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Braucht Bautzen wirklich eine neue Grundschule?

Braucht Bautzen wirklich eine neue Grundschule?

Die Tage des DDR-Plattenbaus sind gezählt: In Göda soll eine neue Grundschule aus dem Boden gestampft werden. Im benachbarten Bautzen gibt es inzwischen Stimmen, die dafür plädieren, daraus ein Gemeinschaftsprojekt mit der Spreestadt werden zu lassen.

Bautzen. Es wird einmal mehr diskutiert in Bautzen – und zwar über die Sinnhaftigkeit eines neuen Grundschulstandortes in der Spreestadt. Vor dem Hintergrund sinkender Geburtenzahlen und auch einer schwindenden Anzahl von Frauen im gebärfähigen Alter sehen Kritiker inzwischen keine akute Not-wendigkeit mehr für den Bau einer weiteren Bildungseinrichtung gegeben. Vielmehr wird dafür plädiert, im benachbarten Göda eine neue Grundschule zu errichten. Dafür hatte sich der dortige Gemeinderat bereits ausgesprochen. Zudem ist noch vor der parlamentarischen Sommerpause ein gemeinsamer Schulbezirk beschlossen worden. Die Anmeldungen für den Einschulungsjahrgang 2019 seien bereits erfolgt, hieß es auf Anfrage aus dem Bautzener Rathaus. Ab dem nächsten Schuljahr gilt die Regelung, dass Kinder aus dem gesamten Stadtgebiet auf Wunsch in Göda den Unterricht besuchen können und Schüler aus der Nachbargemeinde wiederum den in Bautzen. Indes weist Bürgermeister Gerald Meyer darauf hin, dass es zum Thema „Gemeinsamer Grundschulstandort“ bis heute keine offiziellen Gespräche zwischen Bautzen und Göda gab. „Nachdem vor einigen Jahren die Gödaer Mittelschule außer Funktion ging, ist der Bestand der Grundschule am Standort Göda von höchster Bedeutung und Mindestziel für die Einwohner unserer Gemeinde. Im Schuljahr 2018/19 lernen in der Grundschule Göda 168 Mädchen und Jungen in acht Klassen. Davon stammen 58 Kinder aus Ortsteilen von Bautzen.“ Im Vergleich zu der geplanten Bildungseinrichtung auf der Perfecta-Brache in unmittelbarer Nähe des Bautzener Bahnhofes würde in Göda ein zweizügiger Schulhausneubau samt Hort-räumen und Mensabereich weitaus weniger Kosten verursachen, so das Gemeindeoberhaupt. Lediglich bis zu sechs Millionen Euro werden auf Grundlage einer Grobschätzung benötigt. Eine Turnhalle, die ihren Zweck erfülle, existiere neben dem Gemeindeamt.

Bis zum Jahresende soll Klarheit darüber herrschen, an welchem Standort der Neubau der Grundschule erfolgt.
Vorgesehen ist, dass dort einmal bis zu 200 Erst- bis Viertklässler unter anderem das Lesen und Rechnen erlernen.

Zurück in die Spreestadt. Für die angedachte Errichtung eines weiteren Schulhauses samt Hort, Schulrestaurant, Turnhalle und Außenanlagen hat das beauftragte Planungsbüro nach Auskunft von Finanzbürgermeister Dr. Robert Böhmer Kosten in Höhe von knapp 19 Millionen Euro ermittelt. Dabei wäre ein Eigenanteil von rund zwölf Millionen Euro aufzubringen, erläuterte er in einem früheren Interview mit dem Oberlausitzer Kurier. Demnach war das erklärte Ziel, bis zum Jahr 2024 das Vorhaben über die Bühne zu bringen. Inzwischen jedoch betont der Mitarbeiter der Stadtverwaltung, dass es in Hinblick auf ein mögliches Vorhaben dieser Größenordnung noch keine Entscheidung gibt. „Wir wollen in der Stadtratssitzung am 24. Oktober eine Informationsvorlage unterbreiten. Dabei werden wir alle Fakten auf den Tisch legen.“ Die Stadt mache sich die Entscheidung keinesfalls leicht, fügte er hinzu. „Aktuell stellen wir weitere Daten zusammen und werten diese aus. Dabei geht es nicht darum, irgendetwas schön oder schlecht zu rechnen. Vielmehr betrachten wir unter anderem die Demografie und Wanderungsbewegungen.“ In diesem Zusammenhang offenbart sich nach Einschätzung von Robert Böhmer ein Versäumnis der letzten Jahre. Bautzen benötige dringend ein Wohnkonzept, um langfristig der Abwanderung entgegentreten zu können. „Daran arbeiten wir gerade. Natürlich muss die hohe Investition in eine neue Grundschule auch zwingend im kommunalen Haushalt berücksichtigt werden. Die Entscheidungsfindung ist also sehr komplex. Aktuell sind noch sämtliche Möglichkeiten offen.“ Spekulationen und Emotionen allein seien bei einer Entscheidung dieser Tragweite keine guten Ratgeber. „Erst nachdem wir den Stadtrat über den Stand unserer Erkenntnisse und die Faktenlage informiert haben, ist eine tatsächliche Entscheidung möglich, ob, wie, wo und wann gebaut werden kann beziehungsweise muss.“

Parallel dazu wartet noch ein ganz anderes Projekt auf seine Umsetzung. Die Allende-Oberschule bedarf einer umfangreichen Verjüngungskur. „Diese ist notwendig, da Anfang der 90er Jahre lediglich eine Teilsanierung erfolgte“, erklärt Robert Böhmer. Ein Ersatzneubau für die Turnhalle werde ebenfalls priorisiert, da alles andere nicht wirtschaftlich sei. Die Stadtverwaltung rechnet mit Kosten von ungefähr 7,7 Millionen Euro. Die Fünft- bis Zehntklässler sollen während der Bauphase an die Gagarin-Straße im Stadtteil Gesundbrunnen umziehen. Dort befindet sich ein Schulgebäude, das zuletzt den Fichtegrund-schülern als Interimsobjekt diente. Was mit dem Komplex nach 2024, wenn alle städtischen Lerntempel auf Vordermann gebracht sind, passiert, scheint noch nicht ganz klar zu sein. Robert Böhmer: „Über den momentan geplanten Nutzungszeitraum als Interimsschule hinaus können bislang keine genaueren Angaben getroffen werden.“

Fazit: Das Zahlenmaterial unterm Strich betrachtet gibt den Kritikern durchaus Recht.
Wenn sich in einem gemeinsamen Grundschulbezirk anderenorts ein Schulhausbau deutlich günstiger bewerkstelligen lässt, sollte diese Variante auch ernsthaft in Betracht gezogen werden. Dem hält Robert Böhmer entgegen: Jede Kommune ist für eine Beschulung selbst verantwortlich.

Roland Kaiser / 22.09.2018

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