Direkt zum Inhalt springen
Info & Kommentare

Ein Jahr mit nur vier Jahreszeiten

Ein Jahr mit nur vier Jahreszeiten

Aus einer anderen Zeit: Faschingsumzüge, so wie hier vor mehreren Jahren in Schirgiswalde, sind 2020/21 unmöglich. Foto: Archiv

Region. Der 11.11. ohne Schlüsselübergabe in Elstra und Pulsnitz? Kein Faschingsumzug in Königsbrück zum Rosenmontag? Dies war in den vergangenen Jahren, ja Jahrzehnten undenkbar. 2020 ist ein Jahr mit nur vier Jahreszeiten – die fünfte Jahreszeit (die ja auch den Zeitraum bis zum Faschingsdienstag am 16. Februar 2021 umfasst) fällt in diesem Jahr aus. Und auch im Frühjahr fielen ja schon zahlreiche lieb gewonnene Veranstaltungen dem vermaledeiten Virus zum Opfer. „Nehmen Sie Abstand von Großveranstaltungen in Sälen mit großen Menschenansammlungen, organisieren Sie keine Umzüge in stark bevölkerten Gemeinden und Ortschaften. Befolgen Sie die allgemein gültigen Regeln zur Vermeidung der Corona-Ansteckungsgefahr“, appellierte der Präsident des Bundes Deutscher Karneval e.V., Klaus-Ludwig Fess, noch vor der Verkündung des November-Lockdowns an die Mitgliedsvereine deutschlandweit. 

Im selben Zuge warnte er, dass „Alkoholkonsum nicht unbedingt förderlich für vernünftiges und kontrolliertes Verhalten“ sei. Fess sieht durch die lang andauernde Unsicherheit, ob und wann wieder Veranstaltungen stattfinden können, und die Notwendigkeit, längerfristige Verträge mit Vermietern von Festsälen abzuschließen, „im Falle der Absage ohne Zweifel Existenz gefährdende finanzielle Notlagen für Vereine und Verbände.“ 
Auf Rosenmontagszüge, schätzte Klaus-Ludwig Fess bereits im Oktober ein, werde man wohl in dieser Saison verzichten müssen. Der Präsident des Bundes Deutscher Karneval weist aber auch auf die Folgen für den karnevalistischen Tanzsport hin, die in der Absage der Deutschen Meisterschaften im März 2021 in Köln gipfeln. „Es steht zu befürchten, dass die momentanen Umstände negative Auswirkungen auf unsere Jugend- und Kinderarbeit haben. Denn es wird ja allzu oft übersehen, dass der Bund Deutscher Karneval nicht nur für Jubel, Trubel, Heiterkeit steht, sondern auch ein beträchtliches Maß an Jugend-und Kinderarbeit für die Gesellschaft erbringt. Hier ergeht es uns wie anderen Verbänden und Organisationen, was zugegebenermaßen kein Trost ist“, resümiert Klaus-Ludwig Fess.

Karnevalisten der Region geben nicht auf

Doch wie reagieren nun die Vereine der Kamenzer Region auf diese Situation? Der Königsbrücker Carneval-Club (Schlachtruf: Tschako-Hopp!) hat bereits seine gesamte 46. Saison einschließlich des großen Umzugs (es wäre der 40. gewesen) abgesagt. „Es war die erste Amtshandlung des neuen Vorstands“, berichtet die neu gewählte Präsidentin Josephine Gloger. Und weiter: „Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben – so hoffen wir doch, all das im kommenden Jahr nachzuholen. Doch wer denkt, der KCC macht Pause, der irrt sich. Unsere Garden trainieren natürlich weiter (sobald es wieder unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen möglich ist) und wir werden versuchen, das Vereinsleben trotz alledem aufrecht zu erhalten sowie die Zeit miteinander zu nutzen, um miteinander zusammenzuwachsen und Dinge aufzuholen.“ 
Noch nicht ganz so weit reichend sind die bisherigen Entscheidungen des Karnevalsvereins Elstra (Schumlau ahoi!). „Wir geben die Hoffnung nicht auf und hoffen natürlich, dass wir im Februar ’21 wieder Veranstaltungen durchführen können, wenngleich es im Moment nicht danach aussieht“, teilt der Verein auf Anfrage mit. Weiter berichtet er: „Am schlimmsten trifft es die Kinder, die haben trainiert und sich so darauf gefreut, am 11.11. ihr Können zu zeigen. Unsere größte Angst ist, dass uns die Mitglieder abspringen, wenn es kein Vereinsleben mehr geben darf.“ 

Und stellt die Frage: „Natürlich verstehen wir, dass es Regeln geben muss, aber warum darf der Profisport mit seinen großen Gehältern weiter trainieren und spielen, und den kleinen gemeinnützigen Vereinen wird alles verboten? Es wird für uns alle negative Auswirkungen haben, sowohl finanziell, als auch menschlich. Schade wir sind Karnevalisten mit Leib und Seele und unser Wunsch ist es immer den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern und die Sorgen des Alltags mal für ein paar Stunden zu vergessen.“ 

Prunksitzung statt Tanzveranstaltung

Für den Pulsnitzer Karnevalsverein (PUKAVA) schreibt Präsident Oliver Lüttke: „Wir als Pulsnitzer Karnevalsverein planen in der aktuellen Saison zwei Veranstaltungen im Rödersaal in Großröhrsdorf. Die erste Faschingsveranstaltung findet am Samstag, 6. Februar 2021, und die zweite am darauf folgenden Samstag, 13. Februar 2021, statt. Den Kinderfasching müssen wir Stand jetzt leider ausfallen lassen. Unter den aktuellen Bestimmungen ist es leider nicht möglich davon auszugehen, dass wir eine Tanzveranstaltung durchführen können. Also haben wir uns dazu entschieden, anders als die anderen Jahre, eben eine Prunksitzung draus zu machen. Das heißt: ein fester Sitzplatz oder eben Stehplatz ohne Tanzfläche, aber dafür mit sehr viel buntem und lustigem Programm. 
Und weiter: „Es ist keine Befürchtung, sondern leider schon traurige Gewissheit, dass die Coronapandemie längerfristige Auswirkungen auf den Karneval haben wird. So musste leider der eine oder andere Verein bereits aufgeben bzw. steht am Rande des Ruins. Wie allgemein in der Kunst- und Kulturbranche gab es hier gar keine Unterstützung oder Hilfen von Seiten der Regierung. Eine Jugendarbeit ist immens schwer, denn es gibt kaum Auftrittsmöglichkeiten für die jungen Tänzerinnen. 
Ob die Saison 2021/22 wieder ganz normal läuft wäre mehr als wünschenswert, aber ist jetzt absolut nicht abschätzbar. Wir als Pulsnitzer Karnevalsverein bleiben optimistisch und versuchen uns bestmöglich in diesen schweren Zeiten mit anderen Vereinen auszutauschen und vor allem untereinander zu helfen, wo Hilfe gebraucht wird.“ Und endet mit dem Schlachtruf: „Pukava, Schau, Schau!“ 
Der Oberlichtenauer Karnevalsclub (OLIKA und Buddha-HU) plant für diese Saison keine Veranstaltungen mehr. Vorstandsmitglied Susan Richter teilt mit: „Da wir im letzten Jahr unser 66. Jubiläum mit dem Motto ’Zum 66. – so soll es sein – lädt OLIKA zur Party ein’“ gefeiert haben, wäre zwar ein Motto für die kommende Saison schnell gefunden, wir hätten einfach einen zweiten Teil unserer Party zum 66. dran gehangen, aber dies ist unter den gegenwärtig geltenden Hygienemaßnahmen und – auflagen, sowie Abstandsgeboten schlichtweg nicht möglich.
Da wäre zum einen der Saal zu dekorieren, mit den Aufbauarbeiten beginnen wir sonst immer gleich nach Silvester, und es wäre ein Programm einzustudieren. Da jedoch nicht absehbar ist, inwieweit es dann wieder kurzfristig Lockdowns oder andere Maßnahmen geben wird, werden wir uns den Aufwand für diese Saison sparen.
Besonders traurig sind wir darüber, dass unsere Tanzmädels nirgends auftreten können. Sie haben bis vor wenigen Wochen fast das ganze Jahr durchweg fleißig trainiert und haben nun keine Möglichkeit, ihre einstudierten Tänze vorzuführen. Selbst die Karnevalseröffnung am 11.11., die wir die letzten Jahre gemeinsam mit dem PUKAVA durchgeführt haben, konnte in diesem Jahr nicht stattfinden.“ 

Und zu den Zukunftsperspektiven erklärt sie: „ Wie es dann (ab 2021/22, d.Red.) weiter gehen wird, können wir leider noch nicht vorhersehen. Aber wir hoffen, dass alle Mitglieder und Karnevalsfreude weiter zur Stange halten und, sobald wieder Fasching gefeiert werden darf, mit noch größerer Motivation dabei sind. Wir sind ein Karnevalsverein, der aus den Eintrittsgeldern zu den Karnevalsveranstaltungen seine Einnahmen bezieht. Kosten wie Raummieten, Versicherungen und auch GEMA, laufen weiter. Auf Dauer könnte das also schwierig für uns werden. Wir hoffen selbstverständlich, dass die Saison 2021/2022 wieder stattfinden kann und blicken positiv in die Zukunft.“

Anregungen für alternative Formate

Der Bund Deutscher Karneval gibt im Übrigen auch Anregungen für alternative Formate in der Corona-Zeit. „Platzkonzerte unter Einhaltung von Abstandsregeln und digital präsentierte karnevalistische Unterhaltung sollen möglich sein“ schrieb Präsident Klaus-Ludwig Fess (allerdings noch vor der Verkündung des Teil-Lockdowns). 
Der Präsident des Karnevalsclub Demitz-Thumitz, Volkmar Sowinsky, spricht sicher all seinen Kollegen aus dem Herzen, wenn er ausführt: „Wir können an dieser Stelle nur versichern – wir lassen uns nicht unterkriegen, halten weiterhin zusammen und werden die bereits getroffenen Vorbereitungen nutzen, um für Alle eine sensationelle Saison 2021/2022 präsentieren zu können.“ 

Uwe Menschner / 17.11.2020

Was sagen Sie zu dem Thema?

Schreiben Sie uns Ihre Meinung

Die Mail-Adresse wird nur für Rückfragen verwendet und spätestens nach 14 Tagen gelöscht.

Mit dem Absenden Ihres Kommentars willigen Sie ein, dass der angegebene Name, Ihre Email-Adresse und die IP-Adresse, die Ihrem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, von uns im Zusammenhang mit Ihrem Kommentar gespeichert werden. Die Email-Adresse und die IP-Adresse werden natürlich nicht veröffentlicht oder weiter gegeben. Weitere Informationen zum Datenschutz bei alles-lausitz.de finden Sie hier. Bitte lesen Sie unsere Netiquette.

Weitere aktuelle Artikel