Direkt zum Inhalt springen
Info & Kommentare

Abschluss auf dem ungeplanten Campingplatz

Abschluss auf dem ungeplanten Campingplatz

Nach unten bitte: Der „Bunka“ dient als Platz für kleinere Veranstaltungen, zum Spielen für die Kinder und Grillen und Chillen für die Erwachsenen. Foto: Bettina Hennig

Sandförstgen. Während der Camping- und Eventplatz im Dörfchen Sandförstgen langsam in die Winterpause gleitet, bleibt die Erinnerung an eine weitere wunderbare Saison zurück. 

Was Simone und Gustav Schuster hier in der Oberlausitz geschaffen haben, ist mehr als nur ein Campingplatz – es ist ein Refugium für alle, die eine besondere Auszeit suchen und gleicherweise ein Platz für die Gemeinschaft, vor allem unter den jungen Menschen des Dorfes. Dass sie einmal einen solchen Ort betreiben würden, war ursprünglich gar nicht geplant. Es waren eine Mischung aus glücklichen Zufällen, ungebändigte Kreativität und die nicht zu leugnende Bauleidenschaft von Gustav Schuster, die diesen charmanten, etwas versteckten Platz entstehen ließen. Ein kleines Paradies, das Menschen erst auf der Landkarte suchen – und dann mit Begeisterung aufsuchen.

Anfang der 90er Jahre ist die Familie mit zwei Kindern in ein neu erbautes Haus auf ihrem Grundstück gezogen. Ihre Übergangswohnung, die sich die Schusters in der Scheune eingerichtet hatten, wurde nicht mehr benötigt. Nach ein paar Jahren Leerstand der Scheune sanierten sie die kleine Wohnung 1997 noch einmal, um sie als Ferienwohnung zu vermieten. „Wer soll sich denn hierher verirren?“, tuschelten nicht wenige Nachbarn. Gustav zählt zu den entspannten Zeitgenossen und lässt die Dinge gern laufen, wie sie kommen. Was kam, waren tatsächlich die ersten Gäste und einige Anfragen. Kurz entschlossen bauten die Schusters eine zweite, etwas größere Ferienwohnung in der Scheune aus. Gustav, Simone und die Kinder hatten viel Freude daran, immer neue Gäste kennenzulernen, denn Sandförstgen hat nicht einmal 100 Einwohner. 

Gustav, selbst gern mit dem Fahrrad auf Reisen, wollte nach den Ferienwohnungen in seinem kleinen Waldstück am Haus weitere Übernachtungsmöglichkeiten für Radfahrer schaffen, stieß aber an behördliche Grenzen. Daran war auch für einen Macher wie Gustav nichts mehr zu rütteln. Doch, wo andere vielleicht aufgehört hätten, fing es für die Schusters erst richtig an. Gustav kündigte einem Bauern den Pachtvertrag und hatte nun etwa einen Hektar Land, um sich zu verwirklichen. Anders, als viele erwartet hatten, baute er nicht in die Höhe, sondern erst einmal unter die Erde. Ein „Bunka“ entstand – mit Belüftung, Feuerstelle, gemütlichen Sitzmöglichkeiten, einer kleinen Bar und sogar einem angeschlossenen, kleinen Tunnelsystem zum Entdecken für die Kinder.

„Ich bin gelernter Maurer, Gewölbe haben mich schon immer sehr interessiert. Als ich im Baubetrieb arbeitete, haben wir in den Wintermonaten in den Ziegeleien die Brennöfen repariert oder auch neu hergestellt“, erzählt Gustav. „Ich wollte einfach mal den Ziegelgewölbebau ausprobieren und begann, Raum, den man für die Freizeit nutzen kann, unter die Erde zu bauen.“ Schnell wurde der „Bunka“ ein beliebter Treffpunkt für die mittlerweile vier Kinder der Familie und ihre Freunde, die sich im Jugendclub Sandförstgen e.V. zusammengetan haben. Auch beim Bauen war der Jugendclub beteiligt. Der „Bunka“ wurde ein beliebter Veranstaltungsort im ruhigen Dörfchen. Veranstaltungsreihen wie „Rock’n Wagon“ oder „Waldbeben“ lassen schon allein vom Namen her keinen Zweifel am lebendigen Club. Irgendwann platzte der „Bunka“ aus allen Nähten. Im Musikgeschmack sind sich die Familie und der Jugendclub einig. Der Wunsch nach einem richtigen Veranstaltungsort wurde schließlich laut und alle packten ein neues Projekt an.

In mehreren Jahren Bauzeit und ausschließlich mit eigenen Mitteln wurde eine Event-scheune mit Bar und Bühne gebaut. „Es dauerte sieben Jahre bis zur Fertigstellung. Mein Sohn war damals noch Architekturstudent und die Planung der Scheune eine Projektarbeit. Eine besonders große Herausforderung war das Stampfen der Lehmbatzen für die Wände. Aber die Jugendlichen waren mit großer Begeisterung dabei, das war dann ein Selbstläufer und ich brauchte mich nicht mehr darum zu kümmern,“ erinnert sich Gustav. Am Ende fehlten circa 3.000 Euro für die Schankanlage. Die Jugendlichen starteten eine Crowdfunding-Aktion, mit Erfolg. 
In der Scheune macht mit einem Augenzwinkern ein Plakat auf die Entstehungsgeschichte aufmerksam. Es ist täuschend echt den üblichen Hinweisen zur Fördermittelverwendung nachempfunden. Man muss es genau lesen, um die Ironie zu verstehen. Dann weiß man, dass kein Cent öffentlicher Gelder in die Scheune geflossen ist, Opa Willi mit viel Kraft und Zeit alles Schmiedeeiserne angefertigt hat und Simone Schuster alle Aktivitäten auf ihrem Land sehr geduldig mitträgt.

Ungefähr acht bis zehn Veranstaltungen finden jedes Jahr auf dem Gelände des Schusterhofs statt, die meisten davon mit Traditionscharakter – die Bands und das Publikum sind sich treu. Mittlerweile sind die Jugendlichen junge Erwachsene, der Jugendclub benannte sich letztes Jahr in Bunka e.V. um. Er hat 20 Mitglieder und die Veranstaltungen gehen weiter.
Neben Scheune und „Bunka“ sind über die Jahre einige weitere Bauten dazugekommen, alles in rustikaler, kreativer Holzbauweise und immer mit einem Mehrwert für Camper und Outdoor-Freunde gedacht. „So richtig geplant wurde nichts, ich habe eine Idee im Kopf, dann suche ich den Platz und baue los“, beschreibt Gustav das Wachsen des Campingplatzes. Es gibt ein Waschhaus mit Duschen und Toiletten, einige überdachte Kochstellen und eine überdachte Grillstelle. Vor einer mongolischen Jurte grasen ein Ziegenbock, ein Schaf und eine Minikuh als eingeschworene Herde. Wer nicht mit Zelt oder Bulli kommt, findet in der Jurte, in einem umgebauten Zirkuswagen und seit diesem Jahr in einem neu errichteten Ziegenstall mit Schlafboden und Strohbetten ein Dach über dem Kopf.

Für Gustav und Simone endet eine schöne Saison. Gutes spricht sich eben rum. „Wir haben viele Stammgäste aus den Städten, vor allem Dresden, Leipzig und Berlin. Wir machen keine Werbung und die Leute kommen trotzdem. Es sind weniger die komfortgewohnten Wohnmobilisten, eher die freiheitsliebenden Bulli-Familien, Radwanderer mit und ohne Zelt, Menschen, die alternative Lebensentwürfe bevorzugen, meist Familien mit Kindern, die hier unbeschwert allerlei auf Feld, Wald und Wiesen entdecken können. Oft werden Campingnachbarn zu Freunden. Sogar einen fußläufig erreichbaren Badesee gibt es im Dorf. Unsere drei Ponys sind sehr gefragt als Reittiere.“ Aber es kommen auch viele Gäste aus dem näheren Umland für ein Mikroabenteuer. Wer einmal die idyllische Atmosphäre erlebt hat, kommt gern wieder. Der Saisonabschluss wird auch dieses Jahr mit einem Halloweenfest für Groß und Klein gefeiert. Familie Schuster und der Bunka e.V. Sandförstgen sorgen am Freitag, 31. Oktober, ab 16.00 Uhr für die richtige Gruselstimmung und halten einige Herbstköstlichkeiten bereit. „Als versierter Besenbinder gebe ich natürlich mein Bestes, damit auch genügend Hexlein da sind“, schmunzelt Gustav Schuster.

Alle weiteren Veranstaltungen sind auf dem Instagram-Kanal des Vereins bunkagram_jcs zu finden, Infos zum Camping unter schusterhof_hohendubrau.

Bettina Hennig / 28.10.2025

Schlagworte zum Artikel

Was sagen Sie zu dem Thema?

Schreiben Sie uns Ihre Meinung

Die Mail-Adresse wird nur für Rückfragen verwendet und spätestens nach 14 Tagen gelöscht.

Mit dem Absenden Ihres Kommentars willigen Sie ein, dass der angegebene Name, Ihre Email-Adresse und die IP-Adresse, die Ihrem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, von uns im Zusammenhang mit Ihrem Kommentar gespeichert werden. Die Email-Adresse und die IP-Adresse werden natürlich nicht veröffentlicht oder weiter gegeben. Weitere Informationen zum Datenschutz bei alles-lausitz.de finden Sie hier. Bitte lesen Sie unsere Netiquette.

Weitere aktuelle Artikel