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Weihnachten – die tiefe Sehnsucht nach Liebe

Weihnachten – die tiefe Sehnsucht nach Liebe

Kantor Michael Vetter an einem seiner Arbeitsorte: Im Dom wird der Kirchenmusiker zu Weihnachten mehrmals zu erleben sein. Foto: RK

Der Countdown läuft: Nur noch wenige Tage vergehen, dann feiern auch die Menschen hier zu Lande die Geburt Jesu Christi. Für den Bautzener Kirchenmusiker Michael Vetter naht damit eine besonders schöne Zeit im Jahr. Im Oberlausitzer Kurier spricht er über die Magie des Weihnachtsfestes, über die Bescherung mit der Familie und welche besonderen Gerichte bei ihm daheim auf den Teller kommen.

Herr Vetter, wie erleben Sie als Mann der Kirche die Vorweihnachtszeit in Bautzen in Hinblick auf das menschliche Miteinander? Unterscheidet sich dieses im Vergleich zum Rest des Jahres?

Michael Vetter: Seit unserem Umzug nach Bautzen vor nunmehr fünf Jahren haben wir als Familie die Bautzener als sehr freundlich, entgegenkommend und offen erlebt. In Hinblick auf die Adventszeit und Weihnachten spüre ich bei den Menschen eine besondere Freude auf diese Zeit, die sich ebenso im freundlichen Miteinander ausdrückt. Dennoch habe ich auch den Eindruck, dass sich viele für die Adventszeit, die ja eigentlich eine Zeit der Vorbereitung auf Weihnachten sein soll, zu viel vornehmen. 

Welche Chance bietet aus Ihrer Sicht das Fest der Liebe für das Zusammenleben in der Spreestadt, die ja in der Vergangenheit nicht nur einmal in die Negativschlagzeilen geriet?

Michael Vetter: Zu Weihnachten und bereits davor kommen viele Menschen zusammen, die gemeinsam dieses Fest begehen: Menschen verschiedenster Herkunft, aus ganz unterschiedlichen Altersgruppen und auch mit abweichenden politischen Anschauungen. Sie alle hören die gleiche biblische Geschichte, in der die Engel Gottes Frieden auf Erden verkünden. Wenn sich die Menschen durch diese Geschichte anrühren lassen, dann kann dieser Friede an ganz vielen Stellen spürbar werden, wachsen und sich ausbreiten.

Ich kann mir vorstellen, dass Sie als Kantor gerade im Advent ordentlich viel um die Ohren haben. Wie haben sich unsere Leser Ihren vorweihnachtlichen Alltag vorzustellen? 

Michael Vetter: Der familiäre und berufliche Alltag in der Adventszeit unterscheidet sich nicht wesentlich von dem Alltag im restlichen Kirchenjahr. Die Inhalte sind anders, die diese Phase prägen. Es wird auch mehr gesungen und es finden einige Proben mehr statt, da in dieser Zeit mehr Veranstaltungen und Gottesdienste vorzubereiten sind. Viele Menschen sind in Bautzen unterwegs, die nach Inhalten für diese besondere Zeit suchen und besuchen auch unsere Kirchen. Ich finde es schön, die biblischen Texte in der Musik erklingen zu lassen, die alten und neuen Lieder zu singen und damit ein Gespür für die adventliche Stimmung zu bekommen und weiterzugeben. Dennoch versuche ich gerade in diesen Wochen im Advent immer wieder Freiräume einzurichten, um diese besondere Zeit auch mit meiner Familie erleben und feiern zu können. Auch das Singen in unterschiedlichen Situationen nimmt in der Adventszeit einen größeren Raum ein, da die Menschen in dieser Zeit zugänglicher für das gemeinsame Musizieren sind. Sehr gern erlebe ich Adventsliedersingen und begleite diese Lieder an der Orgel, am Klavier oder am Flügel. Auch das macht für mich diese Zeit schön und besonders.

Wie sehr freuen Sie sich im Vorfeld bereits darauf?

Michael Vetter: Im Vorfeld ist es für mich immer eine große Freude, aus der Vielfalt der Kirchenmusik zu schöpfen und die unterschiedlichen Gottesdienste und Veranstaltungen zu planen und zu gestalten. Dieser Prozess findet mitunter bereits am Jahresanfang beziehungsweise spätestens im Sommer statt. Dabei bereitet es mir auch Freude, für die ausgewählte Musik die entsprechenden Instrumentalisten und Solisten zu verpflichten. In der Advents- und Weihnachtszeit selbst freue ich mich auf die Menschen, die zu uns kommen und über die großartigen Möglichkeiten der Kirchenmusik, ganz besonders der Orgel, die adventlichen Bilder in Klang umsetzen. Eine ganz andere Freude ist es dann noch einmal, die Vorfreude unserer Kinder auf diese Zeit zu erleben, die Wohnung besonders zu schmücken, Pfefferkuchen zu backen, sie anzumalen, für die Kleinen Adventsketten zu gestalten und mit der ganzen Familie diese Zeit zu erleben.

Worauf dürfen sich die Bautzener beim Kirchenbesuch am Heiligen Abend und an den Feiertagen einstellen?

Michael Vetter: In allen Kirchen wird es festliche Gottesdienste geben, die von allen Beteiligten mit großer Freude vorbereitet werden. Die Evangelische Kantorei St. Petri wird die Kirchenmusik am Heiligen Abend im Dom mit Musik von Michael Praetorius gestalten. Am ersten Weihnachtsfeiertag erklingen in der Maria-und-Martha-Kirche Teile aus Händels „Messias“. Tags darauf wird die Kantate „Christum wir sollen loben schon“ von Johann Sebastian Bach dargebracht. Das neue Jahr eröffnen wir mit einem festlich-virtuosen Konzert für Sopran, Trompete und Orgel ebenfalls in der Maria-und-Martha-Kirche.

Wenn das alles geschafft ist, werden auch Sie sich sicherlich in die heimische Stube zurückziehen. Wie wird – inklusive dem Baumaufstellen – Ihr Weihnachtsfest im Privaten detailliert verlaufen?

Michael Vetter: Den Baum sucht die Familie gemeinsam in der Adventszeit bei einem Bauern aus. Da liegt ein wesentlicher Teil der Entscheidung bei unseren Kindern, die vier, acht und elf Jahre alt sind. Der Baum wird am Vorabend des 24. Dezembers im Wohnzimmer aufgestellt und gemeinsam mit meiner Frau geschmückt. Dabei treffen sich bayerische und sächsische Traditionen an unserem Christbaum in weihnachtlicher Eintracht. In den Nachmittagsstunden am Heiligen Abend finden das Weihnachtsliedersingen sowie unterschiedliche Gottesdienste im Dom St. Petri statt. Im Anschluss daran machen wir uns gemeinsam auf den Heimweg. Nach einem gemütlichen Abendessen zünden wir in der Wohnstube ganz viele Kerzen an: am Christbaum, an den Pyramiden, Engeln, Bergmännern und an allen Leuchtern. Es erklingt eine Glocke und die Kinder kommen zur Bescherung ins Zimmer. Bevor sie mit dem Auspacken beginnen können, singen wir noch gemeinsam. Traditionsgemäß ist es bei uns üblich, dass an diesem Abend jeweils nur ein Geschenk geöffnet wird. Weitere folgen in den darauffolgenden Tagen. Sobald etwas Ruhe eingekehrt ist, beginnen wir mit dem Öffnen der Weihnachtspost und telefonieren mit unseren Familien. An den Feiertagen finden dann die Weihnachtsgottesdienste mit festlicher Kirchenmusik statt. Wir treffen uns zudem mit meinen Eltern, Geschwistern und deren Familien in meinem Geburtsort Pirna. Den Jahreswechsel verbringen wir gemeinsam bei der Familie meiner Frau in Passau.

Und was kommt im Familienkreis an den Feiertagen auf den Tisch?

Michael Vetter: Meine ganz persönliche Freude besteht im Anschnitt des Christstollens am ersten Weihnachtsfeiertag früh morgens, noch bevor ich meinen Dienst in der Kirche antrete. Leider hat in diesem Jahr die Bäckerei in Pirna geschlossen, aus der ich seit meiner Kindheit den besonderen Dresdner Christstollen gekannt habe. Ansonsten essen wir am 24. Dezember zu Mittag eine Buttermilch-Suppe mit Kartoffeln. Das österreichische Rezept hat meine Frau aus ihrer Familie mitgebracht. Am Abend gibt es feine Kalbsbratwürste, Sauerkraut und Kartoffeln sowie einen besonderen Obstsalat. Später am Abend genehmigen wir uns die ersten Plätzchen, die wir aus Passau beziehen. An den Feiertagen treffen wir uns mit der ganzen Familie und essen die üblichen weihnachtlichen Köstlichkeiten wie Gans oder Huhn.

Welche Bedeutung hat für Sie das herannahende Fest der Liebe? 

Michael Vetter: Die Bedeutung von Weihnachten drückt sich für mich in dem Bibelvers aus dem Johannes-Evangelium aus, in dem es heißt: „Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.“ Gott wendet sich uns Menschen in Liebe zu, indem er selbst Mensch wird – in seinem Sohn Jesus Christus. Es ist ein so einschneidendes Erlebnis für die Menschheit gewesen, dass wieder und wieder daran gedacht wird. Egal ob die Menschen an Gott glauben oder nicht – in dieser Zeit lässt sich spüren, dass etwas ganz Besonderes geschehen ist, woran sich die Menschen jedes Jahr aufs Neue zu Weihnachten erinnern. Dahinter verbirgt sich die tiefe Sehnsucht nach Liebe, Zuwendung und Geborgenheit. Für mich liegt der erste Schritt darin, um dieses Gefühl zu erfüllen, einander mit Freundlichkeit und Achtsamkeit zu begegnen. Ich freue mich über jedes Zusammentreffen in Bautzen, bei dem ich das empfinden kann.

Angenommen, Sie hätten drei Wünsche frei. Was müsste im nächsten Jahr für Sie in Erfüllung gehen?

Michael Vetter: Jedes Jahr zu Weihnachten habe ich den Wunsch, dass wir wieder ein neues Gespür für das Wunder der Weihnacht bekommen, dass uns die Liebe Gottes durch das Kind in der Krippe anrührt, uns ein Stück menschlicher und friedfertiger macht und wir durch dieses weihnachtliche Licht zuversichtlich durch das neue Jahr gehen.

Roland Kaiser / 16.12.2019

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