Von Beo Bautzen bis Reptilienboom

Monika Heilmann nimmt mit einem lachenden und einem weinenden Auge Abschied von ihrer Zoohandlung. Ihr Mann Roberto will seine Tierarztpraxis noch einige Jahre lang betreiben.
Monika Heilmann hat in 34 Jahren als Geschäftsleiterin einer Zoohandlung viel erlebt. Zum 1. September geht sie in den Ruhestand. Das Geschäft jedoch bleibt bestehen.
Bautzen. Reger Betrieb herrscht an diesem Vormittag in der Zoofachhandlung Heilmann am Bautzener Toom-Markt. Kunden kommen an den Kassentresen, fragen nach Hundefutter, Schildkröten und Wellensittichen. Eine Szenerie, die Monika Heilmann bereits seit 33 Jahren vertraut ist – denn genau so lange leitet sie das Geschäft schon an diesem Standort. Auch in einem Monat werden Kunden an diesen Tresen treten, doch dann steht jemand anderes dahinter: Monika Heilmann geht Ende August 2025 in den Ruhestand. „Ja, wir sind in der glücklichen Situation, einen Nachfolger für unser Geschäft gefunden zu haben“, erklärt sie. Es wird also weiter gehen auf der Niederkainaer Straße 14 – wenn auch ohne die langjährige Leiterin. „Es war im November 1991, als wir in Burk auf 50 Quadratmetern unser erstes Geschäft eröffneten“, blickt Monika Heilmann zurück. Den Namen „Heilmann“ assoziieren die meisten Bautzener sofort mit dem Ortsteil Burk – in erster Linie durch Roberto Heilmann, der hier ebenfalls seit November 1990 seine Tierarztpraxis betreibt. „Ich war zuvor in einem Büro tätig, was aber nicht dem entsprach, was ich gern machen wollte – nämlich mit Tieren zu arbeiten. Doch für meinen weiteren beruflichen Weg erwiesen sich die dabei erworbenen Kenntnisse als sehr nützlich“, berichtet Monika Heilmann. Und ihr Mann Roberto ergänzt: „Ich hatte zu DDR-Zeiten in einer staatlichen Gemeinschaftspraxis gearbeitet, die nach der Wende aufgelöst wurde. Mir blieb eigentlich gar keine andere Wahl, als mich mit einer Tierarztpraxis selbstständig zu machen.“ Deren Gründung erfolgte quasi über Nacht, doch die Erlöse reichten zunächst nicht zum Überleben: „Schließlich hatten wir drei Kinder zu ernähren.“ Unter diesen Umständen – und da damals noch ein Werbeverbot für Arztpraxen aller Art bestand – „war die Gründung der Zoohandlung von existenzieller Bedeutung für unsere Familie.“
Und sie war ein Volltreffer. Schon bald erwiesen sich die 50 Quadratmeter innerhalb der Praxis als viel zu klein, und so nahmen Heilmanns bereits 1992 das Angebot an, mit dem Zoogeschäft in die Nähe des damals gerade erst entstehenden Marktkauf zu ziehen: „Das hat uns damals einige schlaflose Nächte bereitet. Doch es erwies sich als Glücksfall.“ Denn der Standort passte und konnte sogar von 150 auf etwa 180 Quadratmeter vergrößert werden. Monika und Roberto Heilmann haben in den letzten 34 Jahren viele Trends in der Kleintierhaltung kommen und gehen sehen: „Vor etwa zehn Jahren gab es einen großen Reptilienboom. Jeder wollte ein Terrarium, und der Verkauf von Schlangen und Geckos entwickelte sich zu einem Schwerpunkt.“ Selbst die Praxis von Roberto Heilmann spezialisierte sich auf diese besondere Tiergruppe.
Doch mit den immer weiter steigenden Energiekosten ebbte dieser Boom ab, denn Terrarien müssen schließlich beheizt werden und sind daher wahre Stromfresser. Damit ist nun auch eine von mehreren Entwicklungen benannt, die den Betrieb des Geschäftes in den letzten Jahren immer mehr erschwerten. „Die Überregulierung durch die EU, mit Entscheidungen, die von völlig sachunkundigen Personen getroffen werden, betrifft neben der Landwirtschaft auch uns“, erklärt Roberto Heilmann. Und Monika ergänzt: „Die Stromkosten haben sich verdreifacht, alles wird immer teurer. Und die zunehmende Bedeutung des Internethandels geht zu Lasten des Einzelhandels.“ Dies alles, so betont sie, sind aber nicht die Gründe, die sie zur Aufgabe des Geschäftes bewegen: „Ich gehe zum 1. September ganz offiziell in Rente. Warum sollte ich länger arbeiten?“ Schließlich wollen mehrere Urlaubsreisen, auf die Monika und Roberto Heilmann in den letzten Jahren verzichteten, nachgeholt werden. Und auch für die Familie mit drei Kindern und ebenso vielen Enkeln soll künftig mehr Zeit bleiben. „Vielleicht legen wir uns auch wieder einen ’Yorki’ – einen Yorkshire-Terrier – zu“, sagt Roberto Heilmann, und ein Lächeln geht über sein Gesicht. Dabei beendet er sein Berufsleben nicht: „Die Tierarztpraxis bleibt meinen treuen Kunden noch einige Jahre lang erhalten“, versichert er.
Wenn Monika Heilmann den Schlüssel am 31. August das letzte Mal herumdreht und an ihren Nachfolger übergibt, dann wird sie dies mit einem lachenden und einem weinenden Auge tun: „Denn natürlich verbinden sich auch viele schöne und skurrile Erinnerungen mit dem Geschäft. Beispielsweise, als mal eine Schlange ausgebüxt war und für eine kleine Panik sorgte. Es war nur eine harmlose Kornnatter, die sich durch die kleinen Schlitze ihrer Transportkiste geschlängelt hatte.“ Vielen Stammkunden ist auch sicher noch der Beo in Erinnerung, der die Besucher lange Zeit mit „Beo Bautzen“ begrüßte – zuerst in der Praxis, später im Geschäft. „Er machte oft das Klingeln des Praxis-Telefons nach, was mich bald nervte. Also überließ ich ihn meiner Frau und er kam in die Zoohandlung“, erinnert sich Roberto Heilmann mit einem Schmunzeln. Monika Heilmann selbst bedankt sich für die Treue und das Vertrauen, das ihr die Kunden in den vergangenen 34 Jahren entgegen brachten. Gutscheine sollten bis zum 23. August eingelöst werden, ab dem 25. August bleibt das Geschäft für die Abschlussinventur geschlossen. Am 1. September beginnt dann an der Niederkainaer Straße ein neues Kapitel. „Ich freue mich, dass der Nachfolger die zwei Beschäftigten übernimmt – und darüber, dass es in Bautzen auch langfristig noch eine Zoohandlung geben wird“, so Monika Heilmann.