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Feiert die Bahn Wiederauferstehung?

Feiert die Bahn Wiederauferstehung?

Durch den Rückbau der Brücke gibt es eine Unterbrechung der Strecke auf einer Länge von circa 50 Metern. Ein Revisionsgericht soll nun über das Schicksal der Bahnlinie befinden.

Derzeit tut sich bundesweit im Verkehrssektor Erstaunliches. Kaum noch für möglich gehaltene Entwicklungen erscheinen plötzlich realistisch. Davon könnte auch die Hohwald-Bahn profitieren.

Neukirch/Lausitz. Lange ist es her, dass Reisende aus dem Inneren eines Zuges heraus die Schönheit des Hohwaldgebietes zwischen Neukirch und Neustadt/West genießen konnten. 2004 war es, als der Personenverkehr auf der auch als „Lausitz-Semmering-Bahn“ bezeichneten Strecke eingestellt wurde. Seit 2008 betreibt die Deutsche Regionaleisenbahn GmbH (DRE) wenigstens das Teilstück bis zum Steinbruch Oberottendorf als „öffentliche Eisenbahninfrastruktur“, wie das in Berlin ansässige Unternehmen mitteilt. Der Steinbruch selbst wird demnach regelmäßig durch Güterzüge bedient. Hinter ihm ist aber endgültig Schluss. Und das nicht, weil niemand mehr die Strecke befahren will, sondern weil dies niemand mehr kann. Im Zuge des Baus der Ortsumgehungsstraße für die damalige Gemeinde Hohwald (heute Teil der Stadt Neustadt/Sachsen) erfolgte 2005 durch den Rückbau der dort vorhandenen Brücke eine Unterbrechung der Strecke auf einer Länge von circa 50 Metern. „Ein durchgehender Bahnverkehr ist seitdem nicht mehr möglich“, erklärt der Geschäftsführer der DRE, Wolfgang Curth. Ein Umstand, mit dem sich das Unternehmen in seiner Eigenschaft als Streckenpächter nie abgefunden hat: „Über die Wiedererrichtung der Straßenbrücke ist es 2011 zum Streit zwischen der DRE und der Straßenbauverwaltung des Freistaates Sachsen gekommen“, führt Curth weiter aus. Die DRE will erreichen, dass der Freistaat Sachsen respektive das Landesamt für Straßenbau und Verkehr verpflichtet wird, die Brücke wieder aufzubauen, „um den Bahnbetrieb auch auf dem Südabschnitt zu ermöglichen.“ Dabei hat sie bereits zwei positive Gerichtsentscheidungen im Rücken: Sowohl das Verwaltungsgericht Dresden als auch das Oberverwaltungsgericht Bautzen entschieden in der jüngeren Vergangenheit im Sinne der DRE. Laut dem in der Fachzeitschrift „Rail Business“ zitierten Urteilstext hatte das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die zwischen dem Freistaat und der Deutschen Bahn AG geschlossene Kreuzungsvereinbarung auch nach der zwischenzeitlichen Einstellung des Bahnverkehrs und der Verpachtung an die DRE weiter gelte. „Es ist nun noch ein Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (BvwG) anhängig. Informationen, wann mit einer Entscheidung gerechnet werden kann, liegen noch nicht vor“, so der DRE-Geschäftsführer.

Für Gerhard Curth hat der Fall nicht nur eine juristische, sondern auch eine politische Dimension. Denn es war kein Geringerer als der damalige Verkehrsminister Thomas Jurk (SPD), der 2005 in Bezug auf die Neustädter Brücke erklärte: „Sollte die Bahnstrecke wieder betrieben werden, dann besteht die Verpflichtung, das Bauwerk zu errichten.“

Doch was passiert, wenn das BVwG tatsächlich im Sinne der DRE entscheidet? Könnte dann der Zugverkehr adhoc wieder aufgenommen werden? „Ganz so schnell geht es nicht“, meint Georg Radke, der ebenfalls Geschäftsführer der DRE ist. „Zuvor wären gewisse Arbeiten an der Strecke erforderlich.“ Dazu zählt die Wiedererrichtung der Signalanlagen am Fuchsweg in Berthelsdorf, die im Zuge des Ausbaus als Zufahrt zum Gewerbegebiet abgebaut werden sollen. Zu diesem – Kostenpunkt 280.000 Euro – hatte sich die Stadt Neustadt für den „Fall der Fälle“ verpflichten müssen. Laut einem damaligen Zeitungsbericht wurde dieser Hinweis im Stadtrat 2018 mit Gelächter quittiert. Womöglich vergeht den Damen und Herren das Lachen demnächst. Denn: Die Deutsche Regionaleisenbahn GmbH verspürt generell Aufwind. „Einerseits beflügelt uns die Debatte um den Klimaschutz. Das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung sieht vor, dass die Attraktivität des Schienenpersonennahverkehrs und auch des Güterverkehrs in ganz Deutschland gesteigert wird. Andererseits profitieren wir von der Erkenntnis, dass die ländlichen Räume nicht noch weiter von den Zentren abgehängt werden dürfen“, betont Gerhard Curth. Ursprünglich war die DRE, 1993 vom Bahnkundenverband gegründet, angetreten, um den damals bereits um sich greifenden Kahlschlag auf dem Schienennetz zu stoppen. Keineswegs ohne Erfolg: „Ohne uns sähe es um die Eisenbahninfrastruktur in den ländlichen Regionen Deutschlands noch wesentlich schlechter aus, als dies ohnehin der Fall ist“, behauptet Gerhard Curth. Und er kann dies auch mit Zahlen belegen: Auf 32 Strecken mit einer Gesamtlänge von 736 Kilometern trägt DRE die Verantwortung für die Bahn-Infrastruktur.

Uwe Menschner / 31.01.2020

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Kommentare zum Artikel "Feiert die Bahn Wiederauferstehung?"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Harald schrieb am

    Tja das ist das Ergebnis jahrzehntelange CDU Herrschaft... Die gilt es demnächst umzugestalten/abzuändern. Ansonsten für immer und ewig , weiterso!

  2. Radaoy schrieb am

    Die seit Jahren laufenden Bemühungen, stillgelegte Bahnstrecken zu reaktivieren werden seitens der eigentlichen Entscheidungsträger immer wieder blockiert. Das gilt besonders für Sachsen.Der krasseste Fall ist Seifhennersdorf. Hier endet die Zugfahrt im böhmischen Varnsdorf, von dort ist Schienenersatzverkehr. Und das seit Jahren!Das könnte als Negativrekord (längster Schienenersatzverkehr) ins Guinnesbuch kommen. Bei Umbauarbeiten werden Abstell- und Verladegleise abgebaut (siehe Zittau). Eine Wiederaufnahme von Güterverkehr ist somit unmöglich. Die jahrelangen Bemühungen des Vereins pro Herrnhuter Bahn haben bisher kein nennenswertes Ergebnis gezeigt. Steckt da vielleicht System dahinter???

  3. Mitropa schrieb am

    Es ist wichtig, dass Strecken die derzeit nicht befahren werden wenn Interesse besteht wieder aufgebaut werden können. Ein ähnliches Problem gab es zwischen Selb und Asch. Auch hier glaubte der Straßenbaulastträger seinen Verpflichtungen zum Bau einer Eisenbahnbrücke im Falle der Reaktivierung nicht nachkommen zu müssen. Inzwischen herrscht dort Stundentakt auf der wiedererrichtezen Bahn. Und gerade in der Lausitz wie Bautzen- Berlin wurde ja nach der Wende unverhältnismäßig gehaust. Gut wenn wenigstens einiges wieder zu gunsten der Schiene zurückgedreht werden kann.

  4. Howa schrieb am

    Die Ortsumgehung wurde zum größten Teil aus EU Fördermitteln finanziert. Auch für die neuzubauende Querung der Straße waren, ebenso wie für die Überquerung von Bahn und Anbindung der Straße des Gewerbegebietes fast 100% Fördermittel vorgesehen.
    Wo sind diese Millionen versickert.?¿? Irgendwie denkt man gleich an den sprichwörtlichen "" Sachsensumpf ""

  5. AlterWolf schrieb am

    Ist es nicht unverständlich, dass sich zu diesem Thema die Gerichte beschäftigen müssen und unsere Steuergelder „verbraten“? Wenn sogar ein Verkehrsminister von Sachsen, und noch dazu aus derselben Partei wie der heutige, die Verpflichtung zum Errichten der Brücke erklärt, was sollen eigentlich die Gerichte entscheiden? Ist die Festlegung eines Ministers nichts wert? Oder hat sich die Meinung der Verkehrsminister inzwischen geändert, in Zeiten, wo mehr Transporte auf die Schiene verlagert werden sollen und die Klimapolitik erst recht ein Umdenken erfordert? Wenn man die Verschleppung der Elektrifizierung der Strecke Dresden - Görlitz natürlich sieht, wundere ich mich nicht mehr. Ich erinnere mich noch daran, dass bereits Ende der 80er Jahre Planungen dazu existierten und nach 1990 begonnen werden sollte. Inzwischen ist die ebenfalls vorgesehene Strecke Bautzen - Knappenrode schon von der Karte verschwunden.

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