Direkt zum Inhalt springen
Info & Kommentare

„Ich plane nicht, 
OB zu werden“

„Ich plane nicht, 
OB zu werden“

Bauunternehmer Jörg Drews freut sich bereits auf eine konstruktive Arbeit im Stadtrat. Am vergangenen Sonntag gab ihm ein Großteil der Bautzener seine Stimme. Foto: RK

Alternativer Text Infobild

Jörg Drews und Gerald Lucas lassen derzeit den Bautzener Bahnhof zu einem Verwaltungszentrum ausbauen. Foto: privat

Seine Stadtratskandidatur hat polarisiert. Am Ende konnte er im Vergleich zu allen anderen Kandidaten die meisten Stimmen auf sich vereinen. Gemeinsam mit seinen Mitstreitern vom Bürgerbündnis wird Bauunternehmer Jörg Drews in den nächsten fünf Jahren die Geschicke in Bautzen mitbestimmen. Im OLK spricht er über den Wahlerfolg, seine Ziele und darüber, wie er sich eine Kooperation mit den politischen Wettbewerbern vorstellt.

Herr Drews, Sie konnten am Wahlsonntag insgesamt 5.569 Stimmen auf sich vereinen, so viel wie kein anderer. Wie haben Sie diesen Erfolg wahrgenommen?

Jörg Drews: Ich war auf der einen Seite erfreut, auf der anderen Seite aber auch überrascht. Ich hatte jedoch nicht das Gefühl, dass mich eine Euphorie beschleicht. Dafür gibt es keinen Anlass. Es war eher der Gedanke abzuwägen, wie findet man Partner, um die Ziele zu erreichen, die man hat. Als Bauunternehmer komme ich aus dem Projektgeschäft, das in der Herangehensweise der Politik mitunter ähnelt. Wir müssen eine Möglichkeit finden, alle Projektbeteiligten irgendwie einzubinden. Im Mittelpunkt steht das Ziel, das Projekt erfolgreiche umzusetzen. Es gab durchaus von allen Seiten im Bürgerbündnis Signale, mit allen zusammenarbeiten zu wollen. Und das stimmt mich hoffnungsvoll. Auch, weil wir nun die große Chance haben, zwei Jahrzehnte des Stillstandes in der Stadt zu beenden.

Welche Projekte liegen Ihnen ganz besonders am Herzen, die Sie gemeinsam mit den anderen Stadträten anpacken möchten?

Jörg Drews: Meine Stärke sehe ich vor allem in der städtebaulichen Entwicklung. Dazu zähle ich den Ausbau der Infrastruktur für eine schnelle Anbindung von Bautzen an Dresden. Auch setze ich mich dafür ein, dass es in der Spreestadt bessere Angebote für Jugendliche gibt. Selbst Forschungs- und Ausbildungszentren kann ich mir gut in Bautzen vorstellen, die die jungen Leute in der Kommune halten. Ein weiteres Ziel ist es, die Industrie weiter voranzubringen. Der Ausgangspunkt für jeden Menschen ist dabei immer ein guter Arbeitsplatz und dann findet sich alles andere drum herum. Ich finde, Bautzen hat recht viel zu bieten. Allerdings müssen wir das noch besser vermarkten. 

Es gibt schon jetzt ein großes Angebot für Kinder und Jugendliche auf engstem Raum, das oftmals fußläufig zu erreichen ist. Bautzen hat mit seinen Türmen und der sanierten Altstadt eine hohe Attraktivität. Das müssen wir viel besser noch zur Geltung bringen. Der Tourismus ist leider in der letzten Zeit nicht auf Wachstumskurs gewesen. Und da spielen Projekte wie eine Brücke, die man bauen will, aus dem Gesichtspunkt der Verlängerung der Verweilzeit von Gästen eine entscheidende Rolle. Ein solches zusätzliches Angebot wird benötigt, um beispielsweise Besucher des Saurierparks im Anschluss in die Stadt zu locken. Unabhängig davon plädiere ich für eine stärkere Einbindung unseres Landes in Richtung Osten an die dortigen Ressourcen und Märkte. Dann könnte es nämlich sein, dass wir wieder mehr vom Rand ins Zentrum rücken. In dem Punkt geht es uns darum, wie schnell sind wir zu erreichen. Schaffen wir es, in Richtung Polen die Bahnstrecken zu elektrifizieren und haben wir die Möglichkeit, im halbstündigen Rhythmus, Dresden zu erreichen. Mit der Südanbindung des Bahnhofes ließe sich selbst der Verkehr auf der Tzschirnerstraße, die morgens vollkommen überlastet ist, eindämmen. Denn es wird nicht besser, wenn der Bahnhof erst einmal bezogen wird und die Menschen die Ämter aufsuchen und die weiteren Dienstleistungsangebote nutzen. Mir schwebt darüber hinaus eine grüne Stadt vor, also die Anbindung des Stadtteils Gesundbrunnen ans Spreetal bis hin nach Grubschütz. Wenn man einige Jahrhunderte zurückgeht, dann spielte sich die Erholung genau dort ab. Ich finde, die Reize dieses Tales werden zu wenig nach außen getragen. Und dann gibt es noch die Idee, über den Bahnhof eine Querverbindung zu schaffen vom Spreetal hin zum Naturpark. Das alles betrachte ich unter dem Gesichtspunkt: Ein funktionierendes Umfeld ist für jeden Unternehmer so etwas wie der eigene Existenzschutz. Es gibt bereits jede Menge guter Ansätze, aber auch noch jede Menge Arbeit.

Haben Sie als Geschäftsmann schon vorher einmal in die Tätigkeit eines Stadtrates hineinschnuppern können oder anders gefragt: Wissen Sie, was auf Sie zukommt? 

Jörg Drews: Ich habe eine ungefähre Vorstellung davon, weil die eine oder andere Projektentwicklung mit Bebauungsplänen und Baugenehmigungen zu tun hatte. Das heißt, in dem Rahmen habe ich bereits im Stadtrat gesprochen und Projekte vorgestellt und verteidigt. Auch konnte ich das eine oder andere beobachten. Ich weiß, wie die Abläufe in etwa sind und habe schon konkrete Vorstellungen.

Inwieweit können Sie ausschließen, dass die Arbeit im Stadtrat mit Ihren geschäftlichen Interessen in irgendeiner Hinsicht kollidiert?

Jörg Drews: Mir geht es in erster Linie darum, die Voraussetzungen für das Kernprojekt zu schaffen, für das ich angetreten bin – also die Südanbindung des Bahnhofes. Wir reden hier von einer Fläche in der Größe von ungefähr 13 Hektar. Ich denke, bis dieses umsetzbar ist, wird eine Entwicklungszeit von fünf Jahren oder mehr verstreichen. Das Interesse vonseiten der Stadtverantwortlichen, das Vorhaben zu unterstützen, war zunächst nicht sehr groß. Dieses kann die Kommune auch nur im Zusammenhang mit der Infrastrukturentwicklung Lausitz in Angriff nehmen. Das ist mir bewusst und da habe ich auch keine falschen Vorstellungen. 

Wo sehen Sie sich in fünf oder auch schon in drei Jahren?

Jörg Drews: Ich möchte schon, dass wir von der Wahlperiode sprechen, denn ich bringe Dinge gern zu einem Ende. Es ist nicht mein Ziel, eine größere politische Karriere zu machen. Hier geht es darum, dass ich bestimmte Projekte anstoßen möchte. Als Unternehmer bin ich normalerweise ausgelastet. Es war ein ziemlich spontaner Entschluss, in den Stadtrat zu gehen, weil ich eben das Gefühl hatte, dass wir jetzt in dieser Zeit entscheidende Möglichkeiten auslassen. Ich plane aber nicht, Oberbürgermeister zu werden. 

In drei Jahren dürfen die Spreestädter Sie diesbezüglich auch noch beim Wort nehmen?

Jörg Drews: Jetzt antworte ich einmal, wie es Politiker tun würden: Ich kann mich sicherlich heute nicht zu weit in der Zukunft festlegen. Ich bin ein leidenschaftlicher Bauunternehmer und möchte nicht, dass es diese Verquickung gibt, die Sie ansprachen. Vielmehr stehe ich für eine saubere Trennung. Ich bin immer der gewesen, der für transparente Ausschreibungen und einen klaren Wettbewerb eintrat. Und das möchte ich weiterhin so handhaben. Ich werde mich, wenn die Dinge erst einmal am Laufen sind, zurückziehen und darauf hoffen, dass andere das Ganze fortführen.
 
Es erstaunt und überrascht, dass Sie sich Wochen vor der Kommunalwahl für das Bürgerbündnis entschieden haben, also die bürgerliche Mitte. Konnten Sie dort Ihre neue politische Heimat finden?

Jörg Drews: Wir sind in diesem Bürgerbündnis unterschiedlicher, wie wir nur sein können. Dennoch gibt es einen starken Grundkonsens, nämlich den, die Stadt voranzubringen. In dem Punkt haben wir zwar allesamt abweichende Vorstellungen. Aber ich glaube, es geht insgesamt sehr demokratisch zur Sache. Man muss den anderen von seinen Ideen und Vorstellungen überzeugen. Es gibt so gut wie keine Befindlichkeiten untereinander, was ich als sehr angenehm empfinde, und auch keine Intrigen, die in einem Parteiensystem doch oftmals zu beobachten sind. Von der Seite ist das Bürgerbündnis schon meine Heimat geworden. 

Im Stadtrat treffen Sie demnächst auf politische Kontrahenten. Wie werden Sie mit denen zusammenarbeiten?

Jörg Drews: Zunächst möchte ich betonen, dass ich mich niemals abfällig über andere geäußert habe, auch über keinen Stadtrat, selbst wenn ich aus dessen Reihen so einiges zu hören bekam. Ich werde auch künftig nicht gleiches mit gleichem vergelten. Auf dieses Niveau lasse ich mich nicht ein. Vielmehr freue ich mich schon darauf, mich über Inhalte auf politische Diskussionen einzulassen, bei denen wir gegenseitig Rede und Antwort stehen müssen. Das wird sicherlich spannend werden. 

Roland Kaiser / 02.06.2019

Was sagen Sie zu dem Thema?

Schreiben Sie uns Ihre Meinung

Die Mail-Adresse wird nur für Rückfragen verwendet und spätestens nach 14 Tagen gelöscht.

Mit dem Absenden Ihres Kommentars willigen Sie ein, dass der angegebene Name, Ihre Email-Adresse und die IP-Adresse, die Ihrem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, von uns im Zusammenhang mit Ihrem Kommentar gespeichert werden. Die Email-Adresse und die IP-Adresse werden natürlich nicht veröffentlicht oder weiter gegeben. Weitere Informationen zum Datenschutz bei alles-lausitz.de finden Sie hier. Bitte lesen Sie unsere Netiquette.

Weitere aktuelle Artikel