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Verein sucht per Inserat Vorstandsmitarbeit

Verein sucht per Inserat Vorstandsmitarbeit

Gabriela Pieper und Jürgen Fromberg haben in Görlitz sich und die gemeinsame Arbeit am gesellschaftlichen Zusammenhalt über die Grenze hinweg gefunden. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Immer mehr Vereine klagen, dass sich kaum mehr jemand in Vereinsarbeit einbringe. Kürzlich suchte der Verein für grenzüberschreitende Vernetzung sozialer Arbeit e.V. (Güsa e.V.) im Niederschlesischen Kurier gar neue ehrenamtliche Mitarbeit im Vorstand. Die Anzeigenabteilung freute sich – die Redaktion indes nahm das Gesuch exemplarisch unter die Lupe. Was leistet der Verein für die Allgemeinheit und was fehlt?

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Baumpflanzaktion am 10. Mai in Wanscha bei Ostritz (Spytków) mit polnischen Partnern – ganz rechts Jürgen Fromberg. Foto: Güsa

Görlitz. „Um die erfolgreiche Aufbauarbeit in jüngere Hände zu übertragen, bieten wir aufgeschlossenen und unternehmensfreudigen Interessenten für eine ehrenamtliche Mitarbeit im Vorstand ein interessantes Tätigkeitsfeld an“, hieß es kürzlich im Inserat in dieser Zeitung. Auftraggeber war Jürgen Fromberg vom Güsa e.V., der dem Verein vorsteht, der vor über 20 Jahren auf Initiative der Hochschule Zittau/Görlitz gegründet wurde, um die Partnerschaft auch an der Basis von Deutschen und Polen zu fördern. Im Wesentlichen geht es immer wieder darum, dass kulturelle Begegnungen über die Neiße hinweg Einblicke in die täglichen Lebensabläufe der Menschen der jeweils anderen Nation ermöglichen.
Der Diplom-Ingenieur kam 2010 aus Schwäbisch Gmünd und Köln nach Görlitz, quasi im Schlepptau Zittauer Freunde, die aus dem Westen in ihre Heimat zurückkehrten. „Da bin ich einmal mitgefahren und habe in Görlitz das Angebot angenommen zum Probewohnen und habe dann den Entschluss gefasst, in Görlitz meinen Lebensabend zu verbringen“, sagt er. Über die Güsa-Aufbauarbeit kam er mit seiner polnischen Partnerin Gabriela Pieper zusammen, deren drei Kinder mit fünf Enkeln in Zobten am Berge (Sobótka) bei Breslau leben. Ihr Vater stellte Lederhandschuhe her. Durch die Kommunisten wurde er enteignet, inhaftiert und saß zehn Jahre ein. Sie lernte einen deutschen Juristen kennen, der sechs Monate nach dem Umzug nach Görlitz jedoch verstarb. Nun war sie alleinerziehend.

Statt des Rheins sind nun Oder und Neiße auch Jürgen Frombergs Lebensmittelpunkt, der mit seinem Tatendrang anfangs an Maßnahmen des Seniorenkompetenzteams in Görlitz teilnahm, das wiederum Kontakte zur Hochschule hatte. Zwei Jahre später war Fromberg Vorsitzender des Güsa e.V. Er und Gabriela Pieper organisieren nun alles zweisprachig aus der gemeinsamen Altbauwohnung.

Diese bietet in Görlitz so viel Platz, dass jeder seine Möbel mitnehmen konnte. Wir sitzen auf der „weißen Seite“, die er einbrachte, die „braune Seite“ gegenüber stammt von ihr.

Häufige Kooperationen gebe es zum Beispiel mit dem Sozialen Arbeitsprojekt Ostsachsen (Sapos gGmbH), in Polen reichen Projekte bis Breslau oder Grünberg/Schl. (Zielona Góra), vor allem aber sind viele grenznah angelegt. Mit befreundeten polnischen Gruppen im ganz nahen Lauterbach (Godz-danin) und am 10. Mai in Wanza bei Ostritz (Spytków) – wurden Bäume zum Symbol der Freundschaft gepflanzt. Aber nur Geselligkeit wäre zu wenig: „Wir besuchen deutsche Unternehmen, um unseren Partnern zu zeigen, wie in Deutschland gedacht und gearbeitet wird, was wird verdient? Wie sind Konditionen im Hinblick auf soziale Unterstützung? Umgekehrt erfahren wir gleiches über Polen – ich denke da etwa an unseren Besuch im Kraftwerk Turów.“ Die Fahrten haben also keine touristischen Orte zum Ziel, sondern sie zeigen, wie man lebt, aber auch wie man Freizeit gestaltet. So sind vier Kremserfahrten durch die Gölitzer Heide Höhepunkte im Jahresverlauf. Oft gibt es Veranstaltungen zur Regionalgeschichte, zum Umweltschutz, zur Berufsbildung, bei Handwerksbetrieben oder in Museen. Jürgen Fromberg hat aus seiner beruflichen Vergangenheit Formate zu Klimaprojekten oder mit EDV-Bezug initiiert. Aktivitäten werden über das Netzwerk aus über 200 Kontakten und 55 Mitgliedern entwickelt. Inhaltlich bleibt der Fokus auf Gegenwart und Zukunft; politische und religiöse Themen würden bewusst ausgeklammert, um Konflikte zu vermeiden, erläutert Jürgen Fromberg. 

Wie in vielen Vereinen wird die Finanzierung von Projekten jedoch schwieriger. Bereits vor fünf Jahren saßen wir beisammen, als Fromberg beklagte, dass der Güsa e.V. bei vielen Fördermittelanträgen oft nicht zum Zuge komme, während etwa die polnische Stadtverwaltung Güsa immer wieder berücksichtige. „Es ist zermürbend, dass einige Träger auf deutscher Seite ’Selbstgänger’ sind und wir meist hinausfallen. Ob von Lions oder EGZ – in manchen Fällen habe er nie Förderungen oder auch keine Antworten erhalten. Wer sich einbringen wolle, benötige neben Willen auch Nerven. „Junge Leute beziehungsweise die ’Z-Generation’ ist zögerlich in der Übernahme von verantwortungsvollen Positionen“, hat Jürgen Fromberg beobachtet und denkt nun ganz strategisch, wie die entstanden Kontakte auch über die nächsten Jahre gepflegt und weiterentwickelt werden können. Eine Idee im Generationenbruch seien mehr Wochenendformate, die beruflich nutzbar sind und auch Zugezogene ansprechen. Aber zündende Anrufe für an Vorstandsarbeit Interessierter stehen noch aus. Jürgen Fromberg und Gabriela Pieper warten unter (03581) 72 49 778 und (0172) 518 3 815 auf neue Impulse. Den nächsten Einblick in die Arbeit bietet ein deutsch-polnischer Ausflug zum Krabathof bei Wittichenau am 6. Juni.

Till Scholtz-Knobloch / 18.05.2025

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