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Sportlerfreundliches Wahlkampfgeschenk?

Sportlerfreundliches Wahlkampfgeschenk?

Sachsens Innenminister Prof. Roland Wöller, Octavian Ursu MdL und OB Siegfried Deinege bei den erlösenden Worten: „In Hagenwerder darf weitergespielt werden“Foto: Till Scholtz-Knobloch

Ende gut, alles gut? Die Kicker der ISG Hagenwerder dürfen wieder auf ihrem heimischen Sportplatz spielen und trainieren. Der sächsische Innenminister kam für diese gute Botschaft im seit Oktober schwelenden Streit persönlich nach Hagenwerder. Aber der Beipackzettel hat seine Tücken.

Hagenwerder. Als kleiner Fußballverein wird man durch den Pokal bekannt oder durch Kuriositäten. Die zweite Option hatte auswärtige Medien im Herbst häufig zur ISG Hagenwerder gelotst, da ihr Sportplatz für den Spiel- und Trainingsbetrieb gesperrt wurde. Nicht z.B. wegen gesundheitlicher Gefahren, sondern weil die Stadt Görlitz Mittel der Sächsischen Aufbaubank nach den Flutschäden von 2010 für die Renovierung des Stadions der Freundschaft eingesetzt hatte. Zugleich fiel damit der rechtliche Grund für die dauerhafte parallele Unterhaltung des Platzes in Hagenwerder weg.


Und so standen am Abend des 10. Dezember Octavian Ursu als Görlitzer Landtagsabgeordneter, sein CDU-Parteifreund und sächsischer Innenminister Prof. Roland Wöller sowie Oberbürgermeister Siegfried Deinege vor erwartungsfrohen Sportkameraden zum Showdown bereit und verkündeten, dass die Lösung gefunden sei.
Minister Wöller betonte zunächst, dass man die Geschichte um das Hin und Her richtig erzählen müsse und signalisierte Verständnis für die Anrainer der Neiße. „Ich bin aus Freital und dort auch flutgeplagt“. Zur richtigen Geschichte gehöre, dass die Stadt sich für einen „Ersatzneubau“ mit der Renovierung des Stadions der Freundschaft entschieden habe und demzufolge klar sei, dass der Sächsische Rechnungshof seine Augen aufmache. Die Kommunikation sei „nicht optimal gelaufen“. Octavian Ursu habe ihn zuletzt jedoch alle zwei Tage mit Anrufen um eine Lösung gedrängt. „Liebe Sportfreunde vom (Anm. der Redaktion: richtig von der) ISG , lieber Octavianus“ glitt dem Minister dann über die Lippen, der Octavian Ursu den großen Auftritt im einsetzenden Wahlkampf um das Oberbürgermeisteramt gerne ermöglichte: „Erfolg hat nicht nur einer, sondern die Mannschaft“.
Also eine Win-win-Situation für die Stadt, den Verein und die wahlkämpfende Politik? Octavian Ursu betont in seiner Ansprache sogleich, dass ihm eine „rechtlich belastbare Lösung“ bei der Vermittlung besonders am Herzen gelegen habe. Die bleibt für außenstehende Öffentlichkeit erst einmal verborgen.


Belastbar ist die Lösung sicherlich insofern, als dass sie von der Stadt, dem Land und der Kommunalpolitik gemeinsam getragen wird, die sich parteiübergreifend die Sache der ISG zu eigen gemacht hatte. So wohnten der Veranstaltung u.a. auch Mike Altmann (Motor Görlitz) oder Sebastian Wippel (AfD) bei. Ob juristisch alles ok ist, dürften indes eher interne Papiere später einmal Historikern verraten, sofern nicht ein Anruf des Ministers das eigentliche Machtwort war.

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OB, MdL und Minister – alle sind sie nun Fans der ISG Hagenwerder mit ihrem Vorsitzenden Thomas Zimmermann (rechts). Foto: Till Scholtz-Knobloch

Der Preis, der die Einigung überhaupt nur in Dresden, beziehungsweise bei der Sächsischen Aufbaubank in Leipzig, vermittelbar gemacht hat, ist der Umstand, dass die Stadt Görlitz Fördermittel nicht zurückzahlen muss, dafür jedoch über 25 Jahre keine weiteren Fördermittel von Bund und Land für Hagenwerder bekommen kann – insofern also komplett aus der Sportstättenförderung herausfällt. Oberbürgermeister Siegfried Deinege sagte im Sportlerheim der ISG daher: „Ich werde Kleingedrucktes in Zukunft noch genauer lesen“.


Er bzw. seine Nachfolger, die Stadträte und die Verwaltung müssen nun über 25 Jahre viel Disziplin üben, denn Investitionen für Sportanlagen sind im Allgemeinen für teuere Instandhaltungen oder notwendige Baumaßnahmen aus Mitgliedsbeiträgen nicht zu schultern. Die Frage bleibt daher wohl ein Vierteljahrhundert virulent, ob man Vereinschef Thomas Zimmermann und seinen Mitstreitern jetzt einen Pyrrhussieg geschenkt hat. Mike Altmann, der lobende Worte für die Beharrlichkeit der ISG und auch Octavian Ursus fand, regte bereits einen städtischen Sportstättenfond an, der auch anderen Klubs zugute kommen dürfe.

Till Scholtz-Knobloch / 17.12.2018

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