Flohmarkt zur Einkaufsnacht: Alt ergänzt Neu

Stöbern, Suchen, Anprobieren. Foto: Beate Diederichs
Kamenz. Das „Kaufhaus Stange“ am Kamenzer Markt strahlt in die kalte Nacht des 21. November. Zwei Frauen tragen gerade eine Puppe mit einem gelben Kleidchen nach draußen, das an ferne Sommertage erinnert. In Schaufenster ist eine Wäscheleine mit Second-Hand-Mode gespannt: einer Jacke, einer Bluse, einem Mantel. Jetzt, kurz nach neunzehn Uhr, steht die Ladentür nicht still: Gruppen von Frauen, Familien, Jugendliche nehmen Kleidungsstücke von den Ständern, betrachten und befühlen sie. Gefällt das Stück, verschwinden sie damit in der improvisierten Umkleide. „Sieben Euro für den Pullover – wäre das ok?“ fragt Claudia Matousek, eine der sechzehn privaten Anbieterinnen aus der Region, die Anne Hasselbachs Aufruf gefolgt sind. Die Lehrerin aus Radibor ist „positiv überrascht über die große Resonanz“, die der Flohmarkt hervorruft. Sie hat um die hundert Stücke mitgebracht, einige davon nur wenig getragen. Sogar ein Vintage-Herrenmantel ist dabei. Ansonsten ist Männerkleidung auf dem Frauenflohmarkt natürlich Mangelware. Etwa zwanzig Sachen hat Claudia Matousek zwei Stunden nach Beginn schon an die Frau oder das Mädchen gebracht.
Sie trage, meint sie, fast nur Second-Hand-Ware oder Selbstgeschneidertes: „Ich mag gute Markenware. Die ist aber teuer, daher suche ich unter Angeboten aus zweiter Hand. So bin ich individuell gekleidet und verhalte mich ressourcenschonend.“ Am Stand gegenüber schiebt Dana Wittmann aus Kamenz die Bügel mit den Kleidungsstücken gerade, die sie mitgebracht hat. Sie teilt sich den Stand mit einer Freundin. Fünf oder sechs Artikel seien bereits weg, meint sie. Anders als manche Mitstreiterinnen hat Dana Wittmann der Jahreszeit entsprechend nur Wintermode mitgebracht. „Ein Wintermantel und ein Glitzerblazer fanden recht schnell ihre Abnehmerinnen. Doch große Größen gehen heute meinem Eindruck nach gar nicht.“'
Der „Flohmarkt für Ladies“ ergänzt in diesem Jahr erstmalig das Rahmenprogramm der Kamenzer Einkaufsnacht. City-Managerin Anne Hasselbach organisiert es. Die Einkaufsnacht, „Nachtshopping“ genannt, ist eine Aktion der Kamenzer Einzelhändler. Sie findet seit vielen Jahren an einem Freitagabend kurz vor der Adventszeit statt. Zum Rahmenprogramm gehört auch eine Modenschau: Dabei laufen trotz der niedrigen Temperaturen Amateur-Models über einen Laufsteg beim Rathaus. „Sie führen Neuware verschiedener Kamenzer Geschäfte vor, die man natürlich kaufen kann. Die Second-Hand-Ware des Flohmarkts stellen wir dem als Kontrapunkt gegenüber: Alt, oder besser Nachhaltig, kombiniert mit Neu“, erzählt die City-Managerin. Als geeigneten Ort fand sie dafür das traditionsreiche „Kaufhaus Stange“. Es steht leer, seit die Inhaberin letztes Jahr aus Altersgründen aufgab. Immobilienmaklerin Manuela Wagner erreichte, dass die Eigentümer mit der Öffnung einverstanden waren.
Die Ausstellerinnen zahlen für die Unkosten eine kleine Gebühr. Anne Hasselbach ist gespannt, wie das Experiment „Flohmarkt“ über den ganzen Abend angenommen wird. „Wenn es gut läuft, könnte ein solcher Flohmarkt mehrmals im Jahr stattfinden. Und warum nicht einmal eine Modenschau nur für Sachen aus zweiter Hand?“