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Bautzens Traum vom neuen Bahnhofsviertel

Bautzens Traum vom neuen Bahnhofsviertel

So könnte das neue Bahnhofsviertel einmal aussehen. Eine dazu angefertigte Konzeptstudie sieht unter anderem die Schaffung eines Bildungscampus und Parkmöglichkeiten für Pendler vor.

Bautzen. Ihre einwohnerstärksten Zeiten hat die Spreestadt wie viele andere Kommunen in Sachsen bereits hinter sich. Nach einer jüngsten Erhebung wohnen mit Stand vom 31. Dezember 2020 38.556 Frauen, Männer, Kinder und Jugendliche in Bautzen. Das sind zwar 1,1 Prozent weniger als im Jahr davor. Jedoch habe sich insgesamt der Trend des Bevölkerungsrückgangs etwas minimiert, hieß es kürzlich aus den Reihen der Stadtverwaltung. Zum Vergleich führte diese das Jahr 2019 an. Damals war noch ein Schwund von 1,7 Prozent zu verzeichnen. Folgerichtig meint nicht nur die AfD-Stadtratsfraktion, dass es gute Gründe braucht, damit Menschen sagen, ich bleibe in Bautzen oder ziehe hierher. Einen gewichtigen sehen die Rathausmannschaft und zahlreiche Vertreter des Stadtrates inzwischen in der Neugestaltung des Güterbahnhofes. „Wir können uns eine Mischnutzung vorstellen“, verlautete unter anderem aus der CDU-Fraktion.
 

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Als zentraler Punkt ließe sich ein Quartiersplatz schaffen, auf dem auch die im Jahr 2017 von Eisenbahnfans gerettete Museumslok entsprechend zur Geltung käme.
Visualisierung: Hentschke Bau

Als Beispiele führten deren Abgeordnete den öffentlichen Personen-nahverkehr, Parkplätze, öffentliche Einrichtungen wie eine Turn- oder Veranstaltungshalle aber auch eine Verlängerung des Wohngebietes an der Neusalzaer Straße in Richtung Bahnhof an. „Die Planung muss die Stadt in die Hand nehmen, erste Ideen seitens der Firma Hentschke Bau existieren ja bereits.“ Das Unternehmen war bereits vor Monaten auf eigene Kosten in Vorleistung gegangen, um den Entscheidern in den Amtsstuben ein erstes Bild für eine mögliche Gestaltung des Areals an die Hand zu geben. In einer Potenzialstudie, die dem Oberlausitzer Kurier vorliegt, wird unter anderem aufgezeigt, welche nutzbare Fläche bei einer Umverlegung des Güterbahnhofes für eine alternative Bebauung zur Verfügung stünde. Demnach ist mit einem Zugewinn von bis zu 40.000 Quadratmetern zu rechnen, sobald Gleise an Ort und Stelle verschwinden. In dem Zusammenhang haben sich die Urheber der Studie Gedanken zu Verkehrswege-, Freiraum- und Nutzungskonzepten gemacht. So plädieren sie südlich des Bahnhofsgebäudes dafür, eine Fernbusstation mit Wartebereichen samt öffentlicher Toilettenanlage zu schaffen. Auch an einen Taxistand inklusive Fahrradausleihstation denken sie. Beides könnte über eine barrierefreie unterirdische Verbindung an die bestehende Infrastruktur an der Tzirschnerstraße angedockt werden.

Entlang der dann noch bestehenden Gleisanlagen soll sich nach den Vorstellungen der Experten ein Grüngürtel schlängeln, der eine verbindende Grünraumachse zwischen dem Spreetal und dem Naturpark darstellen würde. Dieser diene in dem Fall gleichzeitig als Lärmschutzpuffer. In dem Zuge ließe sich vis-à-vis des bereits sanierten Bahnhofsgebäudes auch ein zentraler Quartiersplatz verwirklichen. Um diesen herum ließen sich eine Multifunktionshalle für Sport, Kultur und Kongresse, ein Bildungscampus mit öffentlicher Bibliothek und Cafeteria sowie diverse gastronomische Einrichtungen ansiedeln, so der Vorschlag. Sowohl Parkgaragen östlich und westlich dieses neuen Treffpunktes als auch ein Park & Ride-Parkplatz in unmittelbarer Reichweite sind weitere Ideen, die der Verwaltung und den Stadträten bereits dargelegt wurden.

„Als Bautzener und als Stadträte begrüßen wir diese Pläne sehr“, sagte AfD-Fraktionschef Sieghard Albert. „Wir brauchen mehr Attraktivität in Bautzen, vor allem auch für junge Menschen, die sich beruflich entwickeln möchten. Es werden Arbeitsplätze geschaffen für Bautzener, aber auch für das Umland.“

„Die Fraktion Bürgerbündnis Bautzen begrüßt diese Pläne, da dadurch eine Aufwertung der nur noch teilweise genutzten Bahnflächen möglich wird“, erklärte deren Vorsitzender Steffen Tech. „Durch das Wachstum unserer Stadt in den letzten 100 Jahren liegt der Güterbahnhof heute mitten in der Stadt. Eine Umnutzung ist aus unserer Sicht zwingend geboten. Für Besucher unserer Stadt, die mit der Bahn anreisen, bietet sich derzeit kein wirklich schöner Anblick, wenn sie aus dem Zug steigen. Das muss sich künftig ändern. Ein erster Schritt ist durch die Sanierung des Bahnhofsgebäudes bereits erfolgt.“ Der Vorschlag seiner Fraktion weicht in Teilen von der vorgelegten Projektstudie ab. „Wünschenswert wäre die Schaffung eines neuen Stadtteilzentrums mit Wohnungen, Büros und kleinen Geschäften.“

Selbst die Sozialdemokraten begrüßen die Initiativen der Protagonisten. „Das jetzige Güterbahnhofsgelände ist eine Brache, die durchaus zu einem Wohnviertel mit Kita, Einkaufsläden und schulischen Einrichtungen genutzt werden könnte“, meinte Roland Fleischer, Chef der SPD-Stadtratsfraktion. Gleichzeitig nahm er noch einmal Bezug zu einem eng verknüpften Vorhaben, über das auch der Oberlausitzer Kurier in der Vergangenheit bereits berichtete: „Ein Logistikzentrum in Richtung Süden und eine Anbindung an Alstom sind mittelfristige realisierbare Visionen, die die Wirtschaft Bautzens stärken, Arbeitsplätze anbieten und die Stadt Bautzen weiter in den Fokus der Region rücken könnten.“

Doch es gibt auch kritische Stimmen. „Man wird den Eindruck nicht los, dass es hier in erster Linie um Fördermittelakquise aus dem Strukturwandeltopf geht und die Sinnhaftigkeit der Pläne eine eher untergeordnete Rolle spielen“, denkt Claus Gruhl von den Bündnisgrünen. „Über die Flächen jenseits der Packhofstraße sollte ein städtebaulicher Wettbewerb stattfinden und dann die beste Lösung gefunden werden.“

Auf die Frage einer möglichen Verquickung von politischen und gegebenenfalls wirtschaftlichen Interessen eines Stadtrates antwortete indes Bautzens Oberbürgermeister Alexander Ahrens wie folgt: „Das Ziel, den Güterbahnhof freizulegen, um dort Neues zu entwickeln, verfolgt die Stadt bereits seit mehreren Jahrzehnten, da das Güterbahnhofareal die Stadt in zwei Teile zerschneidet und zudem schon lange den trostlosen Eindruck einer Brache vermittelt. Die Ideen von Herrn Drews rennen da bei uns offene Türen ein. Eine Verquickung liegt nicht vor, wenn jemand konkrete Ideen hat und diese visualisiert.“ Und er fügte hinzu: „Städtebauliche Entwicklungen sind im Dezernat II der Baubürgermeisterin verortet. Das Projekt als Gesamtheit ist in mehreren Ämtern angesiedelt. Dies liegt im Inhalt des Projektes begründet. Es geht dabei nicht nur um städtebauliche Fragen, sondern vor allem wirtschaftliche und Strukturwandelfragen.“

Roland Kaiser / 07.03.2021

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Kommentare zum Artikel "Bautzens Traum vom neuen Bahnhofsviertel"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Dagmar schrieb am

    Visionen sind es wert diskutiert zu werden. Und für die Beseitigung der Brache Güterbahnhof gibt es viele gute Gründe. Wichtig wäre ein ZOB um eine bessere Verbindung zwischen Bahn- und Busverbindungen in die Stadt und ins Umland zu sichern.

    Interessant auch die Schaffung eines grünen Bandes um den Süden der Stadt, in dem Grünanlagen z.Z. rar gesät sind.

    Allerdings mutet es hinterlistig und zynisch an, wenn die Experten, Stadträte und der OB von Bautzen für mehr Grün plädieren, aber gleichzeitig außerhalb ihrer Stadt gern bereit sind das Landschaftsschutzgebiet Spreetal bei Grubschütz incl. vieler Hektar hochwertiger landwirtschaftlicher Ackerfläche für die Südumfahrung zu zerstören. Entwickeln sie ein eigenes Verkehrskonzept für ihre Stadt mit der zu 50% ungenutzten Westtangente und der DB.

    Visionen sollten realistisch und fair zu Ende gedacht werden und sich nicht in Höhenflügen tummeln, deren Finanzierbarkeit dann der Allgemeinheit oder Privatpersonen zugeschoben wird.

    Siehe auch Fußgängerbrücke über die Spree: lt. Experten werden bis zu 300.000 Touristen mehr in die Stadt geholt. Zum Vergleich: Die Wartburg in Mitteldeutschland hatte 2019 315.000 Besucher!

    Mit Schönrechnen sollte man keine Politik machen weder in der Stadtentwicklung noch beim Straßenbau.

    PS: Ich lade die Experten, Stadträte und Interessierten gern ein, sich bei einem Spaziergang durch das Spreetal ein Bild zu machen, von der Landschaft, die durch die Südumfahrung für immer zerstört wird.

    Kommentar der Redaktion:

    Die Kontaktdaten liegen der Redaktion vor.

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