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Wie lange dauert die Fahrt nach Russland?

Wie lange dauert die Fahrt nach Russland?

LKW-Fahrer Sergej hoffte am Sonntag auf eine schnelle Heimreise. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Mit dem Krieg in der Ukraine sehen sich russische Lkw-Fahrer von heute auf morgen als Aussätzige behandelt und schrauben auf Raststätten mitunter gar ihre Kennzeichen beim Zwischenhalt ab. Am Lkw-freien Sonntag, 6. März 2022, hat der Niederschlesische Kurier sich an der Autobahn in Ludwigsdorf umgeschaut.

Ludwigsdorf. An der letzten Haltemöglichkeit vor der Grenze ist am vergangenen Sonntag noch viel Platz, polnische Lkw-Kennzeichen dominieren das Bild. An zwei Trucks mit kyrillischen Kennzeichen sind die Kabinenvorhänge vorgezogen, doch ein Fahrer bemerkt die neugierigen Augen und öffnet das Fenster. Sergej berichtet, dass er gerade eine Ladung Kühlschränke aus Spanien geholt hat und nun auf der Heimreise nach Russland sei. Sein Park-Nachbar mit kyrillischem Kennzeichen kommt hinzu, möchte jedoch nicht mit auf ein Foto. Er ist Weißrusse. Sergej kommt aus Smolensk, das gleich hinter der weißrussischen Grenze in Russland liegt. Beide schauen sich in die Augen, atmen tief durch und klopfen sich noch einmal ermutigend auf die Schulter, denn ihre Fahrt mit unterschiedlichem Ziel hat noch den Abschnitt vor sich, bei dem keiner von beiden weiß, wie schnell es nun an den Grenzen weitergehen kann und ob sie überhaupt ihr Ziel erreichen dürfen.

Ein wichtiges Problem scheint Sergej aktuell keine Sorgen zu bereiten. Er geriet noch nicht in die Falle des Ausschlusses Russlands aus dem internationalen SWIFT-Zahlungssystem, das dazu führt, dass Russen an den Tankstellen keinen Treibstoff mehr bezahlen können oder sich einen Kaffee leisten. Die Kreditkartensperrung konnte Sergej noch mit einem Bezahlvorgang beim Tanken über das Handy umgehen. Doch auch diese Wege trocken aus und immer mehr russische Fahrer drohen zu stranden – ob mit Kühlschränken oder verderblicher Ware. Hinzu kommt, dass über 100.000 ukrainische Fahrer in Diensten polnischer Spediteure unterwegs sind. Während sie bei einer Heimkehr in die Ukraine zum Kriegsdienst gezogen werden, sind russische und weißrussische Lkw-Fahrer rein praktisch immer häufiger handlungsunfähig. Für Sergej ist es nun eher ein zeitliches Nervenspiel. Er will seinen Fahrtauftrag erledigen und rechnet mit langen Wartezeiten in Polen. Ob und wann er wieder in den Westen fahren kann? Sergej zuckt ratlos die Schultern.

Till Scholtz-Knobloch / 12.03.2022

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