Schlesier „fliegen“ nicht mehr ostwärts

Die Abfahrtzeit des EC ist auf der Anzeigetafel nur für Zöllner ausgewiesen. Foto: André Schulz
Niesky/Horka. In der letzten Ausgabe ist im Text „Fahrplanwechsel und ZVON-Fusion“ schon vom neuen EC von Przemysl über Krakau und Breslau nach Leipzig die Rede gewesen. Sieben Seiten später klang im Text „Vertrauensbruch weiter verschärft?“ auch der Wunsch eines „europäischen Verkehrshaltes“ für Niesky an.
Mit dem Fahrplanwechsel weckte der zweimal täglich verkehrende Zug, der fahrplanmäßig zwischen Kohlfurt (Wegliniec) und Hoyerswerda nicht hält, in Niesky aber Interesse. Bürgermeisterin Kathrin Uhlemann und Stadträte schauten sich den ersten Halt in Niesky an, der hier aber einen ganz anderen Hintergrund hat: Niesky ist ’vorerst’ nur Betriebshalt.
Bei einem Zustieg bei einem „Betriebshalt“ riskiert ein Fahrgast aufgrund des Verstoßes gegen die Beförderungsbedingungen der Bahn eine Ordnungswidrigkeit mit Strafe. Um einen Betriebshalt in Niesky hatte der Zoll im Zusammenhang mit den Grenzkontrollen gebeten. Stadtrat und Oberbürgermeisterin von Niesky möchten nun gerne diesen reinen Betriebshalt in einen echten Verkehrshalt umgewandelt sehen. Dieser Wunsch hatte in der in der Vorwoche bereits erwähnten ’Zittauer Erklärung’ Eingang gefunden. Von der eventuell vorübergehenden Natur derzeitiger Grenzkontrollen abgesehen würde eine notwendige Verlängerung des Bahnsteiges auch mindestens 3 Mio. Euro kosten.
Die Abfahrt in Leipzig ist um 10.55 Uhr und 14.55 Uhr sowie in Hoyerswerda um 12.36 Uhr und 16.36 Uhr. Das viel nähere Kohlfurt hat hingegen von deutscher Seite ein erschwerte Umsteigeoption, da die EC-Strecke sonst nur vom Güterverkehr befahren wird. Dass im Grunde auch eine Nahverkehrsoption Hoyerswerda-Kohlfurt fehlt, hat die Politik – wie auch der ZVON in seiner Pressemitteilung aus rein Bautzener Sicht – scheinbar übersehen. Immerhin kann für Reisende aus Görlitz auf der Bahnanreise über Penzig (Piensk) der Umstieg in Kohlfurt sinnvoll sein. In der Gegenrichtung ist die Ankunft in Leipzig jedenfalls um 13.04 Uhr und 17.04 Uhr. Die Fahrzeit Leipzig-Breslau wird dreieinhalb Stunden, nach und aus Krakau sieben Stunden betragen. Das sind im Grunde auch noch keine Spitzenwerte, bedenkt man, dass der „Fliegende Schlesier“ in den 30er-Jahren für die Strecke von Berlin bis ins zwischen Breslau und Krakau gelegene oberschlesische Beuthen (Bytom) nur viereinhalb Stunde benötigte! So ging schlesisch und nicht sächsisch vor fast 100 Jahren!
Zur Premiere des reinen Betriebshaltes des neuen EC in Niesky betont Kathrin Uhlemann unter Ausklammerung von Kohlfurt im Grunde nicht ganz sauber: „Seit Beginn des Jahres bin ich bemüht, auch einen Stopp in Niesky zu erwirken. Auch wenn Niesky mit 9.000 Einwohnern zu klein für einen Bahnhalt scheint, Görlitz ist 19 Regionalbahnminuten weit entfernt und bekäme so Anschluss an eine elektrifizierte Schnellzugtrasse und -verbindung.“ Die eigentliche Tragik für das Verteilungsgebiet des Niederschlesischen Kuriers kann damit auch darin gesehen werden, dass die einstige Umsteigeoption Horka baulich mittlerweile quasi zerstört ist. Ein dortiger Umstieg hätte es der gesamten Region viel einfacher gemacht. Der Zug scheint in vielfacher Hinsicht abgefahren.