Auf Dschungeltour durch Bautzen

An der Ecke Wall-/Bahnhofstraße muss sich Tobias Schilling nicht weit hinabbeugen, um das Reitgras vis á vis zu fotografieren.
Der CDU-Stadtrat Tobias Schilling war in den vergangenen Wochen ungewollten grünen Ecken auf der Spur. Doch er benennt nicht nur das Problem, sondern zeigt auch mögliche Lösungen auf. Was sagt die Stadt dazu?
Bautzen. Bautzen ist eine grüne Stadt. Wer sich von außen annähert, kann das bestätigen – ganz gleich aus welcher Himmelsrichtung. Doch trifft das nicht nur auf Stellen zu, wo dieses „Grün“ gewollt ist. Der Bautzener Stadtrat Tobias Schilling (CDU) hat in den letzten Wochen, wenn er in der Stadt unterwegs war, stets das Handy griffbereit gehabt und „wahllos grüne Ecken fotografiert und ein Video in den sozialen Medien veröffentlicht, das große Resonanz erfuhr.
Viele haben mich darauf angesprochen und meine Beobachtungen bestätigt“, wie er selbst erklärt. Dabei ging es Schilling nach eigenem Bekunden nicht darum, ein Allerweltsproblem aufzubauschen: „Das Unkraut steht an einigen Stellen mittlerweile so hoch, dass man es wirklich nicht mehr übersehen kann. Es ist mehr als nur hier ein Halm, dort ein Löwenzahn – Bautzen entwickelt sich zum Dschungel.“ Zum Beweis lädt Tobias Schilling zum Lokaltermin an die Kreuzung Wallstraße/Bahnhofstraße/ August-Bebel-Straße ein, wo das Reitgras bereits eine Höhe von etwa einem Meter erreicht hat.
„So wie hier sieht es an vielen Stellen aus, besonders schlimm auch an der Neusalzaer Straße zwischen Arbeitsamt und Lidl.“ Mit entsprechend sensibilisiertem Blick fällt nun auch dem Reporter dieser Zeitung auf, dass es tatsächlich viele solcher Ecken in Bautzen gibt, die – gelinde gesagt – unordentlich aussehen. Doch es handelt sich dabei nicht nur um ein ästhetisches Problem, sondern auch um eines der Verkehrssicherheit und des ungehinderten Wasserabflusses: „Ob Schnittgerinne, Parkbuchten, Verkehrsinseln, Zäune oder Verkehrsschilder: Das Grün wächst teilweise hüfthoch.“ Der für die Pflege des öffentlichen Straßenraumes zuständigen städtischen Tochtergesellschaft BBB macht Tobias Schilling „angesichts der günstigen Wuchsbedingungen in diesem Jahr und dem durch die Stadt begrenzten finanziellen Rahmen“ keinen Vorwurf.
Es sei die Stadtverwaltung, welche die entsprechenden Bedingungen schaffen müsse – sei es durch das Bereitstellen von mehr Geld über den Geschäftsbesorgungsvertrag – „damit würde jedoch weiteres Steuergeld der arbeitenden Bevölkerung eingesetzt, was kritisch zu sehen ist“ – oder durch gänzlich neue Ansätze: „Eine bessere Möglichkeit wäre es, das Unkraut per Hand zu beseitigen. Etwa durch die Verpflichtung von Asylbewerbern. Für Arbeiten, die der Allgemeinheit zu Gute kommen, wurden im Mai 2024 neue gesetzliche Regelungen geschaffen. Dies sollte man nutzen, etwa durch gemeinsame Projekte mit dem Landkreis als zuständiger Behörde. Ein bisschen Gartenwerkzeug sollte durch die Stadt zu beschaffen sein und nicht den städtischen Haushalt in Schieflage bringen.“
Die Stadtverwaltung Bautzen erklärt zu dieser Thematik auf Anfrage: „Die Stadt Bautzen ist selbstverständlich daran interessiert, ein gepflegtes Stadtbild zu erhalten und gleichzeitig die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang gehört auch die regelmäßige Pflege von Grünflächen und Straßenbegleitgrün dazu. Der damit verbundene Aufwand ist in den vergangenen Jahren allerdings gestiegen, unter anderem aufgrund veränderter rechtlicher Rahmenbedingungen und witterungsbedingter Einflüsse. Die Vorschläge von Herrn Schilling nehmen wir zur Kenntnis. Grundsätzlich ist es denkbar, über eine Anpassung des Budgets oder ergänzende Personaleinsätze nachzudenken. Entscheidungen in dieser Richtung bedürfen jedoch einer sorgfältigen Abwägung und entsprechender politischer Beschlüsse, da zusätzliche Mittel immer auch eine Gegenfinanzierung erfordern.“ Den politischen Beschluss will nun Tobias Schilling mittels eines entsprechenden Antrags im Stadtrat selbst mit auf den Weg bringen.
In der Diskussion, die sich nach der Veröffentlichung des Videos auf Facebook entspann, wurde auch der Aspekt der Anliegerpflichten angesprochen. Der Urheber räumt die Berechtigung dieses Einwandes ein, allerdings nur zum Teil, da „viele Ecken ohne konkrete Anlieger sind.“
Zu dem ebenfalls in den Kommentaren geäußerten Vorschlag, es alternativ zu Roundup und Co. mit Heißwasser zu versuchen, schreibt die Stadtverwaltung: „Zu alternativen Methoden wie dem Einsatz von Heißwasser bestehen bereits Erfahrungen, sowohl aus Bautzen als auch aus anderen Kommunen. Diese Verfahren sind jedoch ebenfalls mit erheblichem personellen und organisatorischen Aufwand verbunden und können daher nur ein Teil einer Gesamtlösung sein.“
Schließlich äußert sich die Pressestelle explizit zum Kreisverkehr Schliebenstraße, nach dem ebenfalls explizit gefragt wurde: „Die Pflege des Kreisverkehrs erfolgt turnusmäßig durch die Bautzener Beteiligungsbetriebe (BBB). Das Unternehmen wurde zuletzt noch einmal für die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Pflege sensibilisiert.“ Tatsächlich konnten am vorvergangenen Dienstag Pflegearbeiten durch die BBB am Kreisel beobachtet werden, ebenso wie (an anderen Wochentagen) an der Löbauer- und an der Dresdener Straße. Nun ist Bautzen nicht mehr ganz so grün …