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Die letzte Ruhe 
unter einem Baum

Die letzte Ruhe 
unter einem Baum

Mit dem gelben Bändchen markiert Katrin Linke einen der als Ruheplätze im Bestattungswald vorgesehenen Bäume.

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Katrin Linke zeigt auf den Teil des Spitzberges, der als Bestattungswald dienen wird.

Bald ist es so weit: Am 28. September wird der erste ostsächsische Bestattungswald eröffnet. Er umfasst den Schlosspark von Deutsch-Paulsdorf (Gemeinde Markersdorf) und Teile des nahe gelegenen Spitzberges.

Deutsch-Paulsdorf. Auf den ersten Blick ist es ein Park wie jeder andere. Breite, ausgetretene Wege führen um einen kleinen Teich herum, auf dem Enten schwimmen. In einen weiteren, etwas unberührter erscheinenden Teil führen nur schmale Trampelpfade.

Doch etwas ist anders als in jedem beliebigen Park: An einigen Stämmen hängen gelbe und blaue Bänder. „Sie kennzeichnen die Bäume, unter denen Bestattungen möglich sind“, erklärt Katrin Linke. Die Deutsch-Paulsdorferin befindet sich hier an ihrem künftigen Arbeitsplatz, denn: Als „Friedwald-Försterin“ wird sie Interessenten, die sich unter einem der Bäume im Schlosspark oder auch auf dem Spitzberg bestatten lassen wollen, als erste Ansprechpartnerin zur Verfügung stehen.

Die Idee des Bestattungswaldes ist nicht neu, hat aber im Osten Deutschlands noch keine weite Verbreitung gefunden. Sie beruht darauf, dass man sich nach dem Ableben an einem zwar geschützten, aber doch naturnah belassenen Ort zur Ruhe betten lassen kann. Aufwändiger Grabschmuck und Steine sind tabu, lediglich ein Namensschild erinnert an die Verstorbenen.

Die Grabstelle gehört der Natur und sieht wenige Tage nach der Bestattung wieder so aus wie davor. Initiator ist der Deutsch-Paulsdorfer Schlossherr Gotthard von Wallenberg-Pachaly, der als Betreiber die deutschlandweit tätige Friedwald GmbH gewonnen hat.

Und Ansprechpartnerin vor Ort ist – wie gesagt – Katrin Linke. Eine lebenslustige, freundliche Frau, die gern lacht und ganze Romane über den Deutsch-Paulsdorfer Schlosspark zu berichten weiß. Beispielsweise, dass dieser einst für seine Parkfeste weit über die engere Region hinaus bekannt war. Als Ortschronistin ist Katrin Linke besser als irgendjemand sonst mit der Geschichte und den Besonderheiten der Lokalität vertraut.
Für sie ist der Park Heimat, „hier habe ich als Kind gespielt und fast alle meine Familienfeiern veranstaltet. Ich liebe diesen Ort.“ Und warum, meint sie, sollte sich der Kreis nicht auch einmal, in ferner Zukunft, hier schließen?

„Jedenfalls bin ich sehr glücklich darüber, dass der Park eine Perspektive hat, und möchte gern daran mitarbeiten. Als es hieß, dass es einen neuen Besitzer für Schloss und Park gibt, standen zunächst viele Ängste im Raum“, berichtet Katrin Linke.

Manch ein Neu-Schlossherr hatte ja nichts eiligeres zu tun, als einen Zaun rings um sein Eigentum zu errichten und die Öffentlichkeit auszusperren. Nicht so in Deutsch-Paulsdorf: „Herr von Wallenberg-Pachaly machte sofort deutlich, dass der Park ein Park und öffentlich zugänglich bleiben soll. Auch die von der Dorfgemeinschaft genutzten Räume im Schloss sind erhalten geblieben.“ Und dies kommt nun auch dem künftigen Bestattungswald zugute, eignet sich doch der Feierraum im früheren Konsum bestens für weltliche wie auch konfessionelle Abschiedsfeiern.

Nach der Eröffnung des ersten ostsächsischen Bestattungswaldes wird man zunächst zwischen 80 Bäumen im Schlosspark und weiteren 100 auf dem Spitzberg wählen können. Je nach örtlicher Gegebenheit stehen an jedem Baum zwischen zwei und 20 Urnen-Bestattungsplätze zur Verfügung. Eine immense Zahl, die freilich zu der Frage führt: Gibt es denn überhaupt eine so große Nachfrage? „Es geht ja nicht darum, möglichst schnell möglichst viele Bäume zu belegen, sondern eine vielfältige Auswahl zu bieten“, antwortet Katrin Linke darauf. Und dass Bestattungswälder Anklang finden, zeigt in der Praxis jede neu eröffneten Anlage. Eine Besonderheit stellt der Sternschnuppenbaum dar, an dem Sternenkinder kostenfrei bestattet werden können. Eltern, deren Kinder bis zum dritten Lebensjahr oder in einem Hospiz verstorben sind, zahlen lediglich die Beisetzungskosten.
An zwei Samstagen im Monat wird Katrin Linke nach der Eröffnung öffentlich durch die Anlage führen; dies ist der vorgesehene Weg, um den Erstkontakt herzustellen. Die konkreten Formalitäten werden dann selbstverständlich individuell und diskret verhandelt.

 

Uwe Menschner / 03.09.2018

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