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Von der Hightechtafel bis zur Töpfchenbank

Von der Hightechtafel bis zur Töpfchenbank

Andreas Tusche ist der Fachmann für die Endkonfektionierung der Tische. Überhaupt ist der Spezialisierungsgrad im Unternehmen sehr hoch.

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Bernd Volker ist als Geschäftsführer der Möbelwerk Niesky GmbH Herr über 20 000 verschiedene Artikel, von denen hier nur ein winziger Bruchteil zu sehen ist.

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Auch die Farbgebung – hier Kersten Rösler an der Spritzmaschine – liegt beim Nieskyer Möbelwerk in den eigenen Händen.

Die Möbelwerk Niesky GmbH feiert in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bestehen. Das Unternehmen produziert eine unglaubliche Vielzahl von unterschiedlichen Möbeln und liefert sie europaweit aus.

Niesky. Möbel, so weit das Auge reicht. Tische, Stühle, Sitzbänke, Regale, Pulte, Wickelkommoden, Spielhäuser, Vitrinen, Schränke in allen nur denkbaren Größen, Dekoren, Ausstattungsvarianten, Farben. „Unser Sortiment umfasst 20 000 verschiedene Artikel.“ Diese von Bernd Volker genannte Zahl erhält erst im Versandlager eine fassbare Gestalt. Kurz zuvor hatte der Geschäftsführer der Möbelwerk Niesky GmbH noch vor einer großen Karte des Bundeslandes Hessen gestanden, in die zahlreiche Kreise unterschiedlicher Größe eingezeichnet waren, und dabei erläutert: „Das sind alles Aufträge, die wir in den nächsten Wochen ausliefern müssen.“

Für einen Außenstehenden ist es nicht leicht, die Komplexität der Vorgänge in dem Nieskyer Werk, das sich selbst als „Handwerksbetrieb mit industriellen Merkmalen“ versteht und gleichzeitig auch eine höchst umfangreiche Logistik am Laufen halten muss, zu erfassen.

Denn: Die Besonderheit der Möbelwerk Niesky GmbH liegt in der unglaublichen Vielfalt ihrer Produktion. „Was die Politik in den letzten Jahren verstärkt propagiert, machen wir schon seit 25 Jahren: Die Einzelanfertigung“, wie Bernd Volker betont. Ein Kindergarten in Nordrhein-Westfalen braucht einen bestimmten Schrank, aber eben nur Einen – machen wir! Einer Schule in Baden-Württemberg gefällt ein bestimmtes Regalsystem – auch kein Problem. So kommen jährlich etwa 10 000 Einzelaufträge mit einem mittleren Bestellwert von 700 Euro zustande – macht circa sieben Millionen Euro Umsatz im Jahr. Diese Aufträge ergeben im selben Zeitraum 350 Touren, die zum größten Teil mit den fünf Lkw des eigenen Fuhrparks ausgeliefert werden. Und so macht sich – rein rechnerisch – an jedem Tag des Jahres ein Lkw von Niesky aus auf den Weg in alle Teile Deutschlands, nach Belgien, Holland, Luxemburg, Österreich oder in die Schweiz. Freilich gibt es auch Großaufträge, aber sie bilden die Ausnahme.

Obwohl – ganz so einfach ist es dann doch nicht. „Die Lieferungen erfolgen nicht kontinuierlich über das ganze Jahr hinweg. Es gibt dabei auch Stoßzeiten“, wie der Geschäftsführer erklärt. So haben Schulmöbel verständlicherweise in den Sommerferien Saison. Da sich diese im Liefergebiet von Juni bis September erstrecken, erhöht sich in diesem Zeitraum die Anzahl der Auslieferungen um circa 20 Prozent. „Freilich können wir in dieser Zeit keine Urlaubssperre verhängen, denn auch unsere Mitarbeiter wollen ja mit ihren Kindern die Ferien verbringen.

Diese Situation stellt uns jedes Jahr vor große Herausforderungen“, wie Bernd Volker bekennt. Das Abfedern der „Spitzen“ durch Leiharbeiter ist dabei keine Option: „Die Tätigkeiten in unserer Produktion sind sehr anspruchsvoll und können nicht in kurzer Zeit ’angelernt’ werden.“ Und so bleibt den 58 Mitarbeitern der Möbelwerk Niesky GmbH nur, „eine Schippe draufzulegen.“

Die Akquise der Aufträge erfolgt über ein ebenso großes wie dichtes Netz von Fachhändlern, die gegenüber den Endkunden als Lieferanten auftreten. In Niesky werden die bestellten Waren so hergestellt, dass die Auslieferung zum vereinbarten Zeitpunkt erfolgen kann.

Meistens liegen zwischen Bestellung und Aufbau vor Ort vier bis sechs Wochen. In jeder Lieferung werden Aufträge aus einer bestimmten Großregion zusammengefasst – so führt die Fahrt „Gelsenkirchen“ nicht nur in die Heimatstadt des FC Schalke 04, sondern auch in die von Borussia Dortmund und von Fortuna Düsseldorf. Am Ziel angekommen, tragen die Monteure die Möbel oder ihre Teile dahin, wo sie benötigt werden, und übergeben sie gebrauchsbereit. „In diesem Service liegt unser Wettbewerbsvorteil“, betont Bernd Volker. Holz – massiv und als Spanplatte – steht bei den Materialien an erster Stelle. „Doch wir arbeiten auch viel mit Metall, Glas und Stoffen“, wie der Geschäftsführer betont. So zählen auch Schultafeln, „klassische“ ebenso wie interaktive, zum Portfolio. Der Hauptteil der Produktion besteht aus Handarbeit: Bohren, Sägen, Entgraten, Schrauben ...
Die Tradition der Möbelproduktion in Niesky reicht viel weiter zurück als 25 Jahre. Bereits zu DDR-Zeiten wurden hier Schulmöbel hergestellt. Die Möbelwerk Niesky GmbH erweiterte das Spektrum der Zielgruppen um Hochschulen, Konferenzräume, Kindergärten und -krippen. Für letztere werden auch „Töpfchenbänke“ hergestellt – also Möbel, in die mehrere Nachttöpfe nebeneinander gestellt werden können. Dass diese besonders in westdeutschen Krippen gefragt sind, darf man schon als Ironie der Geschichte bezeichnen: „Man hat erkannt, dass das eine geniale Erfindung ist“, lacht Bernd Volker. Für die Zukunft plant der Geschäftsführer weiteres Wachstum, wobei dieses schon bald an die bisherigen Kapazitätsgrenzen führen wird: „Noch eine Million Umsatz mehr, und wir müssen erweitern.“ Dafür stehen dem Unternehmen mehrere Optionen auf eigenem Grund oder auf der „grünen Wiese“ offen; welche letztlich gezogen wird, ist noch nicht entschieden.

Uwe Menschner / 01.10.2017

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