Welchen Stellenwert hat die Stadtentwicklung?
Das Bautzener Rathaus galt in der jüngeren Vergangenheit nicht gerade als sehr entscheidungsfreudig, was wichtige Dinge in der Stadt anbelangt. Doch das kann sich im neuen Jahr ändern. Foto: Juline Rodig
Bautzen. Der Streit zwischen einer Mehrheit im Bautzener Stadtrat und der Verwaltungsspitze um die Etablierung eines Kulturfonds im nach wie vor nicht beschlossenen Haushalt 2019 nimmt immer groteskere Züge an. Nun haben sich auch die Fraktionen von SPD und Linkspartei in die kontroverse Diskussion um die mögliche Vereinsförderung eingeklinkt – und zwar mit einer gemeinsam verabschiedeten Erklärung. Darin nehmen die elf Stadträte des linken Lagers Stellung zu den, wie sie es schildern, „anhaltenden Beschuldigungen und Berichterstattungen rund um die Krone“ sowie den von CDU, FDP und Bürgerbündnis Bautzen (BBBz) geforderten Kulturfonds in Höhe von 300.000 Euro. So heißt es unter anderem in dem Schreiben, das von den jeweiligen Fraktionschefs Roland Fleischer und Steffen Grundmann unterzeichnet wurde und das der Redaktion des Oberlausitzer Kuriers vorliegt: „Die Linke und die SPD stehen zum Oberbürgermeister Alexander Ahrens sowie zu der Stadtverwaltung, die auf der Basis von Recht und Gesetz agieren. Noch nie konnten Stadträtinnen und Stadträte so viel bei einem Haushalt mitentscheiden und mitgestalten. Die Stadtverwaltung und die Bürgermeister legen eine nie dagewesene Transparenz an den Tag.“ Und weiter: „Wir, die Fraktionen der Linken und SPD, finden es vollkommen inakzeptabel, einen kompletten Haushalt in Höhe von 80 Millionen Euro wegen 300.000 Euro für den Betrieb der Krone aufs Spiel zu setzen. Wir alle stehen in Verantwortung für die Bürger dieser Stadt und sollten den Haushalt spätestens im Februar 2019 beschließen. Diesen Beschluss aus egoistischen, nostalgischen und populistischen Gründen nun aufs Spiel zu setzen, ist nicht verantwortbar und eines Stadtrates unwürdig.“
Genau das wollen die, an deren Adresse diese Erklärung gerichtet ist, so nicht stehen lassen. Steffen Tech, Fraktionsvorsitzender des Bürgerbündnisses, bezeichnete die vorgebrachten Anschuldigungen als „haltlos“. „Die Konsequenzen bei einer Ablehnung des Haushalts sind uns durchaus bewusst. Zu verantworten hätte dies jedoch Herr Ahrens. Auch wir erkennen an, dass man den Stadträten umfangreiche Mitgestaltungsmöglichkeiten gewährt hat. Dafür ist die Fraktion BBBz der Verwaltung auch dankbar. Wir müssen uns aber darauf verlassen können, dass Besprochenes und Zugesagtes auch umgesetzt wird. Und genau dass ist leider nicht geschehen. Wir haben als antragstellende Fraktionen mehrfach bezüglich eines Erwerbs des Krone-Geländes mit Herrn Ahrens verhandelt und einen entsprechenden Kompromiss erzielt. Eine Umsetzung im Haushalt 2019 wurde uns zugesichert. Das Verhalten von Herrn Ahrens in Hinblick auf diese Absprache ist traurig und unwürdig.“
Indes signalisierte CDU-Mann Karsten Vogt weiterhin Gesprächsbereitschaft seiner Partei. Um die Beschlussfassung zum Haushalt zu ermöglichen, wie er sagte. „Das Thema des Kulturfonds muss aus unserer Sicht in diesem Zusammenhang jedoch nochmals besprochen werden. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass man diesen ermöglichen und den Etat in der vereinbarten Zeitschiene beschließen kann. Das eine schließt das andere nicht aus. Auch die Mitglieder der CDU-Fraktion sind sich ihrer Verantwortung gegenüber den Bautzener Bürgern und der hiesigen Wirtschaft in Bezug auf den städtischen Haushalt sehr wohl bewusst.“ Mike Hauschild von der FDP sieht den Ball nun beim Stadtoberhaupt liegen. „Er muss ihn eben auch spielen und nicht herumliegen lassen.“
Denn was würde passieren, wenn der Etat keine Mehrheit findet?
Aus Sicht von Roland Fleischer ziehe das gleich mehrere Konsequenzen nach sich: „Es gäbe keine Vereinsförderung, keinen Straßenausbau, keine seit langem notwendige Sanierung der Allende-Oberschule und keinen Neubau der benötigten Schulsport-Turnhalle an der Müllerwiese. Ein Nothaushalt deckt nur laufende Kosten.“
An dieser Stelle kann sich der Sozialdemokrat einen weiteren Seitenhieb in Richtung der bürgerlichen Parteien nicht verkneifen: „Für gerade einmal 0,3 Prozent des Etats und noch dazu für eine rein freiwillige Leistung wollen einige Stadträte Zuwendungen an Schulen, Vereinen und Dienstleistungen an den Bürgern aufschieben beziehungsweise streichen. Die Pressemitteilungen der Stadtverwaltung, die Protokolle der Stadtratssitzungen und alle Äußerungen des Oberbürgermeisters zeigen deutlich: Ein Betrieb der Halle ist möglich, aber ein wie auch immer gearteter Zuschuss seitens der Stadt oder der BWB ist ausgeschlossen.“ Dem Vorwurf, Oberbürgermeister Alexander Ahrens hätte einen Wortbruch begangen, begegnen Steffen Grundmann und Roland Fleischer, indem sie wieder mehr Respekt gegenüber Amtsträgern einfordern. „Wir fordern alle Stadträtinnen und Stadträte dazu auf, auch in kritischen, brisanten und emotionalen Diskussionen zur Sachlichkeit zurückzufinden und gemäß unserem geleisteten Eid für die Belange der Stadt konstruktiv zusammenzuarbeiten.“
Belange der Stadt. Was heißt das eigentlich? Werden diese, wie von den Sozialdemokraten und Linken angesprochen, den Spreestädtern und deren Interessenslage heutzutage noch gerecht? Das ist die wohl mit Abstand wichtigste Frage, die es aus Sicht vieler Menschen, die in Bautzen leben, seit Monaten zu klären gilt. Pendlerparkplätze oder eine funktionierende Stadthalle sind nur zwei Beispiele, die auf der Wunschliste ganz oben stehen.
Einen Einblick in die Gefühlswelt seiner Mitmenschen wird freilich nur derjenige erhalten, der das Ohr am Wählervolk hat. Und das möchte garantiert keinen zerstrittenen Stadtrat und keine sich selbst lähmende Verwaltung. Vielmehr braucht Bautzen – der Wirtschaftsmotor der Oberlausitz – auf allen Seiten sowohl Engagement, Fleiß und Risikobereitschaft als auch hin und wieder die eine oder andere ausgefallene Idee und natürlich Mut zur Entscheidungsfindung, damit die Kommune perspektivisch gesehen für Unternehmen und die Bautzener selbst attraktiv bleibt. Das anstehende Wahljahr bietet die Chance dafür, dass wieder neuer Schwung aufkommt. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen hoffnungsvollen Start für 2019. Ihr Roland Kaiser
Kommentare zum Artikel "Welchen Stellenwert hat die Stadtentwicklung?"
Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.
Herr Kaiser, ich stimme Ihnen zu, dass das Ohr wirklich zum Wählerohr gehalten werden muss. Weiß denn der OB überhaupt, was der Bautzener will? Ist es nicht seine Aufgabe, moderierend zwischen den Fraktionen zu vermitteln? So lange er das nicht tun, wird sich Bautzen kein Stück weiter entwickeln.
Vielleicht sollte nächstes Jahr gleich ein neuer OB mit gewählt werden.