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Kamenzer Wirtschaftsgeschichte: Kehrt Sachsenquell ins Leben zurück?

Kamenzer Wirtschaftsgeschichte: Kehrt Sachsenquell ins Leben zurück?

Außer diesem Wandbild an einem Hausgiebel auf der Theaterstraße erinnert heute nicht mehr viel an die Kamenzer Brautradition.

Kamenz. Über die Umstände wurde damals und auch in der Zwischenzeit eine Menge geschrieben, daher an dieser Stelle nur so viel: Der bekannte bayerische Bierunternehmer Johannes Hösl, der die traditionsreiche Braustätte nach der Wende übernommen hatte, musste 1996 Konkurs anmelden. Nachdem 2007 die Gebäude abgerissen wurden, erinnert heute rein äußerlich nichts mehr an dieses Kapitel der Kamenzer Wirtschaftsgeschichte.

In den Köpfen vieler Menschen, insbesondere derjenigen, die bei Sachsenquell gearbeitet haben oder gern mal einen Schluck davon zu sich nahmen, ist das Bier „made in Kamenz“ jedoch noch höchst lebendig. 
Darauf setzt zumindest Max Grund. Der gebürtige Kamenzer beschäftigt sich als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Kiel mit der Geschichte des späten Mittelalters. Nun, ganz so lange reicht die Geschichte der Sachsenquell-Brauerei nicht zurück. Und doch hat sich Max Grund eben dieses Thema für ein „Citizen Science“-Projekt ausgewählt, ein Projekt also, in dem Wissenschaftler und interessierte Bürger gemeinsam forschen. „Da ich sehr gute Kontakte ins Kamenzer Stadtarchiv habe, konnte ich erfahren, dass dort große Teile des Firmenarchivs der alten Sachsenquell Brauerei bewahrt werden. Gleichzeitig haben uns allen die letzten anderthalb Jahre gezeigt wie schnell unsere eigene Zeitzeugenschaft beendet sein kann“, beschreibt er seine Motivation. 

Dem Master of Arts geht es jedoch nicht darum, eine Chronik zu verfassen, die irgendwann in einem Regal verstaubt. Und so genügt es ihm auch nicht, die (gewiss reichhaltigen) Archivalien zu erforschen: „Alles steht und fällt hier auch mit privaten Erinnerungen und Erzählungen. Ich möchte gern noch so viele Zeitzeuginnen und Zeitzeugen wie möglich zu einer Beteiligung motivieren und interviewen“, berichtet er. Erste Schritte, sein Projekt bekannt zu machen, hat Max Grund bereits getan: so hängen in verschiedenen Kamenzer Schaufenstern Plakate, und es liegen Postkarten aus. Der Ex-Kamenzer will sich nunmehr in Bezug auf seine Werbung auf die Kamenzer Gastronomie konzentrieren, denn: „Wo könnte man besser Leute für ein Brauereiprojekt finden als in einem Ausschank?“ Zu diesem Zweck entwirft er Werbebierdeckel. 

Neben der Archivforschung und der Befragung von Zeitzeugen setzt Max Grund für sein Projekt noch auf eine dritte Säule, die er „dingliche Überlieferung“ nennt: „Hier denke ich an Bierdeckel und Etiketten, Flaschen und Leuchtreklamen bis hin zu Ausstattungsteilen der Brauerei und Familienfotoalben.“ Die Idee umfasst eine kleine Ausstellung, die sowohl analog als auch digital besichtigt werden kann – das ist allerdings noch Zukunftsmusik. Und schließlich sollen die Forschungsergebnisse – wenn auch womöglich erst in einigen Jahren – in einem Buch dokumentiert werden. Gegenwärtig besteht Max Grunds vordergründiges Ziel erst einmal darin, möglichst viele Mitwirkende zu finden – durch die bereits erwähnten Werbeaktivitäten, aber auch durch seinen Blog https://brauereikm.hypotheses.org/tag/citizenscience. Wenn es Corona zulässt, will er im Spätherbst oder Winter ein erstes Arbeitstreffen ansetzen. Denn der Forscher sucht nicht nur Zeitzeugen, sondern auch Mitstreiter, die ihn vor Ort unterstützen, beispielsweise Interviews führen oder im Archiv recherchieren: „Das Ganze wird nämlich wirklich nur als Verbundprojekt vieler Hände funktionieren können.“

Wer mit Max Grund Kontakt aufnehmen und ihn unterstützen will, kann dies über die Mail-Adresse sachsenquell.kamenz@mediaevistik.org tun.

Uwe Menschner / 17.08.2021

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