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Thomas Jurk: Die Muppet-Show soll nicht Pate stehen

Thomas Jurk: Die Muppet-Show soll nicht Pate stehen

Thomas Jurk freute sich, das die Investition am Rakotz-Ensemble in Kromlau quasi vor seiner Haustür einen krönenden Abschluss seiner Abgeordnetenzeit bildete. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Mit Thomas Jurk tritt ein Urgestein der Region von der politischen Bühne ab. Zum Abschied aus dem Bundestag erwiesen ihm Weggefährten bei einem Empfang im Alten Schloss Kromlau die Ehre – umrahmt und passend am Tage der Einweihung des restaurierten und weltbekannten Rakotz-Ensembles.

Kromlau. „Die Stadt Görlitz hat den Nimbus Görliwood bekommen – als Filmkulisse. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass ‚Kromliwood’ eine gute Adaption wäre“, sagte Thomas Jurk bei der feierlichen Einweihung des renovierten Rakotz-Ensembles inmitten des romantischen Rhododendronparkes Kromlau mit Blick auf den Ort des Geschehens sowie seine Geburtsstadt Görlitz.

Die Initiative dazu, den Tag der Wiedereröffnung mit dem politischen Dank an den Sozialdemokraten quasi vor dessen Haustür zu verknüpfen, ging vom Ministerpräsidenten aus, verriet Thomas Jurk dankbar. „Letzte Woche bin ich ja bereits auf dem Landesparteitag der SPD verabschiedet worden“, so der Weißkeißeler, der sich vor dem Einweihungsakt im Park über Gäste freute, die den Park nur in Gelegenheit seines Abschiedes aufsuchten. Und die kamen zum Teil gar aus Bonn. Die Ehre erwies Jurk so auch der alte Ministerpräsident Georg Milbradt, mit dem Thomas Jurk die erste Koalitionsregierung in Sachsen gebildet hatte, der SPD-Landesvorsitzende und Wirtschaftsminister Martin Dulig oder SPD-Fraktionsvorsitzender Dirk Panter, der wie Jurk auch Generalsekretär der Landespartei war.

In gelöster Partyatmosphäre verriet Michael Kretschmer dem Niederschlesischen Kurier am Festzelt vor dem Schloss bei Kaiserwetter: „Ich finde, eine Region braucht einen Schutzpatron, einen Anwalt, der sich kümmert, der es hinkriegt auch Dinge zu bewegen – und das sind die Wahlkreisabgeordneten und da war der Thomas Jurk ganz toll! Ich bin wirklich beeindruckt, über die vielen Dingen, die wir gemeinsam machen konnten und deswegen bin ich auch ein bisschen traurig, dass er jetzt aufhört.“ Dass die Zusammenarbeit im Haifischbecken Politik menschlich klappte, sieht auch Thomas Jurk selbst so: „Anfangs haben wir uns schon einmal die Show gestohlen, aber wir haben gemerkt, dass das nicht sinnvoll ist. Wir haben also auch gemeinsame Pressemitteilungen herausgegeben und uns gegenseitig Projekte gelassen.“

Obwohl Thomas Jurk als Bundestagsabgeordneter und hier als Mitglied des Haushaltsausschusses oft die gute Nachricht finanzieller Mittel für die Region verkünden konnte, gibt Landesvater Kretschmer zu bedenken: „Haushaltsausschuss heißt nicht, dass man über das Geld frei verfügen kann. Aber es gibt die Möglichkeit, an der einen oder anderen Stelle aufzupassen, dass die Region mitvertreten ist. Und das hat der Thomas Jurk gut gemacht.“ In dieser Rolle hat sich der Sozialdemokrat sichtlich wohl gefühlt: „Meine fünf Jahre als Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit haben mir natürlich das Rüstzeug gegeben, um in Berlin bestehen zu können. Bei der Arbeit im Haushaltsausschuss kann man sehr tief in die Fachgebiete eindringen und durch diesen Einfluss ist auch die Aufmerksamkeit in der Berichterstattung größer“, gibt er zu bedenken. Das politische Geschäft in der Hauptstadt mit seinen über 700 Abgeordneten sei jedoch wie ein riesiges Raumschiff gegenüber der Dresdner Landespolitik mit 119 Parlamentariern.

„Wir sind nun seit einer Woche in der parlamentarischen Sommerpause, was nicht heißt, dass es jetzt keine Termine mehr anstehen“, sagt Jurk über die letzten Wochen seines Mandats. „Ende Juni hatten wir die letzte Parlamentssitzung, die letzte Haushaltsausschusssitzung kurz davor war noch einmal gefüllt mit Themen, die am Ende der Legislaturperiode abgeräumt werden mussten“, verrät er, während ihn sein einstiger Staatssekretär Christoph Habermann zum Abschied umarmt: „Er war im Bundespräsidialamt bei Johannes Rau und danach war er zu haben“, erläutert Jurk schmunzelnd. „Habermann wurde mir von Müntefering als Gourmet der deutschen Sprache empfohlen“, sagt der Weißkeißeler, der sich als gelernter Funkmechaniker stets stil- und etikettensicher auf dem politischen Parkett bewegt.

Dennoch hätten sich in all den Jahren nicht alle Anliegen und Wünsche abräumen lassen. „In der DDR gab es 17 Sonderversorgungssysteme, die nicht in das westdeutsche Rentenrecht überführt wurden. Ein langes Ringen endete mit einem Härtefallfonds, der immer noch nicht vollständig gesichert ist“, nennt er als ein Beispiel. Jurk bekennt zudem, nicht „der größte Anhänger des Kohleausstiegs“ zu sein, „weil wir auch eine sichere Energie brauchen.“

Doch nun müssten es andere richten. Aber ist ein Abgang mit 59 Jahren nicht auch ein Zeichen eines heutigen Jugendwahns? „Ich bin selbst bereits mit 28 Jahren ins Parlament gekommen, man muss irgendwann auch einmal loslassen können – ich finde diesen Wechsel insofern völlig normal und bin mit mir selbst im Reinen. Im Bundestag sind zwei Legislaturen im Grunde der Durchschnitt“, betont der scheidende Abgeordnete, der zumindest sein Gemeinderatsmandat in Weißkeißel behalten möchte.

„Ich will mich aber künftig etwas zurückhalten und nicht wie die weisen Herren in der Muppetshow von außen alles kommentieren“, verspricht er. Harald Prause-Kosubek aus See, der sich nun für die SPD im Landkreis Görlitz um ein Mandat in Berlin bewirbt, freut sich jedoch, dass Jurk ihn vor einem Kaltstart bewahrt. „ Thomas war nie eine sogenannte Rampensau. Er ist ein Lexikon, das gerne auch Auskunft gibt“, sagt der Kandidat, der für sich selbst erst einmal „Beinfreiheit für das Denken über die Wahl hinaus“ sieht, da der bessere SPD-Landeslistenplatz in der Oberlausitz an Kathrin Michel aus dem Kreis Bautzen gegangen ist.

In Kromlau betont auch Rietschens Bürgermeister Ralf Brehmer: „Es fehlt nun jemand, der die Kraft und das nötige Standing hat. Man konnte ihn immer ansprechen. Man konnte ich auch abends anrufen, selbst in seiner Zeit als Wirtschaftsminister hatte er immer ein offenes Ohr für die Probleme in den Dörfern“.

Thomas Jurk selbst lässt im Detail aber noch offen, was ihn künftig genau umtreiben wird. Er sagt jedoch: „Durch die Pandemie und die Intensität der letzten Zeit habe ich mir noch keine konkreten Ziele gesetzt, auch wenn ich zu manch interessanten Projekten schon Einladungen erhalten habe.“ Er bleibt sich dabei wohl ganz als verlässlicher Analytiker treu.

Till Scholtz-Knobloch / 18.07.2021

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