Neues für 2026 oder ab in ein Einhornland?

Gelingt eine Trendwende oder ist Deutschland 2026 auf dem Weg in ein Einhornland? Das lustige Schild findet sich unweit von Friedersdorf in der Gemeinde Markersdorf. Foto: Till Scholtz-Knobloch
Der Niederschlesische und der Oberlausitzer Kurier bleiben ihrer Tradition treu, zum Jahreswechsel auf anstehende gesetzliche Neuregelungen zu schauen. Doch es wird schwieriger den Dschungel zu lichten, seit sich die Flut der Probleme verschränkt und sich die Halbwertzeiten politischer Vorgaben immer schneller wandeln.
Region. Das politische Rad dreht sich immer schneller und schon im ersten Jahr der neuen Bundesregierung ist man nicht sicher, ob diese 2026 überdauert. Fakt ist: Im Grunde kann nichts mehr verteilt werden, auch weil die Wirtschaft mit ausufernden Energiekosten im Sturzflug ist. Seit Peter Leibinger, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) den freien Fall beim Namen nannte, ist erstmal Schweigen angesagt. Die PR-Etagen haben noch keine Wortschöpfung ersonnen, die das auffängt. Da Politik noch nicht in den Wahrhaftigkeitsmodus umgestellt ist, muss üblicherweise ja die Sprache die Realitäten umdrehen. In der Flut der Ereignisse gehen immer mehr Begrifflichkeiten durch, die faktisch das Gegenteil des Behaupteten bedeuten. Ob Sondervermögen, was nach Rücklage oder Schatztruhe klingen soll, faktisch aber exorbitanten Schuldenaufnahme außerhalb des regulären Haushalts mit generationenüberdauernder Zinslast bedeutet. Oder Bürgergeld. Teilhabe wird suggeriert, faktisch bleibt dieses sanktionsbewehrt und verwaltungstechnisch restriktiv.Auch Klimaschutz gilt als Selbstgänger, da es neutral bis positiv klingt, in der Praxis aber Steuern, Abgaben oder Verbote bedeutet, deren Wirksamkeit im globalen Maßstab nicht belegt sind. „Transformation“ bedeutete einst Wandel, wird heute jedoch für staatlich erzwungene Strukturbrüche entwertet, bei denen Verluste privatisiert und Kosten sozialisiert werden. Wir leben also in einer „Zeitenwende“ – ein großes historisches Wort, das meist dazu dient Ausnahmen, Eile und Regelbrüche zu legitimieren. Uns fehlt vielleicht nur „Resilienz“ – ursprünglich ein psychologischer Begriff. Heute wird dieser politisch benutzt, um Belastungen der Bevölkerung als Härtung umzudeuten. Aber vielleicht ist das ja nur eine „Präventionsmaßnahme“? Diese verspricht Vorbeugung – rechtfertigt häufig aber Eingriffe ohne konkreten Anlass. Vorsicht ist jedenfalls geboten, wenn in den Debatten von einem „Entlastungspaket“ die Rede ist.
In der Realität geht es dann um eine teilweise Rückerstattung zuvor erhobener Abgaben, die oft zeitlich befristet sind, um den einschränkenden Ansatz im Anschluss dauerhaft zu legitimieren. Ist es legitim das zu sagen, wenn Demokratieförderung nicht mehr vorrangig die Akzeptanz von Wahlergebnissen bedeuten soll, sondern oft staatlich finanzierte Vorfeldarbeit umschreibt, die bestimmte Haltungen privilegiert? Wichtiger als der eigentliche Inhalt neuer Gesetze ist damit, hinter die positive Grundintonierung mit Sicherheit, Solidarität oder Fortschritt zu schauen und asymmetrische Wirkungen zu entschlüsseln. Das wird aber zunehmend schwierig, wenn der sprachliche Trick darin besteht, Widerspruch moralisch zu delegitimieren, bevor überhaupt über Inhalt gestritten wird. Aber es geht ja nur noch um „Herausforderungen“, denn den treffenderen Begriff, dass man ganz nüchtern „Probleme“ lösen sollte, hat man uns seit Jahren abtrainiert. Also – ruhig Blut: Bei manchem, was Sie folgend lesen, ist die Messe sicher noch nicht gelesen.
Verbraucherschutz
„Recht auf Reparatur“ und Onlinewiderruf: Bis 31. Juli 2026 müssen EU-Richtlinien zum Recht auf Reparatur in deutsches Recht umgesetzt werden; Hersteller werden verpflichtet, Reparaturen und Ersatzteile über längere Zeit anzubieten. Gleichzeitig soll der Widerruf bei Onlinekäufen vereinfacht werden (z. B. Mausklick).
Bundeswehr
Wehrpflicht: Zum neune Jahr tritt ein neues Gesetz zum Wehrdienst in Kraft – noch ohne Rückkehr der klassischen Wehrpflicht, sondern mit zweistufigen Mechanismus. Ab 1. Januar werden alle 18-jährigen Männer (Jahrgang 2008 und später) gesetzlich verpflichtet, einen Fragebogen zu ihrer Gesundheit, Fitness, Qualifikation und Bereitschaft zur Ableistung von Wehrdienst auszufüllen. Frauen können das freiwillig tun. Ab 1. Januar 2027 gilt dann für Männer dieser Jahrgänge auch eine Pflicht zur medizinischen Musterung. Wenn durch freiwilligen Dienst langfristig nicht genug Personal für die Bundeswehr und Reserven zusammenkommt, kann der Bundestag in einem separaten Gesetz eine sogenannte Bedarfswehrpflicht „aktivieren“.
Soziales und Arbeitswelt
Mindestlohn: Ab 1. Januar steigt der gesetzliche Mindestlohn von aktuell 12,82 Euro auf 13,90 Euro pro Stunde.
Aktivrente: Ebenfalls zum 1. Januar wird eine neue steuerliche Regelung wirksam, nach der Einkommen von bis zu 2.000 Euro monatlich für Menschen im Rentenalter steuerfrei sein können, wenn sie darüber hinaus arbeiten. Kritik: Das wirkt mehr wie ein Steuerkniff als echte Reform; Selbstständige etwa fallen weitgehend raus.
Arbeitgeberpflichten: Ebenfalls ab 1. Januar gibt es für Arbeitgeber eine neue Pflicht: Wer Drittstaatsangehörige (außerhalb EU und EWR) rekrutiert, muss sie spätestens am ersten Arbeitstag über das Recht auf arbeits- und sozialrechtliche Beratung informieren.
Steuern, Finanzen, Beiträge
Beitragsbemessungsgrenze: Zum 1. Januar werden die Beitragsbemessungsgrenzen für Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung deutlich angehoben. Das bedeutet für Gutverdiener höhere Obergrenzen, ab denen keine weiteren Beiträge fällig werden – für die Krankenkasse liegt die neue Grenze z. B. bei rund 69.750 Euro Jahresverdienst. Gleichzeitig steigt die Versicherungspflichtgrenze. Für Normalverdiener bringt das kaum Entlastung, da reale Beitragssätze nicht sinken.
Entfernungspauschale: Die Pendlerpauschale wird auf 38 Cent pro Kilometer ab dem ersten Kilometer erhöht.
Landesrecht und Verwaltung im Freistaat Sachsen
Haushaltsgesetz 2025/26: Der Doppelhaushalt des Freistaats tritt zum 1. Januar in Kraft und legt die Finanzierung für 2026 fest – inklusive kreditpolitischer Vorgaben und Ausgabenrahmen. Für die Einwohner Sachsens sind die Auswirkungen indirekt (z. B. über ÖPNV-Tarife, Bildungsausgaben), aber die Rahmenpolitik inklusive Null-Neue-Schulden-Ansatz birgt Risiken für öffentliche Leistungen.
Haushaltsbegleitgesetz: Dieses Gesetz enthält Änderungen in der sächsischen Beamten- und Besoldungsgesetzgebung, Anpassungen der Haushaltsordnung und beabsichtigt eine Stärkung kommunaler Eigenverantwortung. Viele Details sind technisch und kaum verständlich für den einzelnen, und: Es verschiebt Macht und Finanzspielräume weg von Gemeinden hin zur Landesregierung.
Kindertagesbetreuung: Durch eine Verordnung zur Umsetzung der Neuregelungen bei Kitas werden Betreuungsfinanzierung und Aufnahmebedingungen angepasst. Das mag im Einzelfall mehr Geld für Träger bedeuten, schafft aber keine systemische Entlastung für Familien und Beschäftigte.
Gesundheitssystem
Pflegekraftbefugnisse: Pflegefachkräfte erhalten durch das „Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege“ ab 1. Januar mehr eigenständige Befugnisse, müssen dafür aber zusätzliche Aufgaben schultern, während die Bürokratieformalitäten nur teilweise entlastet werden. Gleichzeitig greift die Politik bei der GKV-Finanzierung mit einer Ausgabenbremse, die kurzfristig Beiträge stabil halten soll, langfristig aber Kliniken und Versorger unter Druck setzt und Versorgungslücken verschärfen dürfte.
Hausärztliche Pauschalen an Quoten gekoppelt: Ab 1. Januar tritt die neu geregelte Vorhaltepauschale für Hausärzte als Teil des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes in Kraft. Die Grundpauschale wird geringer bewertet als bisher. Zusätzlich werden Zuschläge oder Abschläge abhängig von der Praxisleistung eingeführt. Wenn eine Praxis etwa weniger als zehn Impfungen pro Quartal abrechnet, droht ein Abzug von 40% auf die Grundpauschale. Die Abrechnung der kassenärztlichen Grundversorgung wird faktisch an Impfabrechnungszahlen geknüpft – ein Hebel, der ärztliches Verhalten beeinflusst.
Verkehr und Mobilität
CO²-Preis und Tankkosten: Ab dem 1. Januar 2026 endet die feste CO²-Preisstufe im Verkehr; der CO²-Preis wird fortan in einer Spanne gehandelt – realistisch bedeutet das höhere Spritpreise – je nach Marktlage vielleicht 15–20 Cent pro Liter zusätzlich. Damit zahlt jeder mehr an der Zapfsäule, ohne dass klar ist, ob die Einnahmen sozial oder ökologisch sinnvoll kanalisiert werden.
Deutschlandticket: Der Preis für das Deutschlandticket steigt 2026 auf rund 63 Euro pro Monat statt bisher 58 Euro, ohne dass gleichzeitig ein merklicher Ausbau der Verbindungen garantiert wird. Vom öffentlichen Verkehr abgehängte Gebiete wie die Oberlausitz finanzieren quasi städtische Mobilität quer.
Führerscheinumtausch: Bis 19. Januar müssen alte Scheckkarten-Führerscheine von 1999 bis 2001 umgetauscht werden. Wer das verpasst, kann mit einem harmlosen Verwarngeld von „bis zu 10 Euro“ bestraft werden, da es sich nur um eine Ordnungswidrigkeit, jedoch keine Straftat handelt.
Fahrzeugtechnik und Sicherheitspflichten: Ab dem 1. Januar gilt für neu entwickelte Pkw und leichte Transporter die Pflicht zur Next-Generation-eCall-Notruftechnik (4G/5G) – das hilft im Notfall, kostet aber Autohersteller etwas und damit letztlich Käufern. Ab 7. Juli 2026 kommen dann weitere Assistenzsysteme zur Pflicht (Notbremsassistenz, Fahrer-Konzentrationswarnung, erweiterter Fußgängerschutz). NG-eCall darf nach derzeitigem EU-Recht nur für die Notruffunktion eingesetzt werden, nicht für Dauerüberwachung, Bewegungsprofile oder Speicherung über den Notfall hinaus. Technisch ist das Auto als dauerhaft vernetzte Datenschnittstelle jedoch mit einem Sozialkreditsystem durchaus koppelbar.