„Ein Ruhmesblatt für die Dorfgeschichte“

Die gewaltige Flut am 7. August 2010 vernichtete den Dorfklub in Drausendorf. Aufgrund der Holzbauweise war abzusehen, dass die Grenzerbaracke nicht mehr aufgebaut werden konnte. Foto: privat
Rainer und Angelika Ehrentraut haben eine Chronik über den Dorfklub Drausendorf in dem mittlerweile längst totgesagten Ort geschrieben. Werner Schnuppe hatte dazu die Anregung gegeben.

Am einstigen Standort der Grenzerbaracke in Drausendorf befindet sich seit mehreren Jahren ein Rastplatz für Wanderer und Radfahrer. Foto: Steffen Linke
Drausendorf. Der Bürgermeister von Drausendorf von 1965 bis 1968 und Bürgermeister der Stadt Zittau von 1972 bis 1977 hatte bei einem Besuch 2019 Rainer Ehrentraut geraten: „Schreib’ das auf, das ist die Sache wert, auch wenn es vielleicht schwierig erscheint...“. Werner Schnuppe ging es wohl darum, mit dieser Chronik die die Geschichte von Drausendorf am Leben zu halten sowie die Identität und Stolz zu dem mittlerweile krass verwaisten Ort zu stärken und auch nach vorn zu schauen.
Einen ganzen Winter lang hat der ehemalige Chef des Dorfklubs Drausendorf seine Erinnerungen ab den 60er-Jahren bis zum Hochwasser im August 2010 niedergeschrieben. Es sei eigentlich ganz flott von der Hand gegangen, sagt er im Nachhinein. Seine Frau Angelika habe dazu Aufzeichnungen und Fotos zur Verfügung gestellt.
Der Dorfklub Drausendorf hat die alte Grenzerbaracke in schon besagter Zeit zu einer Kulturoase gemacht. Von innen und außen. Von vorn und hinten. Von oben und unten. Mit allem Drum und Dran und ganz viel Herzblut. Von den vielen kulturellen Highlights bis hin zu den Renovierungsarbeiten. Der Autor hat quasi detailgetreu jede Veranstaltung aufgelistet, wer die Musik gemacht hat, wer Dienst hatte, wer das Buffet lieferte, wie viel Gäste kamen... Damit sei damals ein tolles Gemeinschafts- und Zusammengehörigkeitsgefühl im Ort verbunden gewesen. Zu den absoluten Höhepunkten zählten unter anderem die Sommerfeste von 1991 bis 1998 mit der Bierprobe am Freitagabend, Kaffee und Kuchen und Tanz im Zelt am Samstag sowie Frühschoppen und Blasmusik am Sonntag. Jeweils drei Tage sei damals immer durchgefeiert worden, erinnert sich Rainer Ehrentraut. Das Geld aus vielen Dorffesten, Tanzabenden und sonstigen Veranstaltungen steckte in den liebevoll hergerichteten Klubräumen.

Die Chronik „Dorfklub Drausendorf“ gibt Einblicke in das einstige kulturelle Leben im Ort. Foto: Steffen Linke
Der Klubkalender war meist voll mit Bestellungen für Polterabende, runde Geburtstage und sonstigen Feiern. Im Laufe der Zeit schloss sich der Jugendklub dem Dorfklub Drausendorf an – das kulturelle Leben pulsierte quasi in Drausendorf bis zum 7. August 2010. Aufgrund der gewaltigen Flut lief an jenem Tag gegen 17.00 Uhr der Hochwasserdamm in Drausendorf über. Innerhalb einer Stunde sei alles abgesoffen, berichtet Rainer Ehrentraut. In der Grenzerbaracke habe das Wasser 1,80 Meter hoch gestanden. „Für uns war es der schlimmste Tag überhaupt. Wir haben noch gerettet, was zu retten war – unter anderem Geschirr, Gläser und Tischdecken“, sagt er. Aufgrund der Holzbauweise war abzusehen, dass die Grenzerbaracke nicht mehr aufgebaut werden konnte. „Wir hatten auch keine Gebäudeversicherung“, berichtet er. Damit sei auch das Dorfleben in Drausendorf eingeschlafen, abgesehen von einem ins Leben gerufenen Kostümfest als Ersatz für die fehlenden Veranstaltungen.
Werner Schnuppe geht jedenfalls bei der 135-seitigen Chronik mit vielen Bildern über den Dorfklub Drausendorf das Herz vor Freude auf. „So habe ich mich gefühlt, als Ihr mir eure Veröffentlichung ,Dorfklub Drausendorf’ zugesandt habt“, schreibt er an die Autoren. Der Ex-Bürgermeister verbindet damit „einen Glücksmoment für die Drausendorfer, für eure Familie und für mich, der acht Jahre lang Drausendorfer Bürger war. Mit diesem historischen Kleinod habt Ihr den Mitgliedern des Dorfklubs in Wort und Bild über 40 Jahre ein bleibendes Gesicht gezeichnet und all diese Zeit als treibende Initiatoren selbst nacherlebt. Jede Seite des Werkes atmet die Freude, mit der Ihr, die Mitglieder und manche Helfer Neues angegangen, Bewährtes fortgeführt und dabei über den Drausendorfer Tellerrand hinausgeblickt habt.“ Der Zuspruch zu den verschiedensten Angeboten, mit Zahlen und Wertungen ausgewiesen, ist für Werner Schnuppe „beredtes Zeichen für Zuspruch und Erfolg. Manche Mühe wurde so mit dem Dank vergoldet, der in all den Jahren für euch zugleich Ansporn für ein ,weiter so’ sein soll.“ Die Chronik über den Dorfklub ist seiner Meinung nach ein Ruhmesblatt in der jüngsten Drausendorfer Geschichte.
Trotz aller Lobgesänge sehen Rainer und Angelika Ehrentraut für die Zukunft von Drausendorf eher schwarz: „Wir haben hier nichts mehr!“ Doch wie heißt es doch so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Übrigens: Die Chronik zum Dorfklub Drausendorf ist in einer Auflage von fünf Exemplaren erschienen, die derzeit im Umlauf bei ehemaligen Mitgliedern und alteingesessenen Einwohnern sind.
Am einstigen Standort der Grenzerbaracke befindet sich seit mehreren Jahren ein Rastplatz für Wanderer und Radfahrer.