Historischen Schatz in Bautzen überreicht
Übergabe der Schlemmer-Bücher im Rathaus Bautzen: (v.l.) Uwe Koch von der Mättig-Stiftung, Oberbürgermeister Karsten Vogt und Grit Richter-Laugwitz vom Archivverbund. (Foto: Stadtverwaltung)
Bautzen. Ein gut erhaltenes Zeugnis aus der Geschichte der Stadt Bautzen vom Ende des 19. Jahrhunderts ist dem Archivverbund Bautzen nun durch die Mättig-Stiftung übergeben worden. Es handelt sich dabei um neun originale Rechnungsbücher aus der Stiftung des Bautzener Riemermeisters Johann Georg Schlemmer (1799–1873), der ohne Nachkommen verstarb, wie die Stadtverwaltung mitteilt. Aus Akten des Stadtarchivs geht hervor, dass er testamentarisch eine größere Geldsumme für verschiedene karitative Zwecke der Stadt Bautzen überlassen hat.
Nachdem Johann Georg Schlemmer der Stadt bereits zu seinen Lebzeiten 337 Mark schenkte, um die Kinderarbeitsanstalt zu unterhalten, vermachte er der Stadt in seinem Testament umfangreiche Stiftungen zu wohltätigen Zwecken. Das Schlemmersche Gestift wies im September 1867 ein Vermögen von 3.427 Mark auf.
Für Tagelöhner ohne Unterschied in Religion, Sprache und Herkunft
Die daraus erwachsenen Zinsen sollten jährlich an die Klasse der niedrigsten und allerärmsten Tagelöhner ohne Unterschied der Religion, Sprache und Herkunft ausgezahlt werden. Dazu zählten zum Beispiel Feld- und Ackerarbeiter, Holzmacher und -spalter, alte Waschfrauen, Straßen- undWegearbeiter ohne Anstellung, Ziegeldeckergesellen, Schornsteinfegergesellen, Turm- und Nachtwächter oder verunglückte Maurer- und Zimmergesellen sowie alte oder verunglückte Steinbrecher.
Teilweise konnten auch die Witwen der vorgenannten Arbeiter von der Stiftung profitieren. Ausgeschlossen jedoch waren pensionierte Beamte, Schauspieler und Musikanten, uniformierte Dienstmänner, außerdem Personen, die durch eigenes Verschulden verarmt waren. Verteilt wurde die Spende jeweils am Weihnachtsabend.
Alte Personen sollten ebenfalls bedacht werden
Die Schlemmersche Stiftung umfasste 1915 ein Vermögen von 15.369 Mark. Aus ihr sollten arme und alte Personen bedacht werden, die von Unglücksfällen oder schweren Krankheiten betroffen waren. Auch hier wurde das Geld am Weihnachtsabend verteilt. Des Weiteren sollten aus der Stiftung die Kinderbewahranstalt, die Kinderarbeitsanstalt, das Stadtkrankenhaus sowie die Besserungs- und Arbeitsversorgungsanstalt unterstützt werden. Wie bei fast allen Stiftungen floss ein kleiner Teil derGelder auch dahin, die Schlemmersche Grabstelle auf dem Taucherfriedhof zu unterhalten.
Grit Richter-Laugwitz, Leiterin des Archivverbunds, zeigt sich dankbar angesichts der Schenkung durch die Mättig-Stiftung: „Die Rechnungsbücher ergänzen den schon vorhandenen Bestand und geben uns einen Einblick in das Stadtgeschehen zum Ende des 19. Jahrhunderts. Sie zeigen auf, wie auch damals schon mildtätige Zwecke der Stadtgesellschaft zugutekamen.“ Oberbürgermeister Karsten Vogt (CDU), qua Amts Mitglied des Stiftungsrats, nahm die Bücher, welche durch den Stiftungsratsvorsitzenden Uwe Koch übergeben wurden, im Ratssaal des Rathauses entgegen.