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Unterstützerunterschriften Hindernis für kleine Wahlbündnisse

Unterstützerunterschriften Hindernis für kleine Wahlbündnisse

Das BSW teilte fotografisch sogar mit, in welcher Amtsstube die Zittauer Wahlvorschläge abgegeben wurden. Foto: BSW

Landkreis Görlitz/Stadt Görlitz. Außer der im Landtag vertretenen „großen“ Parteien oder der im jeweiligen Gemeinderat oder Kreistag vertretenen Parteien stehen Wählervereinigungen derzeit unter Hochspannung, Unterstützungsunterschriften einzureichen, um zu den einzelnen Wahlen überhaupt erst einmal zugelassen zu werden. Dass insofern auch die im Osten schwache FDP um Unterschriften ringen muss, war bereits im Niederschlesischen Kurier zu lesen.

Zum kürzlich erst in der Oberlausitz formierten „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“ schreibt deren Oberlausitzer Macher Jens Hentschel-Thöricht der Redaktin, das „BSW“ habe einen entscheidenden Schritt genommen, indem es sämtliche Wahlvorschläge erfolgreich eingereicht habe und nun für den Görlitzer Kreistag sowie für die Stadträte von Seifhennersdorf und Zittau antrete. „Darüber hinaus strebt die Partei nach Repräsentanz in den Gemeinderäten von Markersdorf, Lawalde und Bertsdorf-Hörnitz“.

Erwartungsgemäß gut sortiert schickt sich auch für den Görlitzer Stadtrat die „Stadtbewegung Motor Görlitz“ an, bei der Stadtratswahl dabei zu sein. Dafür benötigt sie als neue Wählervereinigung 160 Unterstützungsunterschriften, die bis spätestens 4. April, 18.00 Uhr im Bürgerbüro Jägerkaserne in der Hugo-Keller-Straße 14 vorliegen müssen. Das ganze, weil Motor Görlitz erstmals als Wählervereinigung antritt. Zwar sitzen drei Mitglieder von Motor im Stadtrat. Sie sind allerdings 2019 über anderen Wegen in den Rat eingezogen. Motor Görlitz startete damals als Freie Liste, also unabhängig vom Verein. Dies ist 2024 nun anders. In einem E-Mail-Austausch mit der Redaktion vom Dienstag teilte Mike Altmann abschließend für Motor mit: „Wir gehen aus dem Dienstag mit 187 Unterstützern, sollten es also geschafft haben.“ Zum „Gut-sortiert“-Sein gehört vor allem Altmanns „Sollte“-Einsicht: „Wir brauchen aber Unterschriften über den Durst, falls es ’Ungültige’ gibt.“ Bewerber sind also gut beraten, sich beim Unterschriftensammeln noch einen gewissen Puffer zum Durchatmen zu verschaffen, da die Ämter beim Abgleich mit Wählerverzeichnissen, bei der Suche nach doppelten oder ungültigen Unterschriften stets pingelig agieren.

Diese Erkenntnis vermittelte der politische Neuling Burkhard Hasenfelder als Kandidat des neuen Wahlbündnisses „Bündnis Oberlausitz/Freie Sachsen“ in dieser Deutlichkeit am Mikrofon bei seinen Ansprachen auf den Montagsdemos bislang nicht. Er schrieb der Redaktion jedoch, im Landkreis Görlitz könnte seine Liste 31 Kandidaten aufbieten. Hierbei gehe es nicht wie beim Stadtrat um 160, sondern um 230 Unterstützungsunterschriften, die hier gleich in neun Wahlkreisen einzureichen sind. „Fünf Kandidaten haben sich für die Kandidatur im Stadtrat Görlitz bereit erklärt“, so Hasenfelder. Wer diese Wahlvorschläge unterstützen will, sollte im Amt also klar artikulieren, dass es ihm um Unterschriften für die Stadtratswahl UND die Kreistagswahl geht. Das einfache Formular für jede Wahl kann zu den üblichen Öffnungszeiten unterzeichnet werden, „für das Umland sind die Rathäuser der entsprechenden Gemeinden zuständig“, betont Hasenfelder und lässt dabei den Status des Lernenden erkennen, denn in den Umlandgemeinden spricht man bei fehlendem Stadtrecht natürlich von Gemeindeverwaltungen und nicht von Rathäusern. Wobei die Freien Sachen/Bündnis Oberlausitz außerhalb von Görlitz im Verbreitungsgebiet des Niederschlesischen Kuriers ohnehin Unterschriften nur für die Kreistagswahl benötigen. Hasenfelder weist darauf hin – und dies gilt natürlich für Unterstützer aller Lager –, dass bei Abgabe der Unterschrift (oder in Görlitz der Unterschriften für Stadtrat und Kreistag) der Personalausweis vorzulegen ist. Das Bürgerbüro Jägerkaserne der Stadt Görlitz hat jedenfalls Montag von 8.00 bis 12.00 Uhr, Dienstag 9.00 bis 12.00 Uhr sowie 13.30 bis 18.00 Uhr, am Donnerstag von 8.00 bis 12.00 Uhr sowie 13.30 bis 17.00 Uhr und am Freitag von 8.00 bis 12.00 Uhr geöffnet.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht zeigte sich sogar so gut vorbereitet, dass es in einer Pressemitteilung die Öffnungszeiten sämtlicher Gemeindeverwaltungen mitlieferte. Da will es jemand wissen!

Die Fülle weiterer Wahlbündnisse/Parteien und deren Pressemitteilungen führt natürlich noch dazu, dass auch diese Mitbewerber vor der Wahl im Niederschlesischen Kurier zum Zuge kommen.

Mike Altmann hatte in einer E-Mail an die Redaktion noch einen Gedanken mitgeteilt, den die Redaktion ohnehin auch beschlich. „Das Prozedere wäre mal einen Bericht wert – Demokratieverhinderung könnte man es nennen“, schrieb er. Angesichts (verständlicher oder unverständlicher) oder auch von den Etablierten ’kalkulierter’ Trägheit in Sachen Unterschriftenabgabe, wollte die Redaktion von der Stadt Görlitz in einer Anfrage wissen, ob man theoretisch auch mehrere Wahlbündnisse mit Unterschriften unterstützen könne. Quasi, um zu vermeiden, dass die Großen bevorzugt werden und bei der Auswahl auf dem Wahlzettel zunächst erst einmal ein breites Spektrum an Optionen zur Verfügung steht.

Doch auch diesen Gedanken will der Gesetzgeber scheinbar verhindern. Dr. Sylvia Otto teilte auf Anfrage für die Stadt Görlitz mit: „Ein Wahlberechtigter kann für dieselbe Wahl nur für einen Wahlvorschlag eine Unterstützungsunterschrift leisten, ansonsten sind alle seine Unterschriften ungültig.“

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