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Ein Anbau für die Görlitzer Stadthalle

Ein Anbau für die Görlitzer Stadthalle

Die Mitglieder des Freundeskreis starten vielfältige Aktivitäten für die Wiederbelebung der Stadthalle. Ein Anbau könnte den Bemühungen Schwung verleihen.

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Nicht auf dieser – der Schauseite – sondern auf der neißezugewandten „Lieferantenseite“ soll der Anbau entstehen.

Das bereits vor fünf Jahren beschlossene Teilprojekt wurde jetzt erstmals konkretisiert. Wann es zur Realisierung kommt, ist jedoch noch völlig unklar.

Görlitz. Manch einer mag sich verwundert die Augen gerieben haben: Da ist so schon kaum Geld für die Sanierung der Görlitzer Stadthalle vorhanden, und dann wird auch noch über einen Anbau diskutiert? Doch diese Idee ist keineswegs neu, sondern aktuelle Beschlusslage des Görlitzer Stadtrates, gefasst im Mai 2012.

„Dass wir bisher damit noch nicht vorangekommen sind, liegt an fördertechnischen Fragen“, erklärt der für Bauangelegenheiten zuständige Bürgermeister, Dr. Michael Wieler (parteilos). Die Planung für den Anbau, der die Stadthalle auf der Neißeseite ergänzen soll, liege mittlerweile jedoch vor und sei reif, der Öffentlichkeit vorgestellt zu werden.

Und so präsentiert Projektleiter Manuel Auster vom städtischen Hochbauamt einen auf den ersten Blick gesichtslos wirkenden Glaswürfel, der sich auf der „Lieferantenseite“ scheinbar an die Stadthalle schmiegt. „Scheinbar“ deshalb, weil zwischen beiden Baukörpern ein Spalt von fünf Metern klafft. Eng genug, um alles aus der Entfernung als Einheit wirken zu lassen; breit genug, um eine „Beeinträchtigung“ der historischen Fassade zu vermeiden. „Damit befinden wir uns im Einklang mit der Denkmalschutzbehörde, die diese Lösung okay findet“, so der Bauingenieur in städtischen Diensten. Lediglich ein schmaler Steg verbindet beide Gebäude zu einem Komplex. Doch wozu beschäftigt man sich nun mit diesem Anbau, wenn in den nächsten Jahren eh nur am kleinen Saal „herumgedoktert“ werden soll? „Er sorgt erst für die Aufenthaltsqualität, die nach den heutigen Standards in einem Veranstaltungshaus erwartet werden“, erklärt Daniel Auster. Die Stadthalle in ihrer ursprünglichen Form verfügt nämlich kaum über „Wandelflächen“ – Bereiche also, in denen die Besucher in den Pausen, mit dem Sektglas in der Hand, flanieren und sich begegnen – also „herumwandeln“ – können. Auch an Vorbereitungs- und Aufstellflächen für die bei Veranstaltungen unverzichtbaren Caterer mangelt es, ebenso an Umkleidemöglichkeiten für Künstler. Insbesondere, wenn diese in Orchesterstärke auftreten. „Grundsätzlich neue Funktionen kommen mit dem Anbau nicht“, betont Manuel Auster.

Allerdings könne dieser auch autark – also ohne gleichzeitige Nutzung des Haupthauses – betrieben werden. Die Kosten für ihn beziffert der Bauingenieur mit circa drei Millionen Euro, also etwa zehn Prozent des Budgets für die Gesamtsanierung. Mit dem Anbau könne die Halle wesentlich rentabler betrieben werden als ohne ihn. Wann das Geld allerdings tatsächlich zur Verfügung steht, ist noch völlig unklar.
Doch wie stehen die Görlitzer zu dem Projekt? Eine unlängst stattgefundene Informationsveranstaltung vermittelte den Eindruck, dass die Argumente für den Anbau durchaus nachvollzogen werden und auf breite Zustimmung stoßen, auch wenn es zur Gestaltung geteilte Meinungen gibt. Selbst von einem „hässlichen Klotz“ ist da die Rede. Dazu erklärt Bürgermeister Michael Wieler: „Der Entwurf findet die Zustimmung der Denkmalschutzbehörde, da er sich bewusst von der historischen Bausubstanz abhebt und nicht versucht, diese zu imitieren.“ Selbst an der Semperoper könne man ähnliches beobachten. Und über Geschmack ließe sich ohnehin nicht streiten. Wesentlich gereizter hingegen reagiert der „zweite Mann in der Verwaltung“ auf Andeutungen, die in die Richtung zielen, die Stadt würde die vorhandenen Fördermöglichkeiten nicht optimal ausnutzen: „Glauben Sie wirklich, das Geld liegt auf der Straße, und wir sind nur zu dumm, es aufzuheben? Die Stadt Görlitz ist nicht in der Lage, sich selbst zu finanzieren. Wir sind darauf angewiesen, dass andere uns das Geld geben. Dafür brauchen wir politische Mehrheiten, und das kann noch viele Jahre dauern.“ Dass nach aktuellem Stand kein Görlitzer mehr Mitglied einer Regierungskoalition in Berlin ist, erschwere die Situation. Und noch etwas schleudert Michael Wieler denen entgegen, die etwas anderes behaupten: „Die Stadt Zgorzelec hat nie die Bereitschaft erklärt, sich an der Finanzierung zu beteiligen.“ Absagen erteilt er sowohl dem Ansinnen, die Stadthalle als „Kreativzentrum“ mit festen Nutzungen zu etablieren, als auch der Vorstellung, man könne sie mit „weniger als hundert Veranstaltungen im Jahr“ betreiben: „Das ist völlig illusorisch.“

Uwe Menschner / 28.02.2018

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