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Kommune bewahrt Altenheim vorm Aus

Kommune bewahrt Altenheim vorm Aus

Das Seniorenheim in Wilthen benötigt nach dem unverhofften Tod der Eigentümerin einen neuen Betreiber. Derzeit bemüht sich Bürgermeister Michael Herfort mit Katja Neumann (l.), Heike Tennigkeit und dem verbliebenen 17-köpfigen Team um dessen Fortbestand.

Bei diesem Kraftakt ist Wilthens Bürgermeister Michael Herfort ordentlich ins Schwitzen geraten: Nach dem plötzlichen Tod der Geschäftsführerin eines größeren Altenheims in der Oberlandstadt musste die Kommune rasch aber auch besonnen reagieren. Das Ergebnis: Die Einrichtung bleibt erhalten. Vorerst zumindest.

Wilthen. Damit hat wohl selbst im engsten Familien- und Bekanntenkreis niemand gerechnet: Anfang Februar wird in einer Wohnung in Callenberg die Leiche einer 46-jährigen Frau entdeckt. Die sonst so umtriebige Unternehmerin war einfach nicht mehr aufgewacht. Als sie auf Arbeit bereits vermisst wurde, schaute eine Angestellte nach ihr. Noch unter dem Eindruck des Erlebten wandte sich ein Teil der Belegschaft kurz darauf mit einem Hilfeersuchen an die Stadtverwaltung. Wie Bürgermeister Michael Herfort Wochen danach selbst sagt, war ihm klar, dass er und seine Rathausmannschaft dieses nicht ausschlagen konnten und zügig reagieren mussten, um von einer Einrichtung, die für die Kommune von großer Wichtigkeit ist, Schaden abzuwenden. Immerhin werden in dem Haus an der Aue aktuell 32 ältere Herrschaften voll stationär betreut. Dabei handelt es sich zum einen um Menschen, die in der Gegend keine Angehörigen mehr haben. Zum anderen sind in dem Haus schwer demente Bewohner untergebracht. Vor diesem Hintergrund erklärte sich für das Stadtoberhaupt recht schnell der Ernst der Lage.

„Die Verstorbene war nicht nur Geschäftsführerin des Seniorenhauses, sondern auch alleinige Gesellschafterin und Chefin der Pflegedienstleitung. Das alles quasi über Nacht zu kompensieren, war ein echter Kraftakt.“ Über das Registergericht ließ sich inzwischen binnen weniger Tage eine Notgeschäftsführung bestellen. Auf diese Weise sei es möglich gewesen, den Geschäftsbetrieb fortzuführen. Bis dahin habe es keine Möglichkeit gegeben, auf das Geschäftskonto zuzugreifen – und das, obwohl Krankenkassen, das Finanzamt und auch die Löhne zu bedienen waren. „Da wir in der Vergangenheit von dem Betrieb Grundsteuern und Gebühren bezogen, sind wir als Gläubiger in der Lage, solche Schritte einzuleiten“, erläuterte Michael Herfort. Zu seiner Erleichterung hielten trotz des Schicksalsschlages die Beschäftigten dem Altenheim bislang die Treue. „Auf dieser Grundlage lässt sich der Betrieb weiterhin stemmen. Dafür muss ich der Belegschaft einmal ein ganz großes Dankeschön aussprechen.“ 

Darüber hinaus habe die Caritas kommissarisch die Pflegedienstleitung übernommen und auch einige Fachkräfte aus ihren Reihen zur Verfügung gestellt. „Auch ihr gebührt eine Anerkennung für diese Unterstützung. Die ist sehr wichtig, anderenfalls darf so eine Einrichtung nicht betrieben werden“, weiß das Stadtoberhaupt. Inzwischen versuchen Heike Tennigkeit und Katja Neumann das Schiff in sichereres Fahrwasser zu führen. „Es ist inzwischen handelbar“, betonte Katja Neumann, die bis auf Weiteres unter anderem die Personalplanung, die Organisation der Dienstpläne und die Kontrolle der Einhaltung der Qualitätsstandards im Hause managt. „Die Leute werden versorgt, das ist wichtig. Alles andere findet sich.“

Ist damit nun alles geregelt? Der Bürgermeister hat darauf eine klare Antwort: „Nein!“ Ungewiss blieb zunächst, wie die nahen Angehörigen der verstorbenen Unternehmerin mit deren Nachlass verfahren. „Uns ist bekannt, dass Verbindlichkeiten in erheblicher Höhe existieren“, erklärte Michael Herfort. „Die kann man aus dem Erbe nicht mir nichts, dir nichts ausklammern.“ Im Raum steht die Befürchtung, dass das Erbe am Ende ausgeschlagen wird und sich die Stadt für einen nicht absehbaren Zeitraum weiterhin um das Seniorendomizil kümmern muss. „Deshalb wollen wir uns so schnell wie möglich auf die Suche nach einem neuen Betreiber begeben. Wir sind guter Hoffnung, dass sich jemand findet, der das Altenheim übernimmt.“ Im Laufe der Woche sollte es im Rathaus ein Treffen mit der im Testament benannten Person geben, um auszuloten, wohin von deren Seite aus die Reise geht. „Kapitän und Reeder in Personalunion sind von Bord gegangen“, meint Michael Herfort plakativ. „Das Schiff treibt herrenlos im Meer. Sollte die See durch bestimmte Umstände rauer werden, werden für uns die Herausforderungen größer.“ Schon jetzt legen die Behörden, wie er nicht unerwähnt lässt, ein wachsames Auge auf das Seniorenhaus. „Ob denn dieses auch alle Standards weiterhin einhält. Genau das wollen wir“, beteuerte in dem Zusammenhang das Stadtoberhaupt. 

Als eine erste Sofortmaßnahme verhängte die Kommune einen Aufnahmestopp für das Seniorenheim. „Damit wir unsere gesamte Kraft darauf setzen können, um diejenigen zu versorgen, die vor Ort bereits untergebracht sind“, betonte Michael Herfort. „Darüber hinaus haben wir die Familienangehörigen der betreuten Personen über die jüngsten Entwicklungen in Kenntnis gesetzt. Und wir informierten sie auch darüber, was im schlimmsten Fall passieren kann.“ Der Bürgermeister geht davon aus, das jeder von ihnen die Tragweite erkannt hat. 

Roland Kaiser / 14.03.2020

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