An einem Tag zur Ostsee und zurück

Ostsee-Flieger Hendrik Schütt auf seinem bereits erschlossenen Grundstück auf dem Flugplatz Kamenz, wo bald zwei Hallen entstehen werden.

Hendrik Schütt vor seiner Maschine. Bald kann er die Piper dauerhaft in Kamenz stationieren. Foto: privat
Kamenz. Wer von Kamenz an die Ostsee gelangen und dabei auf das eigene Auto verzichten möchte, muss eine Menge Zeit einplanen. Mit dem Zug dauert es laut Fahrplanauskunft der Deutschen Bahn schlappe sieben Stunden von der Lessingstadt bis nach Heringsdorf auf der Insel Usedom, drei mal Umsteigen (in Dresden-Neustadt, Berlin-Gesundbrunnen und Züssow) inklusive. Um per Linienflug in den Badeort zu gelangen (wo es immerhin einen internationalen Flughafen gibt!) müsste man zuvor ins polnische Krakow oder nach Frankfurt am Main fahren, was natürlich völlig absurd ist.
Doch es geht auch schneller: Wie wäre es, in einer und einer viertel Stunde in Heringsdorf zu sein? Das ist die Zeit, die Hendrik Schütt für die Strecke benötigt. Der Kamenzer Pilot fliegt mit seiner Piper PA 28 Arrow 201 Turbo vom Flugplatz Kamenz aus dorthin, wann immer Interesse an einem Mitflug besteht. „Voraussetzung dafür ist, dass es drei Mitflieger gibt“, erklärt er. Dann hebt seine Maschine zum vereinbarten Zeitpunkt ab, um über den Spreewald, seitlich an Berlin vorbei und später an der Oder entlang das Kaiserbad auf der Insel Usedom anzusteuern. „Wichtig dabei ist: Es handelt sich um Selbstkostenflüge“, erklärt Hendrik Schütt. Das bedeutet: Die Flugkosten werden unter allen Teilnehmern aufgeteilt, wobei auch der Pilot selbst seinen Anteil trägt. Das bedeutet aber auch, dass die Mitreisenden keine bloßen Passagiere sind: „Vor dem Abflug gibt es eine intensive Einweisung und Sicherheitsbelehrung, und es wird ein Co-Pilot bestimmt, der dann während des Flugs auch bestimmte Aufgaben zu erfüllen hat.“ Die Piper fliegt in einer Höhe von bis zu 9.000 Fuß (etwa 3.000 Meter), zum Vergleich: Ein Linienflugzeug von Boeing oder Airbus erreicht 30.000 Fuß. Entsprechend detailreicher gestaltet sich der Blick aus dieser geringeren Höhe. Der Abflug findet in der Regel um 8.30 Uhr statt.

Fröhliche Gesichter und gute Stimmung sind bei Hendrik Schütts Ostsee-Flügen vorprogrammiert. Foto: privat
Danach ist die Maschine etwa 75 Minuten lang in der Luft und erreicht dementsprechend gegen 9.45 Uhr Heringsdorf (oder alternativ das nahe gelegene Peenemünde.) Dort bleibt ausreichend Zeit für ein ausgiebiges Tagesprogramm, das individuell nach Wunsch gestaltet wird: „Das Taxi steht schon bereit, und ich biete meinen Fluggästen eine Führung durch Heringsdorf oder Ahlbeck – beide gehören neben Bansin zu den berühmten Kaiserbädern auf Usedom – an.“ Fisch essen, über die Strandpromenade flanieren, gute Gespräche führen – und bei schönem Sommerwetter natürlich ausgiebig baden gehören zum Ausflugsprogramm, bevor es abends 18.00 Uhr retour geht. Bei schlechtem Wetter kann es allerdings passieren, dass der Flug ausfallen muss.
Hendrik Schütt macht das aus Freude am Fliegen. „Ich habe noch zu DDR-Zeiten hier in Kamenz als Fachoffizier für Flugzeugtechnik an der Offiziershochschule gedient.“ In dieser Zeit erwachte auch in ihm selbst die Begeisterung für die Fortbewegung in luftiger Höhe. Hendrik Schütt denkt gern an diese Zeit zurück, doch mit der politischen Wende war damit Schluss. „Ich begann dann eine berufliche Laufbahn bei der Commerzbank Dresden und brachte es bis zum Prokuristen“, blickt der Kamenzer zurück. Jetzt, als Privatier, nutzt er jede Gelegenheit, seine Leidenschaft auszuüben und auch andere Menschen daran teilhaben zu lassen. Damit verbindet er auch den Wunsch, Freude und Abwechslung in deren Alltag zu bringen und eine positive Stimmung zu fördern. Heringsdorf ist natürlich nicht das einzige Ziel, „ich fliege überall hin, wo meine Maschine landen kann.“ Diese ist zur Zeit noch in Großenhain stationiert. Doch schon bald wird Hendrik Schütt auf dem Flugplatz Kamenz über einen eigenen Hangar und eine weitere Halle auf dem 2023 erworbenen, 2.400 Quadratmeter großen Grundstück verfügen, dessen Erschließung er zusammen mit seinem Partner aus eigenen Kräften vorantreibt. Wer also noch ein etwas anderes Weihnachtsgeschenk sucht, sollte einmal einen Flug an die Ostsee in Erwägung ziehen, auch wenn die Badesaison nun freilich vorbei ist. Zu erreichen ist Hendrik Schütt unter (0172) 373 9368.