüdet sind. Egal ob Bus oder Lkw. Jeder Fernfahrer welcher seine Ruhezeit auf dem Standstreifen verbringt, kann mir nicht weiß machen, dass er erholt sein kann. Wenn der Verkehr mit Tempo vorbei donnert.

    Ich hege nun den Verdacht, dass der Unglücksfahrer könnte mal kurz eingenickt sein. Wenn ich höre zu welcher unchristlichen Zeit er aufgebrochen ist, um alle einzusammeln, kann ich mir aus eigener Erfahrung vorstellen, dass es früh gegen 7 Uhr in den Augen zwickt.

    Es ist nun bei seinen Hinterbliebenen zu hinterfragen, in wieweit er sein Ruhezeit gestalten durfte. Auch Aussagen von ehemaligen Mitarbeitern des hier betreffenden Unternehmens sollten aufschlussreich sein, wie ich selbst ein mal hörte.

    Fazit: Nicht die Sicherheit der Busse muss kontrolliert werden, sondern die Arbeitsbedingungen, vor allem die Arbeitszeiten müssen auf den Prüfstand. Ich fordere 12 Stunden Schichtzeit / 12Stunden Ruhezeit!!!! So und nicht anders.

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