Direkt zum Inhalt springen
Info & Kommentare

Amerikaner belegt Hauptmanns Unschuld

Amerikaner belegt Hauptmanns Unschuld

Der US-amerikanische Anwalt Robert R. Bryan (Bild links) beschäftigt sich seit 30 Jahren mit Fall des 1936 – nach neuesten Erkenntnissen zu Unrecht – hingerichteten Kamenzer Auswanderers Bruno Richard Hauptmann. | Foto: Katrin Kunipatz

Kamenz. In Zukunft sollen die Kamenzer von Bruno Richard Hauptmann als einem Mann sprechen, der für die Gerechtigkeit eingestanden ist. So jedenfalls wünscht es sich Robert R. Bryan. Er sprach in dieser Woche über neue Erkenntnisse zur aus heutiger Sicht falschen Verurteilung des vermeintlichen Entführers und Mörders des Lindbergh-Babys in den 30er Jahren. Seit 30 Jahren beschäftigt sich der amerikanische Anwalt Robert R. Bryan mit dem Fall von Bruno Richard Hauptmann.

Der in die Vereinigten Staaten illegal eingewanderte Kamenzer wurde 1936 hingerichtet – wahrscheinlich zu unrecht. In dieser Woche weilte Bryan in Kamenz, um seine Erkenntnisse zum umstrittenen Urteil darzustellen und mit den Kamenzern über das Für und Wider der Todesstrafe zu sprechen.

Ein Zufall brachte den damals noch jungen Anwalt Bryan 1981 in Kontakt mit Anna Hauptmann, der Witwe von Richard Hauptmann. Robert R. Bryan traf die damals schon sehr betagte Dame in einem Vorort von Philadelphia, wo sie seit der Hinrichtung ihres Mannes lebte. Beide hatten in den Staaten Anfang der 30er Jahre geheiratet und waren Eltern eines kleinen Sohnes. "Sie bat mich die Wahrheit über ihren Mann herauszufinden", berichtet Bryan.

Zu diesem Zeitpunkt galt Richard Hauptmann als Entführer und Mörder des Lindbergh Babys. Der damals zwanzig Monate alte Sohn des Atlantiküberquerers Charles Lindbergh war im März 1934 aus

dem Elternhaus entführt worden. 50.000 Dollar Lösegeld übergab Lindbergh später durch einen Mittelsmann auf einem New Yorker Friedhof. Anfang Mai 1934 wurde das tote Baby gefunden. Zwei Jahre suchte die Polizei weltweit ohne Erfolg nach dem Entführer.

Im September 1934 wurde der seit über zehn Jahren in den USA lebende Richard Hauptmann festgenommen, weil er mit einem Geldschein bezahlte, der zum Lösegeld gehört hatte. Von einem Gericht wurde er des Verbrechens für schuldig befunden und zum Tod verurteilt. Bis zu seiner Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl im April 1936 beteuerte er seine Unschuld, schrieb unzählige Briefe an seine Mutter nach Kamenz und das Buch "Ich bin unschuldig! Ein Bekenntnis in der Todeszelle", das Paul Ebert 1936 in Kamenz verlegte.

Schon in den 30er Jahren gab es Zweifel an der Beweislage. Selbst Richard Hauptmann wunderte sich in einem Brief an seine Mutter, warum die Polizei seine Fingerabdrücke genommen hatte. Dass Polizei und FBI Fingerabdrücke des Erpressers auf der Lösegeldforderung gefunden hatten, war nie bekannt gemacht worden. "Hauptmann war nicht klar, wie nah er mit diesem Gedanken, der Lösung seines Falles war", sagt Anwalt Robert R. Bryan heute.

Denn seine und die Fingerabdrücke auf dem Erpresserbrief stimmten nicht überein, berichte Bryan, der in den vergangenen Jahren rund 200.000 Seiten Gerichtsprotokolle zu diesem Fall ausgewertet hat. Verurteilt wurde Hauptmann aber auch, weil der berühmte Charles Lindbergh – dessen Wort damals sehr viel Beachtung hatte – im Gerichtssaal seine Stimme, als die des Lösegeldempfängers auf dem Friedhof erkannt haben wollte.

Zuvor hatte er in einer Zeugenaussage jedoch angegeben, die Stimme aufgrund der Entfernung bei der nächtlichen Übergabe nicht identifizieren zu können. Robert R. Bryan ergänzt, es gäbe noch weitere Unstimmigkeiten. Augenblicklich arbeitet der Anwalt gemeinsam mit seiner Frau Nicole an einem Buch, um den letzten Wunsch von Anne Hauptmann umzusetzen, den Namen ihres Mannes reinzuwaschen.

Bryan sieht tatsächlich Möglichkeiten, Richard Hauptmann zu rehabilitieren und die öffentliche Meinung zu korrigieren. Öffentliche Stellen hätten gegenüber dem Anwalt bereits damalige Fehler zugegeben. Robert R. Bryan möchte, dass künftige Generationen die Wahrheit über den Kamenzer kennenlernen. "Er war ein Mann, der für die Gerechtigkeit eingestanden ist, obwohl er vom Tod bedroht war", sagt er.  Oberbürgermeister Roland Dantz, kann sich vorstellen, "in angemessener Form" am Wohnhaus des Kamenzers auf "dieses tragische Auswanderer-Schicksal" hinzuweisen.

Gleichfalls zeigt der "Fall des Jahrhunderts" – wie eine Fernseh-Dokumentation aus dem Jahr 1996 überschrieben ist – welche Probleme die Todesstrafe mit sich bringt. Der Amerikaner Robert R. Bryan wendet sich ausdrücklich gegen diese Art der Bestrafung. "Es ist immer falsch einen Menschen zu töten", sagt er und weist daraufhin, dass die Todesstrafe nicht allein ein Problem der Vereinigten Staaten ist. Beispielsweise in China, Saudi-Arabien und dem Irak werden Menschen für Verbrechen getötet. "Es muss gelingen Unschuldige vor dem Tod zu bewahren", fordert Bryan.

Redaktion / 14.01.2012

Was sagen Sie zu dem Thema?

Schreiben Sie uns Ihre Meinung

Die Mail-Adresse wird nur für Rückfragen verwendet und spätestens nach 14 Tagen gelöscht.

Mit dem Absenden Ihres Kommentars willigen Sie ein, dass der angegebene Name, Ihre Email-Adresse und die IP-Adresse, die Ihrem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, von uns im Zusammenhang mit Ihrem Kommentar gespeichert werden. Die Email-Adresse und die IP-Adresse werden natürlich nicht veröffentlicht oder weiter gegeben. Weitere Informationen zum Datenschutz bei alles-lausitz.de finden Sie hier. Bitte lesen Sie unsere Netiquette.

Kommentare zum Artikel "Amerikaner belegt Hauptmanns Unschuld"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. GoldenerReiter schrieb am

    Die US Bürger berufen ich doch angeblich in großer Mehrheit auf die Bibel und die christlichen Moralvorstellungen?

    "Mein ist die Rache, sprach der Herrn, ich will richten." (Altes Testament)
    "Richtet nicht, auf das ihr nicht gerichtet werdet."
    "Mit dem selben Maß mit dem ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden."
    "Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein."
    (Jesus - Neues Testament)

    Die Todesstrafe widerspricht diesen Aussagen, sie ist abstoßend und pervers.

    Aber selbst wenn wir die Todesstrafe als legitimes Recht einer Gesellschaft auf Rache und Selbstverteidigung ansehen. Was ist mit all den vielen Unschuldigen, die hingerichtet worden sind? Jeder unschuldig ermordete Bürger ist das beste Argument gegen die Todesstrafe.
    An all die netten Mitbürger, die jetzt argumentieren, dass sich solche Fehler leider nicht vermeiden lassen. Sehen sie die Sachlage auch immer noch so locker, wenn sie oder einer ihnen nahe stehende Person hingerichtet werden soll?

Weitere aktuelle Artikel