Wenn die Bühnen einfach mitwachsen

Gänsehautmomente während des Masterkonzerts. Anne Großhäuser beendete im Juli 2025 ihr Studium an der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ in Dresden. Foto: Amac Garbe
Aus Löbau auf die Bühnen mit großem Publikum. Musikerin Anne Großhäuser hat mit eigenem Stil und Glamour ihr Publikum erobert. Was sie mit Engagement erahnen ließ, steht ihr nun offen: eine Zukunft als ausgebildete Sängerin. Bettina Hennig befragte sie über das Gefühl ‚Underdog’ aus der Kleinstadt mit musikalischer Geborgenheit zu sein, den Glauben an sich selbst und warum Glitzer unentbehrlich im Studium war.
Welchen Abschluss haben Sie kürzlich genau erworben?
Anne Großhäuser: Ich habe im Juli 2025 meinen Master im Doppelfach Jazz/Rock/Pop Gesang an der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ in Dresden gemacht.
Wann haben Sie entdeckt, dass Gesang Ihre Berufung ist?
Anne Großhäuser: Musik hat mich schon von klein auf begeistert und besonders das Singen lag mir immer im Blut und schenkte mir große Freude. Trotzdem habe ich lange Zeit nie wirklich daran geglaubt – oder besser gesagt nie ernsthaft darüber nachgedacht – Sängerin zu werden.
In unserer Region ist dieser Begriff ja eher mit Superstars wie Taylor Swift oder Beyoncé verknüpft, und es fehlt oft das Bewusstsein dafür, dass Sängerin zu sein auch ein ganz normaler Beruf sein kann, mit dem man sein Geld verdient. Sängerin zu sein bedeutet nicht zwangsläufig berühmt zu sein. Genau dieses fehlende Verständnis war vermutlich der Grund, warum ich damals gar nicht auf die Idee kam, diesen Weg ernsthaft einzuschlagen.
Erst einige Jahre später, als ich bereits in Dresden lebte, begann sich das zu verändern. Jedes Mal, wenn ich an der Hochschule für Musik vorbeifuhr, verspürte ich den zunehmenden Wunsch Gesang zu studieren, da es in meinem Leben die einzige Sache ist, die mir wirklich immer Freude und Kraft schenkt. Ich bereitete mich ein halbes Jahr lang akribisch auf die Aufnahmeprüfung vor, nahm Gesangs-, Klavier- und Theorieunterricht – denn all das wurde dort abgefragt – und schaffte es tatsächlich gleich beim ersten Versuch, einen der begehrten Plätze in der Gesangsklasse zu bekommen.
Plötzlich waren Sie umgeben von vielen talentierten Menschen. Wie sind Sie damit umgegangen?
Anne Großhäuser: Ganz zu Beginn meines Studiums war ich vollkommen überfordert und zutiefst verunsichert, ob ich hier überhaupt richtig bin. Plötzlich befand ich mich an einem Ort, an dem es nur so vor unfassbar talentierten jungen Musikerinnen und Musikern wimmelte – und mittendrin stand „die kleine Anne aus Löbau“. Lebendig erinnere ich mich an meine ersten Ensemblestunden: Der Dozent verteilte ein Notenblatt mit einem Jazz-Standard, zählte ein – und los ging’s. Für die meisten meiner Kommilitonen war das Alltag. Ich hingegen brachte keinerlei Grundlagen mit und musste mir in rasendem Tempo alles aneignen. Dazu kam meine ständige Unsicherheit im Umgang mit meiner eigenen Leistung und meinem Können. Dass ich nicht ohne Grund aufgenommen worden war, konnte ich erst ab dem vierten Semester wirklich annehmen.
Löbau ist eher klein, Dresden eine Kunstmetropole. Wie hat sich dieser Kontrast auf Ihre künstlerische Entwicklung ausgewirkt?
Anne Großhäuser: Ich bin total dankbar für die Jahre, die ich in Löbau gelebt habe. Als Jugendliche und junge Erwachsene durfte ich dort in verschiedenen Bands mitwirken und schon früh mit Musikern in Kontakt kommen, die beruflich Musik machten und auf großen Bühnen standen. Dadurch habe ich unfassbar viel Erfahrung gesammelt: Proben planen, Gigs vorbereiten, Soundchecks organisieren, auf der Bühne performen – all das durfte ich schon sehr früh kennenlernen. Ich bin sehr dankbar, dass ich in Löbau diese Möglichkeiten hatte, mich früh auszuprobieren, und dass es viele tolle Menschen gab, die mich unterstützt haben – besonders Andreas Seewald und später auch Steffen Langenfeld, der bis heute eine treue Seele ist und ein großartiger Mensch, mit dem ich immer noch gerne zusammenarbeite. Rückblickend war es eine sehr wohlwollende Atmosphäre, in der ich die besten Erfahrungen machen konnte.
Mit welchem Programm oder welcher Rolle haben Sie Ihr Studium abgeschlossen, und warum war diese Wahl bedeutend für Sie?
Anne Großhäuser: Mein Abschlusskonzert durfte ich komplett selbst gestalten, was mir die Freiheit gab, genau die Musik zu spielen, mit der ich mich zu 100 Prozent identifiziere. Mir war dabei wichtig, Stücke zu wählen, die ich wirklich fühle und bei denen ich mich stimmlich entfalten konnte. Das Programm war auf 40 Minuten begrenzt und enthielt Songs von Powerfrauen wie Chaka Khan, Anita Baker, Jocelyn Brown und Whitney Houston, ergänzt durch die emotionale Ballade „And So It Goes“ von Billy Joel und meinem eigenen Song „Sparklelicious“ als krönenden Abschluss. Ich wollte eine richtige Show mit Choreographie, Outfit und Lichtgestaltung bieten – und das ist mir gelungen. Die Inszenierung spiegelte meine Persönlichkeit wider: Mein Outfit glitzerte von Kopf bis Fuß, die Band hatte Glitzer-Girlanden übergeworfen, und zum Finale sprühten zwei Seifenblasenmaschinen in die Menge. Das hat mich unglaublich glücklich gemacht – ich liebe Glitzer. Das Masterkonzert war einer meiner schönsten Momente bisher.
Was sind Ihre nächsten Ziele?
Anne Großhäuser: Schon während meines Studiums in Dresden habe ich mir ein Netzwerk aufgebaut, an dem ich jetzt wunderbar anknüpfen und weiterarbeiten kann – sei es als Sängerin in verschiedenen Bands oder für unterschiedliche Aufträge und Kunden.
Parallel dazu unterrichte ich schon seit sechs Jahren Gesang. Außerdem hatte ich mich im Juli auf den Lehrauftrag für Jazz/Rock/Pop Gesang an der Hochschule für Kirchenmusik Dresden beworben und mich riesig gefreut, dass ich diesen nach einer bestanden Lehrprobe erhalten habe.
Wann kann das Publikum Sie wieder erleben?
Anne Großhäuser: Auch dieses Jahr gibt es wieder meine Weihnachtskonzerte, auf die ich mich jetzt schon riesig freue. Denn neben Glitzer liebe ich auch Weihnachten einfach über alles. Die Termine sind: 5. Dezember in Görlitz, 6. Dezember in Großröhrsdorf, 7. Dezember in Chemnitz, 13. Dezember in Löbau, 14. Dezember in Bautzen, 18. Dezember in Dresden sowie am 20. und 21. Dezember in Dresden.
Was würden Sie jemandem aus einer Kleinstadt raten, der wie Sie den Schritt in die Musikwelt wagen möchte?
Anne Großhäuser: Ich würde jedem Nachwuchskünstler raten: Denkt niemals zu klein. Wenn man den Wunsch hat, Musik zu machen, das wirklich zu studieren und als Profi davon zu leben, dann sollte man sich davon nicht abbringen lassen. Sucht euch gute Leute, die euch vorbereiten, die euch im Unterricht fördern, knüpft Kontakte, seid offen, geht raus, spielt so viele Konzerte wie möglich. Einfach machen – und niemals den Mut verlieren. Vor allem: immer groß denken! Denn gerade heute haben wir so viele Möglichkeiten, gefördert zu werden und unseren Traum tatsächlich Wirklichkeit werden zu lassen.
Kommentare zum Artikel "Wenn die Bühnen einfach mitwachsen"
Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.
Ich war bei dem Konzert dabei und es war großartig. Ich fand es toll, wie sich Fr. Großhäuser entwickelt hat.
Ich wünsche ihr weiterhin alles Gute.
Bärbel Bodenheimer