Neue Farbe für die alten Grenzsteine

Manche Pilarpaare – hier Nr. 15 – finden sich heute ohne Farbe versteckt im Dickicht wie hier hinter der Wassermühle Tauchritz am „Gut am See“ auf einem Privatgrundstück. Foto: Matthias Wehnert

Manfred Steinmann (links) aus Reichenbach hatte sich in den 90er- und 2010er-Jahren um die Sanierung von Grenzsteinen verdient gemacht. Hier beim Aufstellen restaurierter Pilare zwischen Reichenbach und Schöps, Höhe Abzweig Borda. Foto: Bernhard Donke
Region. Die grünen und schwarzen Granitquader kennzeichnen den früheren Grenzverlauf zwischen den Königreichen Preußen und Sachsen, der nach dem Wiener Kongress von 1815 die Oberlausitz auf circa 189 Kilometern teilte. Drei Grenzsteinpaare auf der DBU-Naturerbefläche Daubaner Wald wurden jüngst aufwendig restauriert und in den historischen Farben aufgearbeitet. „Wer sich heute durch den Daubaner Wald bewegt, ahnt nicht, dass hier noch vor 200 Jahren eine Landesgrenze verlief. So wie die Teiche und Heiden im Daubaner Wald an die historische Landnutzung erinnern, so sind die Grenzsteine Zeitzeugen der wechselvollen Geschichte der Oberlausitz“, sagt Susanne Belting, Fachliche Leiterin im DBU Naturerbe, einer Tochtergesellschaft der Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU).
Dauban hat nachgezogen
„Mit der Restaurierung der Grenzsteine betrachten wir neben der naturschutzfachlichen Perspektive auch die kulturhistorische Bedeutung bei der Entwicklung der Fläche“, erklärt sie. Dafür stimmte der Bundesforstbetrieb Lausitz im Vorfeld Maßnahmen mit der Denkmalschutzbehörde und dem Landesamt für Denkmalpflege ab. In Kleinstarbeit wurde zunächst der Zustand erfasst, um die Steine dann wieder gerade auszurichten und fest im Boden zu verankern sowie die Farbarbeiten auszuführen.
Weiß-Grün contra Schwarz-Weiß
„Die farbig gezackten Bordüren haben die historisch ursprüngliche Farbfassung: Für den preußischen Grenzstein mit schwarz-weiß gezackten Linien und für den sächsischen Grenzstein eine grün-weiße Bordüre“, erläutert Gunda Hanke, Revierleiterin beim Bundesforstbetrieb Lausitz. Entlang der Ostseite des Elchgeheges im Süden der DBU-Naturerbefläche können Besucher das Steinpaar mit der Nummer 72 gut vom Weg erkennen. Auch im benachbarten Revier von Günther Körner stehen weitere Zeitzeugen der Oberlausitzer Geschichten, die das DBU Naturerbe ebenfalls restaurieren wird.
Nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft waren die Grenzen Europas auf dem Wiener Kongress vom 18. September 1814 bis zum 9. Juni 1815 neu festgelegt worden. Sachsen, das an der Seite Napoleons gekämpft hatte und somit zu den Unterlegenen gehörte, musste auf Beschluss der Siegermächte fast zwei Drittel seines Territoriums abtreten.
Grenzziehung von 1815 formte die Region neu
Nahezu alle diese Gebiete wurden Preußen zugeteilt. Ein Großteil ging in der preußischen Provinz Sachsen auf und bildet heute Teile des Landes Sachsen-Anhalt. Der östliche Abschnitt dieser provinzsächsischen Gebiete mit Herzberg (Elster), Bad Liebenwerda, Elsterwerda und Lauchhammer kam durch die rein funktionale Zugehörigkeit zum Bezirk Cottbus zu Zeiten der DDR 1990 dann jedoch ahistorisch zu Brandenburg.
Innerhalb der Oberlausitz, die nun ab 1815 einen sächsischen und einen preußisch-schlesischen Teil hatte, verlief die Grenze von Osten kommend an der Wittig (Witka) quer durch die Oberlausitz und traf bei Strehla auf die Elbe. Hier zog sich weiter westlich bis Schkeuditz und endete schließlich südlich von Leipzig an der heutigen Grenze zu Sachsen-Anhalt. Diesen historischen Grenzzustand kann man noch heute am Gebietsstand der Kirchenprovinzen von Sachsen und Brandenburg nachvollziehen, die die späteren funktionalen Änderungen nicht miterlebten.
Eine erste Markierung der neu geschaffenen Grenzlinie erfolgte bereits 1815 durch paarweise aufgestellte Holzpfähle. Die Abstände zwischen den Grenzzeichen waren nicht einheitlich, sondern nahmen Bezug auf örtliche Gegebenheiten wie Gräben, Flüsse oder Fahrwege und variierten zwischen 200 und 4.350 Metern. Ab 1828 ersetzte man die hölzernen Grenzpfähle sukzessive durch wesentlich solidere Grenzsteine, deren Gestaltung auf preußische Entwürfe zurückgeht und die als Pilare (spanisch „Säule“) bezeichnet werden. Dabei können vier Arten von Grenzsteinen unterschieden werden.
Die „Pilare“ sind von Ost nach West durchnummeriert
Sie sind von Ost nach West nummeriert, wobei die Zählung an der Elbe neu beginnt (rechtselbisch Grenzsteine Nr. 1 – 212, linkselbisch Nr. 1 – 74). Östlich der Elbe sind die Steine zwischen Nr. 1 und Nr. 82 zunächst als Granitquaderpaar ausgebildet, zwischen denen ein Läuferstein den genauen Grenzverlauf markiert. Von Nr. 82 bis 148 stehen Pyramidenstümpfe direkt auf der Grenzlinie. Danach wechseln die Formen unsystematisch zwischen schlanken Sandsteinstelen und Pyramidenstümpfen mit Plinthen. Wesentliche Erkenntnisse zum Verlauf der ehemaligen sächsisch-preußischen Grenze haben mehrere ehrenamtliche Heimatforscher zusammengetragen oder Sanierungen vorgenommen. Unter solchen Aktivisten ist auch der im Foto zu sehende Manfred Steinmann zu nennen, der etwa auch zwischen Buchholz und Gebelzig stehende Grenzsteine sanierte.
Der Daubaner Wald im Wandel der Zeiten
Die rund 3.200 Hektar große DBU-Naturerbefläche Daubaner Wald, in der nun Grenzsteinrenovierungen erfolgten, gehört zum UNESCO-Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft und ist Teil des Nationalen Naturerbes. Das DBU Naturerbe übernahm die Fläche 2013 vom Bund und widmete sie dem Naturschutz. Bis 1967 wurde die Fläche vor allem forstwirt-schaftlich genutzt. Anschließend diente das Gelände der Nationalen Volksarmee als Truppenübungsplatz und dabei vor allem als Schießplatz und zur Fahrausbildung. Von 1990 bis 1993 nutzte die Bundeswehr die Liegenschaft. Heute ist der Daubaner Wald der naturschutzfachlichen Entwicklung gewidmet, mit der Erhaltung von Heide- und Grünlandbiotopen und der Wiedervernässung von Mooren.