Narrative von Tschechen und Deutschen im Zeitenwandel

Neben der Rübezahlbaude Waltersdorf erinnert dieser Gedenkstein Wanderer an die Vertreibung der Sudetendeutschen.
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... auf anderer Seite des Wanderwegs – bereits in Tschechien – wird ein ganz anderes historisches Narrativ tradiert. Hier wird an tschechische Grenzsoldaten erinnert, die 1938 gegen sudetendeutsche Freikorps kämpften. Fotos: Till Scholtz-Knobloch
Böhmisch Leipa/Zittau. „Wie erinnern wir uns an das Ende des Krieges? Kommen Sie und schauen Sie sich das an“, leitet der Kurator der Ausstellung „Narrativ 1945 – Interpretation, Reinterpretation, Missinterpretation“ in Böhmisch Leipa (Ceská Lípa), Tomáš Cidlina, eine Einladung zur Vernissage am Donnerstag, 8. Mai, 17.00 Uhr, im Heimatkundemuseum/Galerie in Böhmisch Leipa am námìsti Osvobození 297/1 ein, für die die deutsche Sprachfassung die Hillersche Villa aus Zittau übernommen hat, die sich auch am Begleitprogramm beteiligt.
Die Ausstellung, die bis 28. Oktober zu sehen sein wird, „soll eine ungewöhnliche Perspektive darlegen, wie die Ereignisse am Ende des Zweiten Weltkriegs interpretiert wurden und werden – nicht nur im regionalen, sondern auch im nationalen Kontext – und wie sich ihre Interpretation im Laufe der Zeit verändert hat“, heißt es in der Ankündigung, die nicht allein auf die Ereignisse des Mai 1945 in Böhmisch Leipa und der ehemaligen Tschechoslowakei eingehen werde. Ziel sei es vor allem, darüber nachzudenken, wie das Phänomen der Befreiung im politischen, künstlerischen und medialen Diskurs sowie in der Schulbildung behandelt wurde.
Besucher werden mit Zeitdokumenten sowie auch audiovisuellen Elementen sowie „eine(r) einzigartige(n) szenografische(n) Gestaltung vom Ausstellungsraum des Kreuzganges“ konfrontiert. Anlässlich der Eröffnung wird der Öffentlichkeit auch eine gleichnamige Aufsatzsammlung präsentiert, die thematisch mit dem Jahr 1945 und seiner Bedeutung in der tschechischen Geschichte verbunden ist. Die Autoren der zweisprachigen Publikation sind namhafte Historiker, Archivare, Kunsthistoriker, Film- und Literaturwissenschaftler sowie Philosophen.
Es werde zahlreiche Begleitveranstaltungen stattfinden, darunter Führungen, tschechisch-deutsche Exkursionen zu Orten, die mit den Ereignissen des Kriegsendes und der ersten Friedensmonate in Verbindung stehen, Konzerte sowie der Podcast Rewrite History.
Zudem wir eine Einladung zum Konzert Heimatcore ausgesprochen, das im September in Zittau stattfinden wird. Es handelt sich dabei, um eine Kulturbegegnung, bei der das Erlebnis der Kombination von Musik, Geräuschen aller Art und Gedichten in einem tragikomischen Projekt über die ’Transformation’ der nordböhmischen Grenzregion übermittelt werden soll. Die komponierten Gedichte werden ins Deutsche übersetzt. In das Ausstellungsprojekt ordnet sich auch der Deutsch-Tschechische Tag am 15. Juni ein, der an den 80. Jahrestag der sogenannten „wilden Vertreibung“ aus Böhmisch Leipa erinnern wird, die aber auch stellvertretend für das gesamte Sudetenland verstanden werden kann. Diese Gedenkveranstaltung, an der seit 2019 Deutschen wie Tschechen teilnehmen, wird in diesem Jahr durch ein Konzert des Zitherspielers Michal Müller aus Warnsdorf (Varnsdorf) begleitet, dessen Werk die Kulturlandschaft Nordböhmens widespiegelt.