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Afrikanische Gäste fliegen auf Kamenzer Drohnen ab

Afrikanische Gäste fliegen auf Kamenzer Drohnen ab

Florian Helm, Technischer Leiter der AEF gGmbH, kann seine Drohnen für vielfältige Einsatzzwecke ausrüsten.

Der Bürgermeister der Nebelschützer Partnerstadt Ouidah in Benin hat Deutschland besucht. In Kamenz bekam er Einblicke in Entwicklungen, die auch hierzulande noch am Anfang stehen.

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Der Ouidaher Bürgermeister Houetchenou M. Christian (hier mit Andreas Kretschmer und Marlies Richter vom Sowutu e.V. sowie Florian Helm, v.l.n.r.) ist „offen für alles, was uns voranbringt.“

Kamenz. Auf den ersten Blick wirkt es wie eine ganz normale Luftbildaufnahme. Ein grünes Blätterdach bedeckt fast die gesamte Szenerie, hier und da von einer Lichtung unterbrochen, die den Blick auf den Boden freigibt. Eine blaue Fläche deutet einen der vielen Teiche in der Gegend nördlich von Kamenz an. Dann das zweite Bild: Aus der wenig detailreichen Darstellung wachsen plötzlich mehrere helle Punkte empor. Ein Zoom – und dem erstaunten Betrachter offenbart sich der Anblick einer Waschbärenfamilie, die sich am Ufer des Teiches tummelt.

„Auf einer normalen Aufnahme hätte man die Tiere niemals erkennen können“, meint Florian Helm. Der Technische Leiter der Autonom Elektrisch Fliegen (AEF) gGmbH mit Sitz in Kamenz hat mithilfe seiner Spezialtechnik schon viele überraschende Entdeckungen gemacht. Der Einsatz einer Wärmebildkamera hat zunächst darauf aufmerksam gemacht, dass sich etwas „Warmes“ – vermutlich ein Lebewesen – am Boden befindet. So konnte Florian Helm den markierten Bereich gezielt heranzoomen und nun mithilfe hoch auflösender, an einer Drohne befestigter Kameratechnik die Waschbären entdecken.

„Und was mit den Waschbären geht, das funktioniert natürlich auch mit Wildschweinen. Oder mit Tieren in einem afrikanischen Nationalpark“, erklärt Florian Helm. Und beides ist gar nicht so weit hergeholt: Das Aufspüren von Wildschweinen – ob tot oder lebendig – spielt im Rahmen der ASP-Bekämpfung (Afrikanische Schweinepest) eine entscheidende Rolle. Und die afrikanischen Tiere könnten beispielsweise im Staate Benin beheimatet sein. Einem Land, das bereits seit vielen Jahren intensive Beziehungen in die Kamenzer Region pflegt. Ihr Ursprung liegt in den vom früheren Nebelschützer Bürgermeister Thomas Zschornak geknüpften Kontakten zu Dah Bokpe, dem König von Ouidah – einer Großstadt an der Küste von Benin. Beschränkten sich diese anfänglich auf den touristischen und folkloristischen Austausch, so haben sie zwischenzeitlich auch eine wirtschaftliche Dimension erreicht.

So unterzeichneten Thomas Zschornak und die damalige Bürgermeisterin von Ouidah, Clotaire Célestine Adjanohoun, Ende 2019 eine Vereinbarung über partnerschaftliche Zusammenarbeit unter anderem auf wirtschaftlichem Gebiet. Und auch wenn beide nicht mehr im Amt sind, so besteht die Vereinbarung doch weiter und wird vor allem durch den Sowutu e.V. – Verein für internationale Zusammenarbeit getragen.

Zum Zeitpunkt der Vereinbarung hatten beide Seiten hauptsächlich den Bereich der Landwirtschaft im Blick. Doch in einem Land, dessen Infrastruktur erst in Ansätzen ausgebaut und in der Regenzeit kaum benutzbar ist, könnten autonom agierende Fluggeräte – also Drohnen – vielfältigen Nutzen bringen. „Beispielsweise im Tourismus, wenn man Besuchergruppen gezielt zu den Tieren führt“, erklärt Peter Pfeiffer, Leiter für Öffentlichkeitsarbeit/PR beim 3D-Aero e.V., der eng mit der AEF gGmbH verbunden ist und mit ihr gemeinsam die Möglichkeiten des autonomen und elektrischen Fliegens auslotet. Auch auf dem Gebiet des Medikamenten- und Organtransportes, zu dem derzeit ein Modellprojekt vorbereitet wird. „Ab dem nächsten Jahr soll der deutschlandweit erste Vertiport, also ein Start- und Landeplatz für das senkrechte Abheben, in der Umgebung von Kamenz entstehen“, kündigt Peter Pfeiffer an. Und auch das „Reallabor“ für die Erprobung von Drohnen wird in etwa sechs Monaten voll funktionsfähig sein. „Vieles von dem, was wir hier erproben, kann sicher auch in Benin von Nutzen sein“, so der PR-Manager.

Bei Houetchenou M. Christian findet er damit offene Ohren. „Wir in Benin sind offen für alles, was uns voranbringt und heißen alle, die uns dabei unterstützen wollen, herzlich willkommen“, erklärt der Bürgermeister von Ouidah, der unlängst an der Spitze einer Delegation Deutschland – und in diesem Rahmen auch Nebelschütz und Kamenz – besuchte. Das westafrikanische Land biete stabile politische Verhältnisse, Demokratie und Sicherheit für ausländische Unternehmen, „wenn auch noch nicht mit Europa vergleichbar.“
Ihm schwebt das Auffinden von Müll in Gewässern als weiteres mögliches Einsatzfeld vor. Doch natürlich gefällt dem Bürgermeister auch die Idee, mithilfe von Drohnen den Tourismus anzukurbeln. Dann zeigen sich beim Heranzoomen der Luftaufnahmen vielleicht keine Waschbären, sondern Zebras oder Krokodile …

Uwe Menschner / 05.10.2022

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