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Kalkül oder Missverständnis?

Kalkül oder Missverständnis?

Im Interview mit Ostsachsen TV stellte Bautzens OB klar, dass er bis zum Ende der Diskussionsveranstaltung am 8. Februar davon ausging, dass eine Liveübertragung stattfand. Foto: Screenshot ostsachsen-tv.com/im-interview-bautzen-wir-muessen-reden-bz080

Bautzen. Die von Oberbürgermeister Alexander Ahrens ins Leben gerufene Diskussionsveranstaltung „Bautzen – Wir müssen reden! Zurück zur Sachlichkeit“ am 8. Februar in der Maria-und-Martha-Kirche sorgt Tage danach noch immer für Gesprächsstoff in der Spreestadt. Ein Grund dafür ist die entgegen aller Erwartungen nicht zustande gekommene Liveübertragung, für die in erster Linie das Internetfernsehen Ostsachsen TV geworben hatte. Der sogenannte Livestream war vonseiten des Veranstalters, in dem Fall der Stadtverwaltung, kurz zuvor für unerwünscht erklärt worden.

Auf Anfrage begründete dies das Amt für Pressearbeit und Stadtmarketing folgendermaßen: „Im Vorfeld der Veranstaltung gab es ein Angebot, die Veranstaltung live zu streamen. Diese Idee wurde an den Mitveranstalter – die Landeszentrale für politische Bildung – und die Eröffnungsprotagonisten herangetragen. Von beiden Seiten gab es Bedenken, die wir als Veranstalter zur Kenntnis genommen haben. Zu diesen Bedenken gab es am 6. Februar ein Gespräch zwischen dem Amt für Pressearbeit und Stadtmarketing und dem Verantwortlichen von Ostsachsen TV. Im Ergebnis nahm Ostsachsen TV von seinem Live-Vorhaben Abstand. Es handelt sich also nicht um ein Verbot im presserechtlichen Sinne, sondern um eine Einigung zwischen allen Beteiligten.“

Für Rathaussprecher André Wucht hat die Geschichte hier aber noch kein Ende: „Bis eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn beteuerte Ostsachsen TV, dass es keine Liveübertragung geben werde. Dennoch kündigte Ostsachsen TV eine Viertelstunde vor Veranstaltungsbeginn auf seinem Blog einen Livestream an. Daraufhin habe ich den Verantwortlichen erneut auf unsere Abmachung hingewiesen und die Liveübertragung wurde unterlassen.“

Damit konfrontiert, zeigte sich Oberbürgermeister Alexander Ahrens zunächst ahnungslos. Im Anschluss an die Diskussionsrunde sagte er im Interview mit dem Internetfernsehen: „Mein Kenntnisstand vor der Veranstaltung war, dass es einen Livestream geben wird. Ich habe es, als ich hierhergegangen bin, sogar noch meiner Frau gesagt.“ Die Absage bezeichnete Alexander Ahrens zu diesem Zeitpunkt als „bedauerliches Missverständnis“. „Das kann höchstens daran gelegen haben, dass einer der Diskussionsteilnehmer das nicht wollte.“ Dennoch betonte er nochmals: „Unsere letzte Absprache vor der Veranstaltung war, dass es einen Livestream geben wird und dass wir den sowieso nach meinem Verständnis presserechtlich auch gar nicht untersagen können. Unabhängig davon, dass ich ihn gar nicht untersagen wollte. Wir hatten uns nur darauf verständigt, dass wir nicht wollen, dass der Livestream direkt am Tisch steht, um hier Nahaufnahmen von den Diskutanten zu machen.“ Damit relativierte er die Aussage der Pressestelle. Gleichzeitig versicherte der Oberbürgermeister den Bautzenern, die Angelegenheit verwaltungsintern auszuwerten. „Das werden wir definitiv noch einmal besprechen, weil ich bis eben davon ausgegangen bin, dass es einen Livestream gab. Das bedauere ich wirklich, weil das Format hätte einen Livestream verdient gehabt. Meine Ansage war es garantiert nicht, dass es keinen Livestream gibt. Das müssen wir aufarbeiten, warum das abgesagt worden ist.“

Viel scheint bei der Aufarbeitung nicht herausgekommen zu sein, wenn das Amt für Pressearbeit und Stadtmarketing nunmehr mitteilte: „Die Problematik war dem Oberbürgermeister bekannt. Im Moment direkt im Anschluss an die hitzige Debatte konnte er sich jedoch nicht mehr daran erinnern. Das ist menschlich und er hat sein Versehen in der Folge auch eingeräumt.“ Dem Verantwortlichen des Internetfernsehens, der sich auf Anfrage zunächst auch aus zeitlichen und terminlichen Gründen nicht in der Lage sah, sich gegenüber dem Oberlausitzer Kurier zu äußern, warf der Rathaussprecher indes vor, seine Rolle im journalistischen Sinne und den OB als Person dazu missbraucht zu haben, „um sein eigenes Fehlverhalten zu überspielen“.

Die Diskussionsveranstaltung hatten etwa 900 Besucher im Gotteshaus verfolgt. Weitere 400 Menschen mussten wieder nach Hause geschickt werden, weil sich ihnen kein Platz bot. Das Stadtoberhaupt stellte aber in Aussicht, dass es weitere Veranstaltungen dieser Art geben wird. Allerdings ist mit Fragezeichen verbunden, inwieweit diese live übertragen werden.

Roland Kaiser / 24.02.2019

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Kommentare zum Artikel "Kalkül oder Missverständnis?"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. KlausDKlausen schrieb am

    Kommentieren sollte man zwar gar nichts zu Bautzen - aber die Stadt Bautzen sollte mal seine Presseakkreditierung bei öffentlichen Veranstaltungen überdenken und aus diesem Vorfall seine Rückschlüsse ziehen.Mit freundlichem Gruß - KlausDKlausen

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