Wenn die Ampel nicht auf Grün umschaltet

Die Behelfsampel an der Ecke Biesnitzer Straße/Fichtestraße in der Görlitzer Südstadt spannte Autofahrer und Fußgänger zuletzt auf die Folter. Foto: Till Scholtz-Knobloch
Was ist eigentlich zu tun, wenn eine Ampel stoisch auf Rot stehen bleibt? Eine Ampelschaltung in der derzeit baugeplagten Görlitzer Südstadt bot einen Anlass für diese Frage.
Görlitz. Im Zuge der umfangreichen Straßenbauarbeiten in der Görlitzer Südstadt ist auch eine Behelfsampel an der Straßenecke Biesnitzer Straße/Fichtestraße aufgestellt, die von Verkehrsteilnehmern zuletzt zunehmend missachtet wurde.
Der Autor dieses Beitrages erlebte am 31. Juli bei der Ausfahrt aus der Fichtestraße, dass mehrere Schaltintervallen nacheinander eine Grünphase für die aus der Fichtestraße kommenden Fahrzeuge einfach ausließen. Die Ausfahrt aus dieser Nebenstraße dauerte letztlich neun Minuten, so dass einigen Fahrern vor mir der Geduldsfaden riss und sie Rot einfach missachteten und sich nach Verkehrslage selbst in die Biesnitzer Straße einreihten. In der Schlange aus der kleinen, aber als Parkraum beliebten Nebenstraße, standen letztlich etwa ein Dutzend Fahrzeuge – ein kurioses Bild. Und auch die Grünphasen für die die Fichtestraße querenden Fußgänger wird angesichts endloser Wartezeiten scheinbar zunehmend missachtet.
Die Redaktion fragte die Stadt insofern zunächst, ob technische Probleme vorlägen oder so lange Wartezeiten bewusst einkalkuliert wurden. Annegret Oberndorfer führte für die Stadt aus, dass für die Fichtestraße mit ihrem geringen Verkehrsaufkommen die Schaltinervalle der derzeitigen Behelfsampel eine Freigabe nur dann auslösen, wenn der Sensor ein Fahrzeug erkennt, das in die Kreuzung ausfahren möchte. Die ordnungsgemäße Funktion einer mobilen „Lichtsignalanlage (LSA)“ werde regelmäßig durch die LSA-Firma und die Straßenverkehrsbehörde kontrolliert. Seit ihrer Errichtung habe es dahingehend bis dato keine Beanstandungen oder Störungen gegeben – „eine Veränderung von Phasenabläufen fand nicht statt.“ Die Anfrage sei am 7. August Anlass für eine Überprüfung gewesen, die keinen Fehler gezeigt habe. „Auffällig war allerdings, dass in seltenen Fällen Fahrzeugführer auf der Fichtestraße nicht bis an die markierte Haltelinie heranfahren, sondern bereits weit davor am Ende des gepflasterten Bereiches stehen bleiben.
Da der für die Freigabe zuständige Sensor aber nur einen bestimmten Teil der Fahrbahn ab der Haltelinie erfassen kann, besteht die Möglichkeit, dass Fahrzeuge, die einen zu großen Abstand zur Haltelinie haben, vom Sensor nicht erkannt werden und deshalb keine Grün-Freigabe erhalten. Ein Selbsttest bestätigte diesen Fakt.“
Diese Erkenntnis mag auch anderenorts nützlich sein, und so fragte die Redaktion allgemein, wie Autofahrer reagieren sollten, wenn scheinbar offensichtlich in akzeptabler Zeit keine Grünphase an einer Ampel folgt.
Hierzu heißt es aus dem Rathaus, dass bei jeder Art von LSA technische Störungen grundsätzlich nie auszuschließen sind – dies lässt sich gewiss auch auch stationäre Ampeln übertragen. „Zuerst muss man als Verkehrsteilnehmer in einem solchen Fall eine angemessene Wartezeit einhalten, bevor man weiterfährt. Der ADAC empfiehlt dabei eine Wartezeit von mindestens fünf Minuten. Bei der Weiterfahrt ist dann äußerste Vorsicht geboten. Es ist wichtig, den Verkehr aufmerksam zu beobachten und sich darauf einzustellen, dass andere Verkehrsteilnehmer möglicherweise nicht mit einem Defekt der LSA rechnen.“ Auch wenn es weiter heißt, dass bei offensichtlichen Fehlern unverzüglich die Polizei informiert werden sollte, ist der Tenor der Stadt hier durchaus mutig.
Denn grundsätzlich gilt natürlich, dass § 37 der StVO das Halten bei Rot gebietet. Und dies auch, wenn die Ampel aufgrund eines Defekts oder einer fehlerhaften Schaltung für eine bestimmte Fahrtrichtung dauerhaft Rot zeigt. In solchen Fällen kann also eine rechtliche Grauzone entstehen.
Ein Beispiel hierfür ist ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg, in dem eine Radfahrerin, die aufgrund einer scheinbar defekten Ampel bei Rot über die Kreuzung fuhr, zunächst zu einer Geldbuße verurteilt wurde. Das Gericht hob das Urteil jedoch auf, da die Radfahrerin aufgrund eines Irrtums über die Funktionsfähigkeit der Ampel handelte, was den Vorsatz ausschloss . Die Stadt Görlitz hatte in ihrer Antwort unter anderem wissen lassen: „Bei offensichtlichen Fehlern an LSA sollte unverzüglich die Polizei informiert werden, die weitere Maßnahmen veranlassen kann.“ Aber was heißt das in der Praxis für einen Autofahrer, der letztlich am Steuer per Smartphone ja auch nicht nach einer Telefonnummer googeln darf? Vertiefende Praxisnähe verhalf der Redaktion hier eine Debatte mit der KI über eine solche Problematik. GPTChat jedenfalls hält es für absolut angemessen, in Fällen wie dem hier dargestellten, auch die 110 zu wählen. Dies blieb dem Autor dieser Zeilen bei seiner Erfahrung erspart, denn der unmittelbare Vordermann – ohne Mut einfach loszufahren – wurde wie ich als Hintermann damit auch nach neun Minuten Wartezeit tatsächlich mit Grün belohnt.
Die Behelfsampel an besagter Kreuzung Biesnitzer Straße/ Luhterstraße/Fichtestraße dürfte vermutlich Ende August/Anfang September ihren Dienst getan haben. Mit diesem Zeitrahmen rechnet die Stadt.