Direkt zum Inhalt springen
Info & Kommentare

Frischer Oberlausitzer Karpfen statt nur Fischstäbchen

Frischer Oberlausitzer Karpfen statt nur Fischstäbchen

Junge Leute müssen den Fisch oft erst als Tradition in Konkurrenz mit Tiefkühlprodukten entdecken. Foto: Michael Bärisch

Alternativer Text Infobild

Bei einem Angelseminar nahe Förstgen Foto: Naturschutzstation

Wartha/Förstgen. Siebtklässler diskutieren angeregt. Soll die Teichwirtschaft intensiver werden oder bleibt sie so naturverbunden wie bisher? Heute sind sie nicht nur Schüler, sondern schlüpfen in verschiedene Rollen: Der „Teichwirt“ möchte mehr Fisch ernten, der „Tourist“ sich erholen und Fisch probieren, die „Ornithologin“ verweist auf seltene Vogelarten. Am Ende sind sich alle einig: Die Lausitzer Teiche sollen so bleiben, wie sie sind – artenreich und lebendig. Auch wenn das bei Ressourcenschonung bedeutet, dass weniger Fisch gefangen wird. Das Ganze spielt sich im Haus der Tausend Teiche in Wartha des Biosphärenreservats Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft ab. Hier lernen Kinder, was hinter dem Begriff Lausitzer Fisch steckt – und dass er weit mehr ist als nur eine regionale Spezialität.

Vom Teich bis zum Teller

Der Lausitzer Fisch ist ein Produkt mit Geschichte. Seit über 800 Jahren prägt die Teichwirtschaft die Landschaft zwischen Königsbrücker Heide und Lausitzer Neiße. Aus sumpfigen Flächen entstanden Teiche, die nicht nur Karpfen, Schleien und Hecht, sondern auch seltenen Vögeln, Amphibien und Pflanzen Lebensraum bieten. 

Rund 20.000 Hektar Teichflächen werden bis heute bewirtschaftet – ein europaweit einmaliges Beispiel für ökologisch verträgliche Nutzung. Damit dieses Wissen nicht verloren geht, gibt es zahlreiche Angebote für Kinder und Jugendliche, die Welt der Teiche mit eigenen Augen zu entdecken.

„Familien, Kitagruppen und Schulklassen erleben bei uns gleichermaßen, wie eng Natur, Wirtschaft und Kultur miteinander verwoben sind“, erklärt Verena Müller von der Biosphärenreservatsverwaltung. „Bei Führungen, Schnitzeljagden und anderen Bildungsangeboten geht es aber nicht nur um Fische, sondern um ein ganzes Ökosystem.“

Ein neuer Höhepunkt ist das eigens entwickelte Planspiel Teichwirtschaft, das 2024 erstmals mit den Gewinnern der regionalen Biologie-Olympiade durchgeführt wurde. Kinder übernehmen dabei verschiedene Rollen rund um die Teichproduktion, wägen Interessen ab und entscheiden am Ende demokratisch. 

Kinder werden zu Anglern

Auch in der Naturschutzstation östliche Oberlausitz e.V. wird gelernt – und gefischt. Seit Jahrzehnten gehören die Angelcamps fest zum Ferienprogramm. Die Naturschutzstation bietet sie im Auftrag der Biosphärenreservatsverwaltung an. 

Teilnehmen können Kinder und Jugendliche zwischen acht und 16 Jahren. „Angeln ist für viele junge Menschen hier in der Region ein beliebtes Hobby“, erzählt Annett Hertweck, Geschäftsführerin der Naturschutzstation. „Aber wir vermitteln weit mehr als nur Technik. Es geht um Respekt vor dem Lebewesen und um das Verständnis für den Kreislauf der Natur.“

Mit Umweltpädagogin Susan Müller und einem Angelwart lernen die Teilnehmer, wie man eine Angel auswirft, welche Fische gefangen werden dürfen und wie man sie anschließend waidgerecht tötet. Am Ende steht nicht nur eine kleine Prüfung – sondern ein neues Bewusstsein. „Viele Kinder staunen, wenn sie erfahren, dass unsere Teiche von Menschenhand geschaffen wurden und dass es ohne die Fischwirtschaft diese Landschaft gar nicht gäbe“, so Susan Müller.

Ab Mai 2026 steht das Schloss Niederspree als neues Naturschutzzentrum mit Übernachtungsplätzen zur Verfügung. Dann können die Angelcamps erstmals mit Übernachtung angeboten werden.

Teilnehmer könnten dann auch zum Nachtangeln begleitet werden, berichtet Annett Hertweck. „Die Teiche und die Natur im Dunkeln zu erleben, ist noch einmal eine ganz andere Erfahrung“, sagt sie. Für Hertweck ist die Wissensvermittlung rund um den Lausitzer Fisch aber auch ein kulinarisches Anliegen. „Viele Kinder kennen heute nur Fischstäbchen aus dem Supermarkt“, sagt sie lächelnd. „Wer einmal frischen Lausitzer Fisch probiert hat, versteht, warum er hier zur Tradition gehört.“ Im Mühlencafé der Naturschutzstation erlebt sie immer wieder dasselbe: anfängliche Skepsis der Gäste – und dann Begeisterung. „Viele denken, Karpfen sei fett oder schmecke modrig. Aber richtig zubereitet ist er fein, zart und aromatisch“, erklärt die Geschäftsführerin. „Ich würde mir wünschen, dass sich wieder mehr Restaurants trauen, den Lausitzer Fisch auf ihre Karte zu setzen.“ 

MGO/tsk / 28.10.2025

Schlagworte zum Artikel

Was sagen Sie zu dem Thema?

Schreiben Sie uns Ihre Meinung

Die Mail-Adresse wird nur für Rückfragen verwendet und spätestens nach 14 Tagen gelöscht.

Mit dem Absenden Ihres Kommentars willigen Sie ein, dass der angegebene Name, Ihre Email-Adresse und die IP-Adresse, die Ihrem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, von uns im Zusammenhang mit Ihrem Kommentar gespeichert werden. Die Email-Adresse und die IP-Adresse werden natürlich nicht veröffentlicht oder weiter gegeben. Weitere Informationen zum Datenschutz bei alles-lausitz.de finden Sie hier. Bitte lesen Sie unsere Netiquette.

Weitere aktuelle Artikel