Montagabend der Philosophie in Kamenz

Philosophieren, diskutieren, analysieren – und auch mal erzählen und lachen: Die Runde der „Montagsphilosophen“ mit Initiator Gerd Grübler von der Arbeitsstelle für Lessing-Rezeption in Kamenz. Foto: Beate Diederichs
Seit Beginn des Jahres treffen sich in Kamenz Bürger, die an philosophischen Fragen interessiert sind. Sie lesen Auszüge aus Texten Platons, Hannah Arendts oder zeitgenössischer Denker, diskutieren darüber und übertragen die Thesen auf aktuelle Geschehnisse.
Kamenz. In Kamenz gehört der letzte Montagabend im Monat der Philosophie. Das gilt zumindest für die rund fünfzehn Frauen und Männer, die sich in der Galerie des Sakralmuseums St.Annen treffen. Den Gesprächskreis leitet Gerd Grübler, promovierter Philosoph und Mitarbeiter der Arbeitsstelle für Lessing-Rezeption. „Lessing setzte Aufklärung gegen Irrationalismus. Wir folgen seiner Idee: stellen Texte und Themen mit aktuellem Bezug vor, sprechen über sie und denken sie weiter“, fasst der Initiator des „Philosophischen Montags“ das Motto des Veranstaltungsformats zusammen. Für dieses Jahr hat Gerd Grübler das Thema „Populismus und Aufklärung“ gewählt. Er möchte mit den Teilnehmern herausarbeiten, was Populismus ist, und ihm etwas entgegensetzen, indem er die oftmals emotionalen Argumente mit Vernunft analysiert. Begonnen habe man im Januar mit den Theorien Platons und herausgefunden: Nur auf die reine Vernunft zu setzen, funktioniert nicht. Dem „alten Griechen“ stellte man unter anderem Karl Popper gegenüber, einen deutschen Philosophen aus dem 20. Jahrhundert. Er beschäftigte sich mit der Idee der „offenen Gesellschaft“ und damit, wie man Herrschaft begrenzen kann.
Mit Erich Fromm und Eugen Drewermann kamen Denker zu Wort, die sich der Problemlage eher psychologisch nähern. Auch die zeitlos aktuellen Thesen Hannah Arendts flossen ein, zum Beispiel, dass sich Wissenschaft nicht hundertprozentig auf Politik übertragen lässt. In den letzten Monaten diskutierten die Teilnehmer vor allem über das Thema „Propaganda und die Rolle der Medien“: Gibt es tatsächlich einen „herrschaftsfreien Diskurs“ in der Öffentlichkeit, wie ihn der Philosoph Jürgen Habermas beschreibt? Was sagen uns die Thesen von Edward Bernays, Walter Lippmann oder Noam Chomsky dazu, wie die öffentliche Meinung beeinflusst wird? Wie sehen das Autoren der deutschen Gegenwart, wie Harald Welzer oder Richard David Precht? „Bei diesen gedanklichen Auseinandersetzungen soll in den Teilnehmern etwas passieren – sodass ihr Denken sich dahingehend verändert, dass sie Probleme analysieren und damit besser verstehen können“, sagt Gerd Grübler.
Der „Philosophische Montag“ lebt durch die Leute, die diskutieren, ihre Sichtweisen erläutern, eigene Texte oder Themen präsentieren – oder nur zuhören. Sie sind Lehrer, Juristen, IT-Fachleute, aber auch Rentner oder Studenten. Bei der Eröffnungsveranstaltung im Januar seien um die 40 Leute dagewesen, berichtet Gerd Grübler. Die Hälfte hätte allerdings seinem Eindruck nach „nur mal gucken“ wollen. Ein Stamm von 15 bis 20 Personen ist geblieben. Gerd Grübler bietet auch an, dass man online teilnimmt. Dies tut meist eine Handvoll Interessierter. Immer wieder stoßen Neulinge zu der Gruppe, wie Ende November Ursula aus Königsbrück mit ihrem Mann und ihrer Mutter. „Wir suchen schon länger eine Möglichkeit, beim freien Gespräch außerhalb unserer Kirchgemeinde zu lernen, die richtigen Worte zu finden“, meint die Rentnerin. Peter-Michael, Lehrer, und Alina, wissenschaftliche Mitarbeiterin, reisen von Dresden an. „Der „Philosophische Montag“ ist meines Wissens ein in der Region einzigartiges Format, bei dem unterschiedliche Personen mit unterschiedlichen Ansichten aufeinandertreffen“, lobt Alina. Im kommenden Jahr soll dies voraussichtlich mit einem anderen Oberthema fortgesetzt werden.